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Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
"Unlängst"
von Pfarrer Wilfried M. Blum aus Göfis, Vlbg.
Sonntag, 13. Mai 2001
Gott auf Wohnungssuche
Montag, 14. Mai 2001
Der Name ist ein Programm
UNLÄNGST wurde ich gefragt, was das M. nach
dem Vornamen Wilfried bedeute; und so erzählte ich
ihm: Als dritter Name steht bei mir im Taufbuch Maria.
Früher - also vor etwa einem halben Jahrhundert -
kam es häufiger vor, dass auch Buben diesen Namen
dazubekamen. Ich bin weder Dichter wie Rainer Maria
Rilke noch Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer,
sondern einfacher Christ. Als solcher bin ich aber stolz
darauf, diesen dritten Namen zu führen.
Ein Taufname ist für mich nicht irgendein Modegag,
sondern Programm. Das trifft beim Rufnamen Wilfried
zu. Er fordert mich lebenslang heraus, alles nur
Mögliche für Frieden tun zu wollen. Das trifft aber
ebenso beim Namen Maria zu:
Fernab süßer Marienfrömmigkeit ist ihr Leben für
mich eine ständige Provokation:
- in ihrer Verfügbarkeit gegenüber dem
Gottesboten: Mir geschehe, wie du gesagt hast!
- in ihrer Aufmerksamkeit bei der Hochzeit zu
Kana: Tut, was er euch sagt!
- in ihrer Verschwiegenheit im Tempel zu
Jerusalem: Und sie bewahrte alles in ihrem Herzen.
- in ihrer Dankbarkeit gegenüber Gottes Wirken im
Magnificat: Hochpreist meine Seele den Herrn!
Ein Taufname ist für mich kein Modegag, sondern
Lebensprogramm. Welches Programm trägt ihr Name?
Dienstag, 15. Mai 2001
Kinder brauchen mehr denn je eine Lobby
UNLÄNGST ärgerte ich mich darüber, wie über
Kinderanliegen hinweg diskutiert wird. Die Welt
ist so, wie sie ist, weil sie eine Welt der
Erwachsenen ist. Armut bedeckt weite Teile, weil
Erwachsene ihre Hände an den Schalthebeln der
Konzerne haben. Gewalt herrscht an vielen Orten,
weil Erwachsene Konflikte oft mit Gewalt lösen
wollen. Die Konsum-Ideologie wird von
Erwachsenen erfunden, nicht von Kindern.
Wer fragt heute schon, was unsere Kinder für
eine gesunde und heilvolle Entwicklung
benötigen? Die berufliche Karriere der Eltern
ist vorrangig und deshalb braucht es jede
Menge Kinderbetreuungsstätten.
Schulstundenpläne und autonome Tage
orientieren sich mehr an den Erwachsenen -
Lehrern wie Eltern - als am Bedürfnis der
Kinder. Und Wirtschaftinteressen diktieren,
was in den Unterricht einzufließen hat.
Und die Kinder?
Sie haben keine Lobby, die für sie den Mund
auftut und für ihre Bedürfnisse kämpft.
Zuwendung, Geborgenheit, Gespräche und
Zeit sind vor allem Wünsche unserer Kinder.
Doch in einer Welt, in der man sich
selbstverwirklichen und Karriere machen will,
die hektisch und stressig ist, wo Gewalttätigkeit
zunimmt und Zeit zum Reden fehlt, bleibt nur
noch wenig übrig, auf Kinder zu hören und sich
den Schwächsten in unserer Gesellschaft
zuzuwenden.
Ein trauriger Trend am Beginn des dritten
Jahrtausend!
Mittwoch, 16. Mai 2001
Jugendstudie Göfis: Sehnsucht nach
Freundschaft und Familie
UNLÄNGST wurde in unserer Pfarre das
Ergebnis einer Jugendbefragung präsentiert.
Mehr als die Hälfte der 12 bis 18 Jährigen
haben mitgemacht.
Auf die Frage, was den Jugendlichen in ihrem
Leben ganz wichtig ist, werden zuerst genannt:
Freundschaft, Spaß und Vergnügen,
Ausbildung und Familie. Auch fühlen sich
viele in ihrer Familie wohl und sprechen positiv
darüber.
Vielleicht wundern sich jetzt manche Eltern. Ist
es oftmals doch so mühsam, mit heran-
wachsenden Kindern und Jugendlichen halbwegs
über die Runden zu kommen.
Und Nerven braucht es wie die sprichwörtlichen
Stahlseile!
Und doch: Machen nicht gerade Konflikte und
Krisen deutlich, wie sehr man sich (noch) mag
und aneinander interessiert ist? Sind nicht
gerade Spannungen der Motor für das Suchen
nach guten gemeinsamen Lösungen? Ist nicht
sinnvoller Widerstand der Boden für eine gute
stabile Entwicklung?
Ich weiß schon: Manchmal übersteigt alles die
eigenen Kräfte und man wird des Kampfes
müde. Dennoch ist es gut zu wissen, dass in
unseren Kindern und Jugendlichen eine große
Sehnsucht nach guten Menschen, Freunden
und einem Daheim vorhanden ist.
