![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Morgengedanken
Sonntag, 30.7.2000, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag, 31.7. bis Samstag, 5.8.2000, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
Stadtpfarrer Alois Luisser (Jennersdorf, Bgld.)
Sonntag, 30.7.2000
Thema: Urlaub
Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen.
Vor drei Tagen kam ich aus dem Urlaub zurück – aus Griechenland, aus einem
Gebiet, wo es noch möglich ist, dass man zu dritt eine saubere Bucht für sich
allein
hat. Ich habe es genossen, die Sonne, das glasklare Wasser, die Ruhe und
auch
das Alleinsein. Meine Gedanken hatten soviel freien Raum, sich zu ordnen,
ich fand
auch Zeit, mich zu prüfen, wie ich bin als Christ, als Pfarrer, wie
ich umgehe mit
meinen Mitarbeitern. Dabei kam Wertvolles zu Tage, aber auch
weniger Schönes.
Manche neue Erkenntnisse habe ich mir am Abend in ein Heft
geschrieben, ich
habe es festgehalten um es, wenn ich wieder zu Hause bin, in
Angriff zu nehmen.
Meinen Sie, es sei ungeschickt im Urlaub solche Denkarbeit zu
leisten? Gerade
im Urlaub, den blauen Himmel über sich, die Ruhe und
Gelassenheit um sich,
geben Zeit, Raum und Einsicht für Kehrtwendungen.
Sie sollen jetzt nicht den Eindruck haben, ich hätte die Urlaubstage
umfunktioniert
in Arbeitstage – nein, da war schon viel Zeit fürs Baden, für
gesundes griechisches
Essen und für gute griechische Weine.
Montag, 31.7.2000
Thema: Freundlichkeit
Ich wünsche einen schönen guten Morgen.
Schon öfters hatte ich im Urlaub einen griechisch orthodoxen
Sonntagsgottesdienst
mitgefeiert. Ich fiel den orthodoxen Priestern sofort auf,
durch mein Staunen aber
auch dadurch, dass ich nicht wirklich wusste, wie man
sich verhält, bei einem
orthodoxen Gottesdienst. Trotzdem habe ich schönes
erlebt und meine Freude
dabei gehabt. Was mir wohlgetan hat und ich sehr nett
empfunden habe, die
Fürsorge mit der sich die Menschen um mich gekümmert
haben. Ich habe ihre
Gebete und Gesänge nicht verstanden, wohl aber ihre
Körpersprache, das
Zulächeln, dass sie mir eine brennende Kerze in die Hand
drückten, dass sie mir
Brot und Wein reichten. Sie haben mir zu verstehen
gegeben, das ich bei dieser
Gottesdienstfeier zu ihnen gehöre. Und, wie ist das
bei uns in den Kirchen:
Dienstag, 1.8.2000
Thema: Gastfreundschaft
Ich wünsche Ihnen frisch und munter einen schönen guten Morgen!
Sie kennen doch den Schlager von Udo Jürgens, der den griechischen Wein
besingt.
Wegen des guten Weines braucht man als Burgenländer nicht nach
Griechenland
reisen, den haben wir auch. Die griechische Gastfreundschaft und
Offenheit
begeistert selbst einen Südburgenländer. Da ist noch so vieles
einfach, unkompliziert
und einladend. Man hat das Gefühl, dass man willkommen
ist, dass man
Familienanschluss hat, dass man nicht finanziell ausgenommen wird.
Das Service am Urlauber hat auch noch etwas zu tun mit dem biblischen Auftrag,
die Gastfreundschaft zu pflegen. Gastfreundschaft, wie sie die Bibel meint, hat
nichts
mit Berechnung zu tun, nichts mit der Erwartung, dass man dafür etwas
zurückbekommt. Biblische Gastfreundschaft ist darauf aus, dem Müden Erholung
zu
schaffen, dem Bedrückten ein offenes Ohr zu schenken. Diese Gastfreundschaft
ist an
keinen Ort und keinen bestimmten Menschen gebunden.
Im Benediktinerorden verfügte der Heilige Benedikt, jeden Gast so freundlich
und
wohlwollend aufzunehmen, als wäre dieser Gast Jesus Christus selbst. Und wenn
heute jemand unangemeldet an Ihre Tür klopft – was wird geschehen, was werden
Sie tun?
