Auf der Suche nach dem Gral – eine männliche Reise in die Spiritualität, nacherzählt von Richard Rohr

Viele junge Männer leiden heute an der sogenannten "Vaterwunde" und sind desorientiert. Sie haben entweder physisch oder psychisch keine positiven Vaterfiguren erlebt, die ihnen ein Bild authentischer, richtunggebender und solidarischer Männlichkeit hätten vorleben können.

Von einem solcherart desorientierten Jungen berichtet die mittelalterliche Parzival-Sage, die in verschiedenen Traditionen in der Zeit von 1080 – 1160 nach Christus in ganz Europa erzählt wurde.

Parzival ist viele Jahre lang auf der Suche nach dem heiligen Gral. Er irrt umher durch die Höhen und Tiefen des Lebens, zuerst lange ohne zu wissen, was er eigentlich sucht. Der Gral ist das Symbol für die spirituelle Gotteserfahrung. Der junge Parzival muss – um ein authentischer, liebevoller Mann zu werden lernen, dass es das Geheimnis des Lebens ist, einem Größeren zu vertrauen, als dem eigenen kleinen Ego. So verweist diese jahrhundertelang tradierte mythische Erzählung auch und gerade Männer heute auf die Notwendigkeit von Spiritualität zur Menschwerdung.

Der Franziskanerpater Richard Rohr, einer der führenden gestalten in der amerikanischen christlichen Männerbewegung hat im Rahmen der Österreichischen Männertagung Anfang Juni in Innsbruck einen Vortrag über die Suche nach dem Gral gehalten. E leitet Männer dazu an, wie Parzival ihre Männlichkeit spirituelle neu zu erden. Der Erfolg vieler seiner Männerseminare scheint ihm recht zu geben. Wenn Männer lernen, sich nicht mehr durch Macht, Status und Rolle zu definieren, sondern durch ihren Bezug zum Göttlichen, sind sie frei für eine authentische Existenz als Mann und für demokratische Beziehungen zu den Frauen.