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Morgengedanken
Sonntag, 22.10.2000, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag, 23.10. bis Samstag, 28.10.2000, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
Monsignore Dr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)
Sonntag, 22.10.2000
Ein junger Mann ist 10 Jahre seines Lebens immer wieder nach Indien
gereist,
um dort bei verschiedenen Gurus und Meistern zu meditieren. Da
begegnete er
eines Tages einem Mann, der ihm eine Frage stellt. Diese
Frage trifft ihn
zutiefst und er verändert sein ganzes Leben.
Was war das für eine Frage? – die Frage: "Wer bist Du"!
In wenigen Minuten hat er gewusst, worauf es wirklich ankommt.
Haben Sie sich selber schon die Frage gestellt "WER BIN ICH?"
Genau genommen fragen wir uns jeden Morgen, sobald wir wach sind
und uns
umschauen "Wo bin ich? Wer bin ich? Was mache ich
eigentlich?"
Montag, 23.10.2000
Zu meinen schönsten Jugenderinnerungen gehört, wie wir als Buben
Fußball
gespielt haben. Die beiden Mannschaftsführer haben aus den
Anwesenden die
ausgesucht, die sie brauchen konnten. Das war jedes
mal sehr spannend. Ein Mann
hat mir nach Jahren erzählt, dass er fast
immer einer der letzten war, oder
dass er gar nicht gewählt wurde, weil er
nicht sportlich genug war. Ich selbst
habe da keine Schwierigkeiten
gehabt. Als Tormann war ich mutig und kam meist
als einer der ersten an
die Reihe.
Dies hat mich immer wieder daran erinnert, dass Gott alle Menschen,
jeden und
jede, für seinen Liebesplan mit der Welt ausgewählt hat.
Niemand ist davon
ausgenommen, auch wenn er wenig Talente hätte.
Ich glaube aber, dass wir das alles nur begreifen können, wenn wir beten.
Im
Gebet können wir erkennen, wie bedeutend unsere Rolle ist, die wir im
Plan
Gottes spielen sollen.
Das folgende Gebet hilft mir immer weiter:
"Herr, lass mich begreifen, dass ich einmalig vor dir bin. Dass ich eine
Rolle zu spielen habe, bei der mich niemand ersetzen kann. Niemand
kann an meine
Stelle treten, weil Du mich einmalig geschaffen hast."
Der Heilige Franziskus von Assisi hat gebetet:
"Herr, was willst Du, dass ich tue?"
Könnte das nicht auch für sie eine Frage zum Tag sein?
Dienstag, 24.10.2000
Schon als Student hat ein begabter junger Mann sehr komplizierte
Computerprogramme erstellt. Eine Firma hat ihm nach Abschluss seiner
Ausbildung
einen Vertrag in Millionenhöhe angeboten. Gerade zu der Zeit
ist er aber
bereits als Novize in einen neuen Orden eingetreten, um seine
Berufung zu
prüfen. Er hat sich entschieden, den Vertrag nicht
anzunehmen und im Orden zu
bleiben. Jetzt – nach sieben Jahren – hat
er bei seiner ersten Heiligen
Messe als Neupriester ganz schlicht
Zeugnis abgelegt: "Früher habe ich ein
bequemes Leben gehabt. Jetzt
habe ich ein erfülltes Leben und ich bin
glücklich."
Die Begegnung mit diesen jungen Ordensmann hat mich daran erinnert,
was Jesus zu
seinen Aposteln gesagt hat:
"Ihr, die ihr alles verlassen habt, werdet das Hundertfache dafür erhalten
–
jetzt in dieser Zeit und dann das ewige Leben erhalten."
Das ist kein billiges Vertrösten auf etwas Späteres, sondern eine klare
Sprache. Vielleicht denken Sie auch manchmal, wenn Sie auf etwas
verzichten:
"Warum mache ich das?" Jesus will Ihnen schon jetzt vieles
schenken.
Seine Worte gelten nicht nur für die Menschen, die sich
entschieden haben,
Jesus in einem Orden nachzufolgen. Jeder und Jede
von uns seine/ihre Berufung im
Alltag zu leben. "Du wirst es vielfach
wiederbekommen, was du mir geschenkt
hast", sagt Jesus zu uns allen.
Mittwoch, 25.10..2000
Ein junger, adeliger Student, Adolf von Essen, hat im Jahre 1396 in
seiner
äußersten Not seine Zuflucht bei einem unscheinbaren Gebet
gesucht, das in
seiner Heimat üblich war. Gläubige Menschen hatten sich
entschieden, im Laufe
eines Tages 50 mal das "Gegrüßet seist Du
Maria" zu beten. Später
trat Rudolf von Essen in den strengen
Kartäuser-Orden ein. Dort kam ihm der
Gedanke, genau nach den 50
"Gegrüßet seist Du Maria" Sätze aus dem
Leben Jesu anzufügen, um
Gott für alles, was er für uns getan hat, zu danken,
ihn zu loben und zu
preisen.
Wie ist es dann zum Namen "Rosenkranz" gekommen?
