Gottesdienste im Radio

Katholischer Gottesdienst: Sonntag, 16. 12. 2001, 10.00 Uhr - 11.00 Uhr,  ORF Regionalradios

 

 

Predigt vom 16.12.2001 in Wien/St. Ursula

 

Der Glaube, liebe Mitfeiernde hier in der Kirche, liebe Mitfeiernde am Radio, der Glaube fordert uns immer wieder heraus. Was meine ich damit?

 

Versuchen wir uns zu erinnern an unsere Kindheit, an die Zeit, in der wir uns etwa auf die Erstkommunion vorbereitet haben. Liege ich falsch, wenn ich sage, dass uns der Glaube damals irgendwie leichter gefallen ist? Ist es nicht so, dass wir damals vieles als klarer, als selbstverständlicher empfunden haben? Ich denke, für die meisten von uns trifft es zu, dass wir damals den Glauben als etwas einfacheres erlebt haben als wir es heute tun. Als Kind haben wir uns oft leichter getan mit dem Glauben.

 

Aber dann kommt das Leben als Erwachsener mit allem, was es mit sich bringt. Sicher mit viel Schönem und Gutem, aber eben auch mit all seinen Schwierigkeiten, mit seinen Sorgen und Nöten. Das Leben, das als Kind vielleicht noch überschaubar ist, zeigt uns mit zunehmendem Alter doch irgendwie auf, dass es seine Einfachheit verliert und verworren und kompliziert wird. Vieles was einfach und klar war, ist schwieriger geworden.

 

Ich denke, hierzu gehört auch unser Glaube. Was als Kind einfach war, ist für einen erwachsenen Menschen oftmals eine Frage, ein Problem. Unsicherheiten und Zweifel gehören mit dazu und begleiten unser Glaubensleben.

 

Dem Täufer Johannes, von dem der heutige Evangeliumsabschnitt berichtet, ist es ähnlich ergangen. Er zog in die Wüste, war der Ankünder des Messias, hatte die Aufgabe, Jesus zu taufen, er sprach zu den Leuten über den Messias und er wies die Leute auf ihn hin.

 

Dann aber traf ihn das Schicksal mancher Propheten: Das was er sagte, gefiel den Mächtigen nicht. So kam er ins Gefängnis. Und da stellt sich für ihn plötzlich die bedrängende Frage: Ist Jesus wirklich der, für den er ihn gehalten hat? Ihm, Johannes dem Täufer, der sein Leben eingesetzt hat, den Messias anzukünden, stellt sich hier die Frage nach dem Sinn seines Lebens. Diese Frage: "Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?", diese Frage ist für Johannes zugleich die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach der Wahrheit des Glaubens.

 

Betrachten wir diese Situation durchaus in der Dramatik, die sie für den Täufer wirklich hat: Er, der den Retter, den Messias angekündigt hat, er sitzt im Gefängnis. Und Jesus, der angekündete Retter und Messias, er lässt das zu. Er überlässt ihn den willkürlichen Launen des Herodes, ohne etwas zu unternehmen, ohne sich für ihn einzusetzen. Da ist es verständlich, dass dem Täufer da größte Zweifel kommen.

 

Tiefgründig ist hier die Antwort Jesu. Tiefgründig, aber zugleich auch so, dass sie die Fragen und Zweifel nicht restlos beiseite schafft. Tiefgründig, weil Jesus in seiner Antwort darauf aufmerksam macht, was das Anbrechen des Reiches Gottes tatsächlich bedeutet, nämlich, dass Blinde sehen, Lahme gehen, das heißt, dass die Menschen die Zuwendung Gottes erfahren. Auf der anderen Seite aber macht Jesus aber auch eines klar: Er fordert, dass wir ihm Vertrauen und Glauben schenken. Das heißt auch, dass wir bereit sind, auf vollkommene, überprüfbare Sicherheit zu verzichten. Wir sollen uns auf das Wagnis des Glaubens einlassen.

 

Was heißt das? Das bedeutet, dass Jesus will, dass wir uns nicht an unseren eigenen Vorstellungen orientieren, die wir von ihm haben, sondern, dass wir uns auf ihn selbst einlassen, wie er ist. Das wiederum bedeutet auch, dass wir uns nicht an unseren eigenen Vorstellung von Gott orientieren sollen, sondern, dass wir bereit werden, uns auf Gott einzulassen, der oftmals ganz anders wirkt, als wir es uns vorstellen oder auch wünschen. Es ist Gottes Wille, der geschehen soll, im Himmel und auf Erden. So beten wir im Vater unser. Der Wille Gottes soll geschehen, nicht das, was wir uns darunter vorstellen oder denken. Der Wille Gottes war sicher im Leben des Johannes des Täufers nicht immer einfach anzunehmen. Und der Wille Gottes ist auch in unserem Leben nicht immer einfach zu finden und zu leben, und es wird auch nicht immer einfach sein, ihn zu akzeptieren.

 

Wenn wir uns aber darum bemühen, wenn wir uns auf das Wagnis des Glaubens mit Jesus einlassen, dann bekommt Gott, trotz allem, was uns in unserem Leben alles noch geschehen kann, den richtigen Platz und die richtige Bedeutung in unserem Leben, ja dann kommt er in unser Leben. Auch dies ist Advent und Grund, uns zu freuen. Amen.