Morgengedanken Morgengedanken Morgengedanken Morgengedanken

Morgengedanken
Sonntag, 13.2.2000, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag, 14.2. bis Samstag, 19.2.2000, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

Bischof Dr. Paul Iby (Eisenstadt)

 

Sonntag, 13.2.2000

Guten Morgen !
An vielen Stellen der Evangelien wird uns berichtet, dass Jesus mit Menschen 
spricht. Oft sind es kurze Gespräche, wie etwa beim Kranken am Teich 
Betesda: "Willst du gesund werden?" (Joh 5,6) Manchmal sind es auch längere 
Gespräche wie zum Beispiel das Nachtgespräch mit Nikodemus (Joh 3,1ff) 
oder die Diskussion mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. (Joh 4,7ff)
Jesus stellt Fragen oder er gibt auf Fragen Antworten. Es fällt dabei auf, dass 
er den jeweiligen Gesprächspartner ernst nimmt und dass er auf konkrete 
Fragen eingeht.
Wie geht es uns, wenn wir uns auf ein Gespräch einlassen? Können wir 
miteinander noch reden, auf den anderen hinhören oder haben wir das schon 
verlernt? Nehmen wir unsere Gesprächspartner immer ernst? Lassen wir uns 
wirklich auf ein ernstes, konkretes Gespräch ein oder ist es nur ein Austausch 
von Höflichkeitsfloskeln oder belanglosen Sätzen?
Ich möchte in dieser Woche mit ihnen darüber nachdenken, wie wir unser Reden 
mit Mitmenschen, aber auch unser Sprechen mit Gott bewusster und nützlicher 
gestalten können.

Montag, 14.2.2000

Guten Morgen !
Hallo, wie geht`s? So beginnen wir sehr oft ein Gespräch, wenn wir einen Freund 
oder eine Nachbarin treffen. In Italien ist es immer die Frage: Come sta? Bene. Wie 
geht es? Danke gut! Ist meist die Antwort. Meist denken wir uns wirklich nichts dabei.
Interessieren wir uns dafür, wie es unserem Gesprächspartner geht. Zeigen wir dies 
durch weitere Fragen, damit unser Gegenüber merkt, dass wir uns wirklich für ihn 
interessieren. Wenn gespürt wird, dass unsere Frage ernst ist, kann der andere 
seine Situation erzählen. Ja vielleicht braucht er auch einen Zuhörer, bei dem er frohe 
Erlebnisse erzählen kann, oder dem er sein Leid, sein Alleinsein oder seine 
Verzweiflung ausdrücken darf.
Ich stoße manchmal mit der Frage nach: Wie geht es dir wirklich? Und dann werden 
manchmal Schleusen geöffnet und der andere legt los.
Bemühen wir uns, uns auf unsere Gesprächspartner einzustellen und ihnen das auch 
zu zeigen.

Dienstag, 15.2.2000

Guten Morgen!
Das griechische Wort für das "Zwiegespräch", für das "Miteinander reden" heißt 
Dialog. Im Burgenland bemühen wir uns, landesweit einen Dialog zu führen. Hier geht 
es um Gespräche von Einzelpersonen miteinander und um Gespräch von Gruppen, 
die miteinander reden und sich bemühen, gemeinsam Themen und Probleme zu 
diskutieren.
Eine Grundregel für diesen Dialog ist, dass die Gesprächspartner einander ernst 
nehmen. Die Grundhaltung dabei ist die Aufmerksamkeit und nicht das Behaupten. Es 
geht nicht nur um das Reden, sondern vor allem sehr stark um das Hören. Dass ich 
hinhöre, was meinen Gesprächspartner bewegt, was ihm Sorge macht, wo ihn der 
Schuh drückt. Ich zeige dabei meinen Respekt vor der Person und die Achtung seiner 
Würde und Einmaligkeit. Auf dieser Grundlage ist ein gutes Gespräch möglich. Dies 
kann auch zum gemeinsamen Suchen nach Ergebnissen führen, um auch Lösungen für
Probleme zu finden.
Und eines gilt hierbei für uns Christen: Jesus hat gesagt: "Wo zwei oder drei in 
meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." (Mt 18,20)

