Pfarrer Wilfried M. Blum

Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

"Unlängst" 
von Pfarrer Wilfried M. Blum aus Göfis, Vlbg.

Sonntag, 13. Mai 2001
Gott auf Wohnungssuche

UNLÄNGST fand ich in einer Zeitschrift dieses fiktive 
Zwiegespräch: Gott klopft an meine Tür und fragt nach 
einer Wohnung. Ich sage: "Ja, ich vermiete günstig." 
"Ich will nicht mieten; ich will kaufen", sagt Gott.
"Gut, Sie können hereinkommen und sich einmal 
umsehen. Ich könnte Ihnen ein Zimmer geben oder zwei."
"Es gefällt mir", sagt Gott. "Ich nehme die beiden. Eines 
Tages können sie sich entschließen, mir mehr zu geben. 
Ich kann warten."
"Hm, vielleicht könnte ich Ihnen doch noch ein Zimmer 
geben, denn so viel brauche ich ja auch nicht."
"Danke", sagte Gott, "dieses nehme ich dann auch. 
Ich mag das Haus."
"Ich würde Ihnen ja gern das ganze Haus geben, 
aber ich weiß nicht so recht..."
"Denken Sie darüber nach", sagt Gott. "Ich würde 
Sie nicht auf die Straße setzen. Ihr Haus wäre 
mein Haus. Und Sie hätten mehr Platz als je zuvor."
"Nun verstehe ich gar nichts mehr."
"Ich weiß", sagt Gott, "aber ich kann es Ihnen nicht 
erklären. Sie müssen es selbst herausfinden. Es 
wird nur geschehen, wenn Sie mir das ganze Haus 
geben."
"Das ist aber riskant."
"Ja", sagt Gott, "aber probieren Sie es doch einmal 
mit mir."
"Ich weiß nicht... Ich werde darüber nachdenken 
und Ihnen dann Bescheid sagen."
"Ich kann warten", sagt Gott.

Montag, 14. Mai 2001
Der Name ist ein Programm
UNLÄNGST wurde ich gefragt, was das M. nach 
dem Vornamen Wilfried bedeute; und so erzählte ich 
ihm: Als dritter Name steht bei mir im Taufbuch Maria. 
Früher - also vor etwa einem halben Jahrhundert - 
kam es häufiger vor, dass auch Buben diesen Namen 
dazubekamen. Ich bin weder Dichter wie Rainer Maria 
Rilke noch Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer, 
sondern einfacher Christ. Als solcher bin ich aber stolz 
darauf, diesen dritten Namen zu führen.
Ein Taufname ist für mich nicht irgendein Modegag, 
sondern Programm. Das trifft beim Rufnamen Wilfried 
zu. Er fordert mich lebenslang heraus, alles nur 
Mögliche für Frieden tun zu wollen. Das trifft aber 
ebenso beim Namen Maria zu:
Fernab süßer Marienfrömmigkeit ist ihr Leben für 
mich eine ständige Provokation:
- in ihrer Verfügbarkeit gegenüber dem 
Gottesboten: Mir geschehe, wie du gesagt hast!
- in ihrer Aufmerksamkeit bei der Hochzeit zu 
Kana: Tut, was er euch sagt!
- in ihrer Verschwiegenheit im Tempel zu 
Jerusalem: Und sie bewahrte alles in ihrem Herzen.
- in ihrer Dankbarkeit gegenüber Gottes Wirken im
Magnificat: Hochpreist meine Seele den Herrn!
Ein Taufname ist für mich kein Modegag, sondern 
Lebensprogramm. Welches Programm trägt ihr Name?