Ein Mann hatte die Gewohnheit, jeden Tag einen kleinen Kranz zu
flechten, je
nach Jahreszeit aus Rosen, Feldblumen oder grünen
Zweigen, und er hat diesen
Kranz Maria als Krone aufgesetzt. Als er
einmal nicht die Zeit hatte, Maria
einen Kranz zu flechten, da hat ihm ein
Priester den Rat gegeben: 50 mal das
"Gegrüßet seist Du Maria"
während des Tages zu beten. Dies sei
Maria lieber als Kränze aus
Blumen. Wenn ich die "Ave Maria" an
manchen Tagen nicht so gut beten
kann, dann stelle ich mir vor, dass sie nicht
wie herrliche Rosen sind,
sondern wie Feldblumen. Die "Ave Maria"
gehen nicht verloren, Maria
freut sich darüber, dass wir uns ehrlich mühen.
Was feiern wir eigentlich am heutigen Nationalfeiertag? Diese nicht
unberechtigte Frage taucht immer wieder auf. Viele von Ihnen werden
sich
erinnern: nach dem schrecklichen 2. Weltkrieg und der zehnjährigen
Besatzung
Österreichs erhielt unser Heimatland 1955 wieder seine
Freiheit und
Unabhängigkeit. Ein Grund auch zum Denken und
Nachdenken.
Von der Wortbedeutung her meint Heimat soviel wie Heim, Stammsitz.
Damit ist der
Platz und der Ort und das Land gemeint, wo ich hingehöre.
wo ich mich zu Hause
weiß. Das bezieht sich auf die Familie, die
Verwandten und Freunde und
Bekannten.
Ist es nicht eigenartig, dass der Begriff "Heimat", der viele Jahre
lang
eher mit schelen Augen angesehen und oft auch verspottet wurde, heute
wieder neue entdeckt wird.
Warum? Wohl auch deswegen, weil durch die Globalisierung und
Vernetzung der Welt
der Einzelne sich sehr schnell verloren und verlassen
fühlt.
Heimat hat natürlich auch im religiösen Bereich eine außerordentliche
Bedeutung. Wenn Jesus erklärt: "Wo zwei oder mehr in meinem Namen
versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen", dann spricht er genau
diese Dimension des Dazugehörens, des Beheimatet Seins an.
Es ist daher selbstverständlich, dass ein Christ - einer der an Christus
glaubt
- weiß: Christ sein kann ich nicht allein. Zum Christ Sein gehört die
Gemeinschaft.
Ich wünsche Ihnen einen erholsamen und zugleich besinnlichen
Nationalfeiertag.
Freitag 27.10.2000
Da hat einer Jesus eingeladen, mit ihm in seinem Auto mitzufahren. So
beginnt
eine Geschichte. Unterwegs erklärt er Jesus alles und freut sich,
dass er ihm
so viel vorzeigen kann. Am Schluss der Fahrt fragt er:
"Jesus, wie hat es
dir gefallen?" "Recht gut!" erhält er zur Antwort. "Aber
es
hätte mir viel besser gefallen, wenn ich am Steuer gewesen wäre"!
Hätten Sie Angst, auf einen solchen Vorschlag Jesu einzugehen? Einer
meiner
Lehrlinge in der Berufsschule, an der ich unterrichte, hat dazu
gemeint:
"Wenn Jesus dorthin fährt, wo ich hin will, dann ist es gut. Aber
wenn es
woanders hingeht? Vertrauen habe ich zu Jesus, aber wenn es
so direkt
wird?"
Jesus kann uns erst dann zeigen, wie es ist, wenn wir eine solche
Erfahrung
gemacht haben. So wie die Heilige Theresia von Avila einmal
gesagt hat:
"Gott schenkt sich uns erst dann ganz, wenn wir uns ihm ganz
schenken".
Wie wäre es, wenn Sie heute – sozusagen zur Einübung, bevor Sie es für
längere Zeit tun – sagen: "Jesus setze du dich an diesem Tag ans Steuer
meines Wagens, meines Lebens. Du weißt, das fällt mir nicht leicht. Ich
weiß
nicht, ob ich als Beifahrer zu bremsen versuche, wenn ich Angst
bekomme, oder ob
ich Gas gebe, wenn es mir zu langsam geht.
Samstag, 28.10.2000
Zu einem Weisen, der gerade an einem Fluss meditierte, kam ein Mann
und bat
ihn: "Ich möchte gerne Gott sehen. Zeig mir, wie ich Gott erfahren
kann."
Der Weise sagte damals zu seinem Besucher: "Komm mit. Ich möchte im
Fluss
ein Bad nehmen." Als die beiden im Wasser waren, drückte der
Weise den
Kopf des Mannes unter das Wasser und hielt ihn fest. Da
versuchte der Arme ganz
verzweifelt, sich loszureißen. Nach einer Weile
ließ der Weise den Mann los
und fragte ihn: "Warum hast du so
gestrampelt, als ich deinen Kopf unter
Wasser gehalten habe?" Da
seufzte der Mann: "Ohne Luft wäre ich ja
gestorben."
Darauf der Weise lächelnd: "An dem Tag, an dem du so verzweifelt nach
Gott
verlangst, wie du gerade nach Luft gerungen hast, an dem Tag wirst
du ihn
finden."
An dieser Geschichte ist klar: Der Hauptgrund, warum wir Gott nicht
finden,
liegt darin, dass wir uns nicht genug nach ihm sehnen. Unser
Leben ist
vollgepackt mit so vielerlei Dingen und sorgen. Und da kann es
geschehen, dass
wir uns einbilden: Wir können ja auch ohne Gott recht
gut auskommen.
Letztes Update dieser Seite am 23.11.2000 um 13:44