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Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr - 6.08 Uhr, ORF Regionalradios
Montag bis Samstag, 5.40Uhr - 5.43 Uhr, ORF Regionalradios

von Pfarrer August Janisch

So., 19. August: 
Ein neuer Tag - von Gott geschenkt - mein Leben verkünde sein Lob

Guten Morgen. Als heute mein Wecker abging, bin ich leicht aufgestanden. Aber zuvor strecke und räkle ich mich noch einmal so richtig im Bett und sage dann laut vor mich hin:

Ein neuer Tag – von Gott geschenkt – mein Leben verkünde sein Lob.

So begrüße ich schon lange jeden neuen Tag. Zugleich sage ich mir, dass all das, was an diesem Tag auf mich zukommt, letztlich zur Verherrlichung Gottes sein möge. Dann erst steige ich aus dem Bett und mache meine Morgengymnastik.

Die Mönche beginnen das gemeinschaftliche Chorgebet eines Tages mit den Worten: "Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde".

Wie sagen es alte oder auch schwerkranke junge Menschen?

"Jeder Tag ist ein Geschenk Gottes". Und sie sagen es meist voll Dankbarkeit gegenüber Gott, der einen neuen Tag heraufsteigen ließ.

Auch als Mönch werde ich dieses mir lieb gewordene Gebet morgen früh wieder als erstes laut sprechen.

Probieren Sie es auch, es gibt dem Tag einen guten Beginn:

Ein neuer Tag – von Gott geschenkt – mein Leben verkünde sein Lob.

 

Montag, 20. August: 
In deine gütigen Hände o Herr, empfehle ich meinen Geist

Es wird meist 22 Uhr bis ich ins Bett komme. Es ist nicht nur mein niederer Blutdruck, dass ich leicht und schnell einschlafe. Auch das Tagwerk eines Pfarrers oder Mönchs macht müde.

Priester und Schwestern beten täglich das Abendgebet der Kirche. Einen Satz davon wiederhole ich noch einmal laut, wenn ich schon im Bett liege:

"In deine gütigen Hände, o Herr, empfehle ich meinen Geist".

Viele tun sich schwer beim Einschlafen. Die Gedanken schweifen noch hierhin und dorthin, vieles ist aufgewühlt und vieles bleibt unvollendet. Das Wissen, nichts mehr tun zu können, kann beunruhigen. Jeder Tag rutscht endgültig in die Ewigkeit hinab und du kannst nichts mehr wegnehmen oder hinzufügen. Werde ich morgen überhaupt noch aufwachen?

Ach wie tut es gut, wenn man sich so in die Hände Gottes fallen lassen kann. Gerne denke ich dabei auch an ein Schnitzwerk von Hans Barlach, wo sich ein Kind in eine übergroße Hand schmiegt. In deine gütigen Hände, o Gott, empfehle ich meine Seele.

Und oft füge ich noch hinzu: Auch meinen Leib. Ich wünsche ihnen einen guten Tag.

 

Dienstag, 21. August 
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Joh 3,16

Guten Morgen. Ich habe heute noch nicht gesungen oder ein Lied gesummt, aber sie kennen es, wie eine Melodie einem lange begleiten kann.

Aus meiner Kindheit kenne ich so eine Melodie, die ich mit meiner Sopranstimme gesungen habe. Es ist kein Schlager, was man vermuten könnte, sondern ein mehrstimmiger Satz. Mit unserem Musikprofessor haben wir ihn einige Male im Chor aufgeführt. Aber auch der Text ist mir sehr tief gegangen.

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.

Spätestens seit meiner Studienzeit weiß ich, dass dieser Text im Johannes-Evangelium steht. Er ist wohl ein Schlüsseltext zum Verständnis der ganzen Bibel. Gott, der Unaussprechbare und Ferne, "der Schöpfer Himmels und der Erde" – wie er im Glaubensbekenntnis der Christen benannt wird - kennt mich, mehr noch – er liebt mich.

Seine Liebe ist zuerst und immer schon da und bleibt da, was immer noch kommen mag. Und meine Liebe wird immer nur eine Antwort auf seine Liebe sein können. Und wenn ich in meiner Armseligkeit und zeitlichen Begrenztheit mich an ihm festhalte, werde ich ewiges Leben haben. Ich bin dankbar, dass mich diese Melodie begleitet.

 

Mittwoch, 22. August: 
Agieren statt reagieren

Auch Priester sind Manager und sollen oft gleichzeitig viele Arbeiten erledigen. Die Dringlichkeit einer Arbeit richtig einzuschätzen, den Zeitaufwand, wie und wer was zu welcher Zeit tun soll, das erfordert Fähigkeiten, die mit dem Theologiestudium nicht mitgeliefert werden.

Je größer ein Verantwortungsbereich ist, desto leichter kommt man ohne Planung ins Trudeln. Am Beginn meiner Pfarrertätigkeit in Hartberg habe ich einen Managementkurs besucht. Ein Prinzip daraus hat mir bei allen Aktionen viel geholfen: Agieren statt reagieren!