Mittwoch, 2.8.2000
Thema: Alter Mensch
Einen schönen guten Morgen!
Täglich mindestens einmal gehe ich in unser Alten- und Pflegeheim. Es liegt
gleich
neben dem Pfarrhaus. Wenn ich komme, richten sich die Augen der meisten
Bewohner
erwartungsvoll auf mich. "Was wird er wohl sagen", denken
sie, "wird er hoffentlich
mich ansprechen, seine Hand auf meine Schulter
legen, mir übers Haupt streicheln."
Merken Sie, von welch einfachen
Handlungen so alte Menschen leben können? Sie
planen keine Reisen mehr, machen
keine Bestellungen aus dem Modejournal und sind
auch nicht interessiert an den
zahlreichen Angeboten der Veranstaltungskalender. Für
sie zählen nur mehr all
jene Handlungen, die ihnen Zuneigung, Zärtlichkeit und
Wohlwollen vermitteln.
Ich brauche nichts mitzubringen, keine Blumen, kein Geschenk,
nur ein ehrliches
Lächeln, zehn ganze Minuten für sie allein, dass sie spüren und fühlen
können, dem sind wir noch etwas wert, da hält einer für uns seinen Schritt
an, da nimmt
einer unsere knorpelige Hand mit dieser verwelkten Haut in seine
wärmenden Hände,
da nimmt uns einer ernst.
Eigentlich ist das ja gar keine besonders große Leistung, die Leistung besteht
eigentlich
darin, dass man konsequent ist und Zeit aufbringt.
Freitag 4.8.2000
Thema: Kirchliche Feste
Einen schönen guten Morgen!
Der Monat August ist für mich ein ganz besonderer Monat, weil mitten im Monat
ein
schöner Marienfeiertag zum Feiern einlädt. Früher haben die arbeitenden
Menschen
keinen Urlaub gehabt. Von Montag bis Samstag und das ganz Jahr über
haben sie
durchgearbeitet. Die Sonntage und die kirchlichen Feiertage gaben
ihnen das Recht,
die Arbeit ruhen zu lassen und sich zu erholen. Es fällt uns
nicht schwer uns vorzustellen,
welchen Stellenwert solche religiösen Feiertage
hatten, da ist auch Gott nicht zu kurz
gekommen. Heute meine ich, mögen viele
von der Kirche nur mehr die Feiertage, die
Feiertage ohne religiösen Inhalt,
frei von allen ursprünglichen Anforderungen. Ganz
schlimm ist die Entwicklung,
dass immer weniger Menschen bei uns auch noch wissen,
was der religiöse Inhalt
solcher Feiertage ist. Fragt man sie, so lassen sie Jesus zu
Weihnachten sterben
und zu Ostern in den Himmel auffahren. Eigentlich schade, bald
könnte Pfingsten
"Mallorcaurlaub" heißen und Ostern "Trüffeltrip im
Piemont".
Samstag, 5.8.2000
Thema: Wochenende
Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen!
Spüren Sie schon ein wenig das Wochenende? Können Sie noch im Bett bleiben,
drängt kein Termin zum Aufstehen? Genießen Sie die Freiheit, das Wochenende so
zu gestalten, wie Sie am meisten davon profitieren können. Jetzt am Vormittag
wird
wohl ein Einkauf am Programm stehen, der kann auch gleich länger als
geplant
ausfallen, wenn Sie jemanden treffen – ein Kaffee gemeinsam getrunken
kann gut tun.
Für mich hat das Wochenende ganz andere Reize. Ich freue mich auf
schöne, gute
Musik, auf liebe Besucher und ich muss auch Zeit aufbringen, um
meine Predigt für
Samstag Abend und den Sonntag vorzubereiten. Ehrlich gesagt,
manchmal geht es
schwer her, weil ich auch hinterfragen muss, ob das jemanden
interessiert – ob es das
ist, was die Leute heute brauchen, um von dieser
Botschaft her ihr Leben zu gestalten.
Ich als Pfarrer und nicht nur ich allein,
wünsche mir schon, dass unsere Kirchen am
Sonntag wieder mehr Zulauf haben,
wünsche mir schon, dass auch unsere Botschaften
wieder mehr gehört werden. Das
Wort Gottes ist nach wie vor ein Wort, von dem man
leben kann.
Letztes Update dieser Seite am 23.11.2000 um 13:58