Dienstag, 15. Mai 2001
Kinder brauchen mehr denn je eine Lobby
UNLÄNGST ärgerte ich mich darüber, wie über 
Kinderanliegen hinweg diskutiert wird. Die Welt 
ist so, wie sie ist, weil sie eine Welt der 
Erwachsenen ist. Armut bedeckt weite Teile, weil 
Erwachsene ihre Hände an den Schalthebeln der 
Konzerne haben. Gewalt herrscht an vielen Orten, 
weil Erwachsene Konflikte oft mit Gewalt lösen 
wollen. Die Konsum-Ideologie wird von 
Erwachsenen erfunden, nicht von Kindern.
Wer fragt heute schon, was unsere Kinder für 
eine gesunde und heilvolle Entwicklung 
benötigen? Die berufliche Karriere der Eltern 
ist vorrangig und deshalb braucht es jede 
Menge Kinderbetreuungsstätten. 
Schulstundenpläne und autonome Tage 
orientieren sich mehr an den Erwachsenen - 
Lehrern wie Eltern - als am Bedürfnis der 
Kinder. Und Wirtschaftinteressen diktieren, 
was in den Unterricht einzufließen hat.
Und die Kinder?
Sie haben keine Lobby, die für sie den Mund 
auftut und für ihre Bedürfnisse kämpft. 
Zuwendung, Geborgenheit, Gespräche und 
Zeit sind vor allem Wünsche unserer Kinder. 
Doch in einer Welt, in der man sich 
selbstverwirklichen und Karriere machen will, 
die hektisch und stressig ist, wo Gewalttätigkeit 
zunimmt und Zeit zum Reden fehlt, bleibt nur 
noch wenig übrig, auf Kinder zu hören und sich 
den Schwächsten in unserer Gesellschaft 
zuzuwenden.
Ein trauriger Trend am Beginn des dritten 
Jahrtausend!

Mittwoch, 16. Mai 2001
Jugendstudie Göfis: Sehnsucht nach 
Freundschaft und Familie
UNLÄNGST wurde in unserer Pfarre das 
Ergebnis einer Jugendbefragung präsentiert.
Mehr als die Hälfte der 12 bis 18 Jährigen 
haben mitgemacht.
Auf die Frage, was den Jugendlichen in ihrem 
Leben ganz wichtig ist, werden zuerst genannt: 
Freundschaft, Spaß und Vergnügen, 
Ausbildung und Familie. Auch fühlen sich
viele in ihrer Familie wohl und sprechen positiv 
darüber.
Vielleicht wundern sich jetzt manche Eltern. Ist 
es oftmals doch so mühsam, mit heran-
wachsenden Kindern und Jugendlichen halbwegs 
über die Runden zu kommen.
Und Nerven braucht es wie die sprichwörtlichen 
Stahlseile!
Und doch: Machen nicht gerade Konflikte und 
Krisen deutlich, wie sehr man sich (noch) mag 
und aneinander interessiert ist? Sind nicht 
gerade Spannungen der Motor für das Suchen 
nach guten gemeinsamen Lösungen? Ist nicht 
sinnvoller Widerstand der Boden für eine gute 
stabile Entwicklung?
Ich weiß schon: Manchmal übersteigt alles die 
eigenen Kräfte und man wird des Kampfes 
müde. Dennoch ist es gut zu wissen, dass in 
unseren Kindern und Jugendlichen eine große 
Sehnsucht nach guten Menschen, Freunden 
und einem Daheim vorhanden ist.
Es ist jene Sehnsucht, die auch nach einem 
Gott suchen lässt, der einem FreundIn ist, 
Freude schenkt und Ansehen gibt. Ich glaube 
an einen solchen Gott!

Donnerstag, 17. Mai 2001
Aufgabe der Kirche: Sehnsucht nach dem 
Leben wachhalten
UNLÄNGST war ein Jugendlicher auf Kurzurlaub 
zuhause. Wenn es ausgeht, verabreden wir uns. 
Und so verbrachten wir gemeinsam einen 
Nachmittag, erzählten uns gegenseitig von 
Dingen, die uns beschäftigen. Es kam zu einem 
anregenden Gespräch über die Beziehungskultur 
unter Jugendlichen und die Sichtweise der Kirche.
Dass sich junge Leute von der Amtskirche nichts 
mehr dreinreden lassen wollen, ist ja nichts 
Neues. Das hat die offizielle Kirche wohl 
größtenteils selbst verschuldet und damit 
innere Distanz zur Kirche bewirkt. Ob zu recht 
oder nicht - junge Menschen empfinden, dass 
alles von der Kirche verboten ist, was Spaß und 
Freude macht. Im Grunde genommen ist es 
schade. Denn eine christliche Beziehungskultur 
baut nicht auf Reglementierungen und Verboten, 
sondern will Wege aufzeigen, wie gute 
Beziehungen gelingen können. Das erreicht 
man nicht durch Entweder oder Oder. Gefragt 
sind vielmehr Werte wie z.B. Ehrlichkeit, 
Feingespür im Umgang miteinander, mehr 
Zeit füreinander, Herz und Verstand sowie 
Gottvertrauen - alles tragende Säulen 
gelingender Beziehungen.
Was kann die Kirche dazu beitragen? Die 
Sehnsucht für eine solche Kultur der 
Beziehung wach halten und hilfreich zur Seite 
stehen, damit Beziehungen gelingen können.
Die Verantwortung dafür liegt nicht zuerst bei 
Papst und Bischöfen. Sie liegt letztlich bei 
jedem Christen selber.