Mittwoch, 16.2.2000

Guten Morgen!
Hat der Dialog eine Chance? Kann er Ergebnisse bringen? Kann dadurch nicht der 
Frust noch stärker werden?
Ich halte den Dialog, das ernste Gespräch miteinander, für eine Chance, uns in der 
Kirche, aber auch in der Gesellschaft, auf das Wesentliche zu konzentrieren, einander 
näher zu kommen und gemeinsame Ziele anzustreben.
Wenn ich über eine Frage mit Menschen einen Dialog führe, wenn ich sie nach ihrer 
Meinung frage, wenn die Standpunkte der Gesprächsteilnehmer dargelegt, angehört 
und diskutiert werden, ja wenn sich möglichst viele auf eine Meinung einigen können, 
so wird die Entscheidung in einer so behandelten Frage auch von vielen mitgetragen 
und auch befolgt werden.
So gesehen ist der Dialog eine Methode, ein Weg zu Entscheidungen. Das Ergebnis 
kann auch zu Selbstverpflichtungen der Gesprächspartner führen. Wir sollten in 
unseren Gemeinden diesen Weg zu Entscheidungen mehr suchen und pflegen.

Donnerstag, 17.2.2000

Guten Morgen!
Es gibt Menschen, die vom Dialog genug haben. Mancher sagt: "Eigentlich ist es 
besser und für mich leichter, wenn ich allein entscheide. Da erspare ich mir das Reden
 mit anderen, erspare mir Zeit und Ärger." Das kann schon sein. Aber werden solche
Entscheidungen, etwa von den Pfarrangehörigen, angenommen und befolgt? Heute 
lassen die Menschen nicht auf Dauer zu, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden 
wird.
Wenn ich will, dass meine Mitarbeiter auch Mitverantwortung übernehmen, dann muss 
ich mich auf einen Dialog einlassen, auch wenn es noch so mühsam ist. Aus der im 
Gespräch geführten Auseinandersetzung mit einer Frage ergeben sich für den 
einzelnen neue Einsichten. Der einzelne identifiziert sich mit einer Lösung und trägt 
diese auch mit. So kann in einer Gemeinschaft, in einer Gemeinde, in einer Pfarre, 
wirkliche Zusammenarbeit wachsen und Mitverantwortung erwartet werden. Ist das 
nicht ein kostbares Ergebnis für die Mühe eines Dialogs?

Freitag, 18.2.2000

Guten Morgen!
Vor kurzem wurde ich auf ein Büchlein von P. Hans Schaller aufmerksam, das den 
Titel trägt: "Wenn ich beten könnte". Ist das nicht eine Feststellung, die viele Menschen 
machen? Ja, Beten ist auch ein Dialog, ein Dialog mit Gott. Dabei kommt es auch 
darauf an, nicht nur zu reden, sondern auch zu hören. Manche Menschen meinen, dann 
gut zu beten, wenn sie lange Gebete sprechen, oder wenn sie Gott im Gebet viel 
sagen. Vergessen wir beim Beten nicht oft darauf, zunächst still zu werden und auf 
Gott hinzuhören?
Sören Kiergegaard macht folgendes Geständnis: "Als mein Gebet immer andächtiger 
und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt war 
ich ganz still. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, das Beten nicht bloß 
Schweigen ist, sondern Hören. So ist es: Beten heißt nicht sich selber reden hören. 
Beten heißt still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört"

Samstag, 19.2.2000

Guten Morgen!
Dialog mit Gott und mit den Menschen. Das haben wir uns beim "Dialog für 
Burgenland" vorgenommen. Je mehr wir, ich und meine Mitarbeiter und 
Mitarbeiterinnen, uns mit dem Dialog befassen und je mehr wir ihn praktisch üben, 
umso mehr entdecken wir, dass dies eine Chance ist, ins Gespräch zu kommen, 
Menschen zu entdecken, die das Gespräch brauchen, Meinungen zu hören, an die 
wir nicht gedacht haben, und vieles mehr. Menschen üben nicht nur Kritik an der 
Kirche, sie haben auch viele Fragen. Sie erwarten, dass über Fragen und Themen, 
über Gott und die Kirche mit verständlicher Sprache gesprochen wird.
Auch wurde ich gefragt: Warum heißt es "Dialog für Burgenland"? Ein Dialog wird 
doch mit jemandem und nicht für etwas geführt. Stimmt. Aber, je mehr wir in einen 
Dialog mit einzelnen, mit Gruppen, mit Vereinen, mit Interessensvertretungen, 
eintreten, und diesen Dialog gut zu führen, umso mehr wirkt sich dieser für 
Burgenland
, für Österreich, für die Kirche aus. Darum stehe ich nach wie vor 
zum Dialog
.

 

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Letztes Update dieser Seite am  23.11.2000 um 14:42