Es ist jene Sehnsucht, die auch nach einem
Gott suchen lässt, der einem FreundIn ist,
Freude schenkt und Ansehen gibt. Ich glaube
an einen solchen Gott!
Donnerstag, 17. Mai 2001
Aufgabe der Kirche: Sehnsucht nach dem
Leben wachhalten
UNLÄNGST war ein Jugendlicher auf Kurzurlaub
zuhause. Wenn es ausgeht, verabreden wir uns.
Und so verbrachten wir gemeinsam einen
Nachmittag, erzählten uns gegenseitig von
Dingen, die uns beschäftigen. Es kam zu einem
anregenden Gespräch über die Beziehungskultur
unter Jugendlichen und die Sichtweise der Kirche.
Dass sich junge Leute von der Amtskirche nichts
mehr dreinreden lassen wollen, ist ja nichts
Neues. Das hat die offizielle Kirche wohl
größtenteils selbst verschuldet und damit
innere Distanz zur Kirche bewirkt. Ob zu recht
oder nicht - junge Menschen empfinden, dass
alles von der Kirche verboten ist, was Spaß und
Freude macht. Im Grunde genommen ist es
schade. Denn eine christliche Beziehungskultur
baut nicht auf Reglementierungen und Verboten,
sondern will Wege aufzeigen, wie gute
Beziehungen gelingen können. Das erreicht
man nicht durch Entweder oder Oder. Gefragt
sind vielmehr Werte wie z.B. Ehrlichkeit,
Feingespür im Umgang miteinander, mehr
Zeit füreinander, Herz und Verstand sowie
Gottvertrauen - alles tragende Säulen
gelingender Beziehungen.
Was kann die Kirche dazu beitragen? Die
Sehnsucht für eine solche Kultur der
Beziehung wach halten und hilfreich zur Seite
stehen, damit Beziehungen gelingen können.
Die Verantwortung dafür liegt nicht zuerst bei
Papst und Bischöfen. Sie liegt letztlich bei
jedem Christen selber.
Freitag, 18. Mai 2001
Dein Wille geschehe, auch wenn ich ihn
nicht immer verstehe!
UNLÄNGST kam ich mit einer älteren Frau
über das Beten zu sprechen. Sie erzählte,
wie sie froh sei, dass wir seit geraumer Zeit
in unseren Gottesdiensten langsamer als früher
beten. Unsere guten Erfahrungen bestärken uns
darin.
Besonders beim Vaterunser und der Bitte "Dein
Wille geschehe" könne sie nun für sich im Stillen
ergänzen "...auch wenn ich ihn nicht immer
verstehe".
Vielleicht geht es Ihnen auch so. Diese Bitte
schnell herunterzuplappern, ist nicht schwer.
Aber wenn einem das Leben hart mitspielt und
manchmal mehr Fragen als Antworten den
Alltag erschweren, dann kommt einem diese
Bitte nicht so leicht über die Lippen.
Geschweige denn, dass man Gottes Willen
wirklich nicht überall entdecken, schon gar
nicht bejahen kann.
Wenn diese ältere Frau ihre Unsicherheit
"dazubetet", dann tut sie es aus demselben
Grund wie viele andere, die nicht in allem
Gottes Willen entdecken können; ja, sich
geradezu schwer tun, Gott im Leid, in der
Krankheit, bei einem schweren Schicksals-
schlag, bei tiefen Verletzungen und
Enttäuschungen gegenwärtig zu spüren.
Langsameres und herzlicheres Beten kann
manchmal zu mehr Ehrlichkeit und
Nachdenklichkeit führen. Und damit
geschieht sicher Gottes Wille!
Samstag, 19. Mai 2001
Ein guter Christ, aber ein schlechter
Katholik
UNLÄNGST sagte ein Mann nach einem
längeren Gespräch über die Kirche zu mir:
Weißt du, ich bin halt ein guter Christ, aber
ein schlechter Katholik!
Keine schlechte Unterscheidung - dachte ich
mir, und war im Moment sehr von diesem
originellen Spruch angetan. Da steckt schon
ein tiefer Kern Wahrheit dahinter, wenn es
darum geht, wie Menschen ihren christlichen
Glauben verstehen und wie sie Kirche offiziell
erleben. Das leuchtet mir schon ein. Warum?
Weil gute Christen in ihrer Kirche erleben, wie
starr und unverrückbar manche Positionen
vertreten werden. Ich denke da nur an
bekannte Themen wie Aids und Kondome,
Geschiedene - Wiederverheiratete,
Frauenpriestertum, Zölibat und manch anderes
mehr.
Und wenn sie nun anders denken und auch
leben, dann empfinden sie sich einfach als
schlechte Katholiken.
Kann man Christsein und Katholischsein
wirklich so auseinanderdividieren?
Ich glaube nicht! Als Christ bin ich in eine ganz
konkrete Kirche hineingetauft: so z.B. in die
katholische oder evangelische Kirche. Wenn
ich ein guter Christ sein will, dann werde ich
bemüht sein, in und mit meiner Kirche zu
leben: als Heiliger und als Sünder.
Jede Kirche kann nur so gut oder so schlecht
sein, wie ich eben selber bin.
Vielleicht ist dies nur ein schwacher Trost?
Letztes Update dieser Seite am 10.05.2001 um 12:39