Freitag, 18. Mai 2001
Dein Wille geschehe, auch wenn ich ihn 
nicht immer verstehe!
UNLÄNGST kam ich mit einer älteren Frau 
über das Beten zu sprechen. Sie erzählte, 
wie sie froh sei, dass wir seit geraumer Zeit 
in unseren Gottesdiensten langsamer als früher 
beten. Unsere guten Erfahrungen bestärken uns 
darin.
Besonders beim Vaterunser und der Bitte "Dein 
Wille geschehe" könne sie nun für sich im Stillen 
ergänzen "...auch wenn ich ihn nicht immer 
verstehe".
Vielleicht geht es Ihnen auch so. Diese Bitte 
schnell herunterzuplappern, ist nicht schwer.
Aber wenn einem das Leben hart mitspielt und 
manchmal mehr Fragen als Antworten den 
Alltag erschweren, dann kommt einem diese 
Bitte nicht so leicht über die Lippen. 
Geschweige denn, dass man Gottes Willen 
wirklich nicht überall entdecken, schon gar 
nicht bejahen kann.
Wenn diese ältere Frau ihre Unsicherheit 
"dazubetet", dann tut sie es aus demselben 
Grund wie viele andere, die nicht in allem 
Gottes Willen entdecken können; ja, sich 
geradezu schwer tun, Gott im Leid, in der 
Krankheit, bei einem schweren Schicksals-
schlag, bei tiefen Verletzungen und 
Enttäuschungen gegenwärtig zu spüren.
Langsameres und herzlicheres Beten kann 
manchmal zu mehr Ehrlichkeit und 
Nachdenklichkeit führen. Und damit 
geschieht sicher Gottes Wille!

Samstag, 19. Mai 2001
Ein guter Christ, aber ein schlechter 
Katholik
UNLÄNGST sagte ein Mann nach einem 
längeren Gespräch über die Kirche zu mir: 
Weißt du, ich bin halt ein guter Christ, aber 
ein schlechter Katholik!
Keine schlechte Unterscheidung - dachte ich 
mir, und war im Moment sehr von diesem 
originellen Spruch angetan. Da steckt schon 
ein tiefer Kern Wahrheit dahinter, wenn es 
darum geht, wie Menschen ihren christlichen 
Glauben verstehen und wie sie Kirche offiziell 
erleben. Das leuchtet mir schon ein. Warum?
Weil gute Christen in ihrer Kirche erleben, wie 
starr und unverrückbar manche Positionen 
vertreten werden. Ich denke da nur an 
bekannte Themen wie Aids und Kondome, 
Geschiedene - Wiederverheiratete, 
Frauenpriestertum, Zölibat und manch anderes 
mehr.
Und wenn sie nun anders denken und auch 
leben, dann empfinden sie sich einfach als 
schlechte Katholiken.
Kann man Christsein und Katholischsein 
wirklich so auseinanderdividieren?
Ich glaube nicht! Als Christ bin ich in eine ganz 
konkrete Kirche hineingetauft: so z.B. in die 
katholische oder evangelische Kirche. Wenn 
ich ein guter Christ sein will, dann werde ich 
bemüht sein, in und mit meiner Kirche zu 
leben: als Heiliger und als Sünder.
Jede Kirche kann nur so gut oder so schlecht 
sein, wie ich eben selber bin.
Vielleicht ist dies nur ein schwacher Trost?

 

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Letztes Update dieser Seite am  10.05.2001 um 12:39