Wenn ich bloß reagiere, dann laufe ich immer hinterdrein. Mir wird von meiner Umgebung aufgezwungen, was ich zu tun habe. Es ist immer alles gleich dringend. Die Gegenwartsprobleme beschäftigen so, dass sich keine Zeit findet, nach vorne zu schauen.

Wenn ich aber agiere, setze ich die Akzente, die mir wichtig sind. Ich nehme mir Zeit, Gefahren abzuschätzen. Und ich versuche, die wichtigen Entscheidungen für das Morgen zu erkennen.

Gott gab uns ja den Verstand, damit wir nach vor schauen und planen und das Steuer frühzeitig auf das Ziel einstellen. Agieren statt reagieren hat mir viel gebracht. Und auch die Vielen, denen ich so meine Zeit schenken konnte, haben Nutzen daraus gezogen.

 

Donnerstag, 23. August:
Wir sind schon ein Missionsland

Als junger Mensch war ich ganz begeistert, wenn ich Berichte von Afrika aufnehmen konnte. Und P. Leppich – ein begnadeter Prediger und Indienmissionar, den ich am Freiheitsplatz in Graz erlebt habe, brachte mir die Gewissheit: Ich wollte Missionar werden. Meine große Sorge als 14-Jähriger war, ob es dann – wenn ich mit dem langen Studium fertig sein werde, überhaupt noch jemand auf der weiten Welt gibt, der nichts von Jesus Christus weiß!

Alle haben es gewusst: August Janisch wird Missionar. Es war knapp vor der Matura: Mein Heimatpfarrer spricht mich auf das hin an und ich sage: Ja – das will ich werden. Und er meinte: Bravo – das ist gut von dir. Aber – und jetzt kam ein Nebensatz - Wir sind auch schon Missionsland.

Österreich ein Missionsland? Dieser Satz korrigierte meinen Entschluss:

Ich bin nicht in ein fernes Land gereist, sondern Priester und Missionar für die Steiermark geworden.

Und nach 35 Priesterjahren merke ich, wie viel hier an Überzeugungskraft und Einsatz notwendig ist, damit der Glaube an Gott und Jesus Christus nicht verdunstet. Ich habe viel Kontakt mit Schwestern und Missionaren in der weiten Welt – aber meinen Auftrag habe ich hier gesehen – und es ist eine schöne Aufgabe geworden.

 

Freitag, 24. August: 
Bete und arbeite

Guten Morgen. Viele haben heute einen Arbeitstag vor sich. Vieles wartet schon auf sie. Trotz aller Mühe ist es schön, wenn man arbeiten kann. Es gibt Befriedigung, wenn etwas weitergeht.

Die andere Seite des Lebens Innerlichkeit, Gebet und Ruhe kommen oft zu kurz. Der hl. Benedikt hat im 6. Jh. für seine Mönche niedergeschrieben:

Bete und arbeite!

Unsere Vorfahren haben den Mönchen viel abgeschaut: den Fleiß und das tüchtige Wirtschaften. Nach der Benediktregel kommt aber dem Gebet eine ebenso wichtige Stellung zu. Diese Seite aber scheint sich im Alltag bei vielen nicht so richtig entfaltet zu haben. Die Tagesarbeit zählen wir in Stunden, das Gebet mancher kann aber höchstens in Minuten pro Tag gezählt werden.

Nach den Arbeitsjahren als Weltpriester habe ich nun das Kleid der Zisterziensermönche angezogen. Diesen neuen Lebensabschnitt möchte ich mehr dem Gebet und der Meditation widmen. Die Arbeit wird trotzdem nicht zu kurz kommen.

Das sind die beiden Lungenflügel, mit denen der Mensch atmen soll: Beten und Arbeiten, dann bleibt er gesund.

 

Samstag, 25. August: 
Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben

Ich wünsche ihnen einen schönen guten Morgen.

Manchmal überkommt mich ein Gefühl von großer Dankbarkeit, wenn ich denke, wie gut es mir geht; welche Möglichkeiten ich in meinem Leben schon gehabt habe; in welch gesegnetem Land ich aufgewachsen bin - frei von Hunger und Krieg - und in der Krankheit versorgt mit der besten medizinischen Hilfe, die es gibt.

Das Wichtigste im Leben ist einem geschenkt. Das weiß ich. Und es fällt mir deshalb auch nicht schwer zu geben: materielle Hilfe, Zuhören und Zeithaben. Es ist das Anteilnehmen an Freud und Leid der Mitmenschen in dem Maß als ich es im Augenblick erkenne.

Ob es sich um Österreicher oder Ausländer gehandelt hat: Lieblosigkeit, Leid, Lüge und ungerechtes Behandelt-Werden tut jedem Menschen gleich weh.

Es ist ein Satz aus dem Matthäus-Evangelium, den ich mir aus meinem Theologiestudium sogar in Altgriechisch gemerkt habe:

Doreán elábete, doreán dóte!

Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!

Was ich in Liebe gegeben habe, das hat mir noch nie gefehlt.

 

 

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Letztes Update dieser Seite am  20.08.2001 um 12:39