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Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios
von Pater Berthold Mayr
Sonntag, 10.6.2001
Montag, 11.6.2001
Wird da nicht etwas verschwiegen? Die
Wirklichkeit ist merkwürdig hart. Die Menschen
wollten zwar fliegen, aber abstürzen wollten sie nicht.
Sie wollten schnell herumfahren, aber das Leben
dabei zu verlieren, nein, das konnte niemand wollen.
Sie sehnten sich danach, mit, allen anderen
Menschen auf Erden in Kommunikation zu treten.
Dann aber feststellen zu müssen, dass die anderen
sie dabei nicht verstehen, wirkt absurd.
Die Glückseligkeit des Daseins liegt nicht in dem,
was aus einem Leben alles gemacht werden kann.
Das Glück liegt in diesem Leben selbst und in der
unerhörten Fülle, die es in sich trägt.
Dienstag, 12.6.2001
Hören und doch Nicht-zuhören-Können, ein
Problem, das ich täglich erlebe, nicht nur bei
Anderen, auch bei mir. Hinhören, erhören, zuhören,
mithören .Von Menschen mit einem guten Gehör
sagen wir, dass sie das Gras wachsen hören.
Aber nicht das Zuhören ist es, was ich immer neu
lernen muss, sondern das Zuhören-Wollen. Wer
nicht hören kann, muss bekanntlich fühlen. Denn
das Wort, das mir hilft, kann ich mir nicht selbst
geben.
Mittwoch, 13.6.2001
Donnertag, 14.6.2001
Für 85 Prozent der Unter-Dreißigjährigen besteht
der Sinn des Lebens darin, möglichst viel Spaß
zu haben. Genießen, glücklich sein ist das höchste
Ziel. Die Welt - so ergeben es Untersuchungen,
kommt auch ohne Gott, ohne Religion und ohne
Kirche ganz gut zurecht.
Viele Menschen leben, als ob es Gott nicht gäbe.
Doch zugleich sehnen sie sich nach einem Gott.
Wer nimmt sich dieser Sehnsucht an? Eigentlich
müssten wir Christen durch die Straßen laufen und
jedem Passanten ins Ohr rufen: Gott lebt! Wirklich
er lebt. Eigentlich müsste das Personal der Kirche,
wenn es denn wirklich selber glaubt, was es predigt
ganz anders dastehen in der Gesellschaft, viel
eindrucksvoller auftreten, voller Liebe und
Fröhlichkeit leben, was es glaubt. Ob ein Gott ist
oder kein Gott ist das macht für jeden Menschen und
für die ganze Welt einen unendlichen Unterschied.
Die Menschen, die mit ihrer ganzen Existenz
glauben, dass es den Gott Abrahams, Isaaks und
Jakobs, des Jesus wirklich gibt, müssten eigentlich
vor Kraft nur so strotzen. Eigentlich müssten ihnen
Flügel wachsen. Eigentlich müsste das heute zu
erfahren sein: am Fronleichnamstag.
Freitag, 15.6.2001
Am Rand des letzten Papstbesuches in Polen
kam es zu einer ungewöhnlichen Begegnung. Als
Johannes Paul II die Wigry-Seenplatte besuchte,
erinnerte er sich an eine Familie namens Milewski.
Sie hat ihn vor vierzig Jahren bei einer Kajaktour
durch die Seen mit einem Glas Milch erfreut. Man
machte sich auf die Suche nach der Familie. Dann
fuhr der Papst in das entlegene Bauerngehöft der
Familie Milewski.
Eine Woche darauf erzählte Herr Milewski einem
Journalisten, dass sich seit dem hohen Besuch
etwas bei ihm verändert habe. "Früher habe ich
mehr als einmal meine Armut verflucht, da schien
kein Sinn mehr im Le zu sein. Und nun kam der
Papst zu unserer Familie und wusste unser Leben
zu würdigen. Von diesem Tag an hat sich bei mir
etwas geändert".
Milewskis alltägliches Leben wurde besucht, es
erfuhr eine Wertschätzung. Das Leben selbst hat
sich dadurch in seinen äußeren Vollzügen nicht
geändert. Noch immer muss der Bauer aus
seinem Land mühselig seinen Unterhalt beziehen.
Doch seine Einstellung zu dieser Mühsal ist nun
eine andere. Sein Leben ist das, sein
unverwechselbarer Weg seinen Berufung.
Jemandem zu begegnen, der mir zeigt, weshalb
es sich zu leben lohnt, ist ein Geschenk.
Samstag, 16.6.2001
Der Theologe Hans Urs von Balthasar hat
sich einmal belustigt über das Gebet
geäußert. Maria habe doch wohl kaum
trainiert, um den Engel empfangen zu
können. Die Logik ist eindeutig: entweder
kommt der Engel, oder man sitzt vergebens.
Ist es nicht auch so mit der Liebe? Da kann
man noch soviel üben. Ohne Begegnung mit
dem entsprechenden bleibt die Sehnsucht
unerhört. Umgekehrt gilt aber: wer nicht lieben
kann, bleibt sitzen. Man kann sich zwar den
Himmel nicht verdienen, doch könnte es ja
sein, dass wir nicht auf Empfang gegangen
sind. Dies zu lernen, wäre schon viel.
Entweder bin ich bereit, oder Engel
kommen vergebens.
Wenn Menschen nur beten würden, weil
sie Erfolg haben, weil ihre Gebete in
Erfüllung gehen, dann würde niemand mehr
beten. Zwar schwingt diese Sehnsucht immer
mit und ist der geheime Motor unser
Frömmigkeit, doch nur wenige sind so
einfältig, mit einer automatischen Wirkung zu
rechnen. Gerade die Wirkungslosigkeit
zahlreicher Gebete macht deutlich, worum es
geht. Nicht Gott soll in die Knie gehen
sondern der Mensch.
Letztes Update dieser Seite am 18.06.2001 um 11:25