Monsignore Wilhelm: "Kann und will diesen Kurs nicht mittragen"

Erst kürzlich hat der ehemalige Sprecher der Österreichischen Bischofskonferenz, Monsignore Michael Wilhelm, seinen Rückzug aus allen kirchlichen Ämtern in der Erzdiözese Wien bekannt gegeben. Am 27. Juni hat die APA jenes Schreiben veröffentlicht, in dem Wilhelm den Erzbischof von Wien von seinem Rücktritt informiert.

"Lieber Herr Kardinal, gemäß can. 187 CIC (im Kanon 187 des Kirchenrechts heißt es wörtlich: `Jeder, der handlungsunfähig ist, kann auf ein Kirchenamt aus gerechten Gründen verzichten`, Anm.) erkläre ich hiermit meinen Rücktritt von den Ämtern des Kirchenmeisters und Dompredigers zu St. Stephan mit Wirksamkeit vom 30. Juni 2000. Zugleich halte ich fest, dass ich mich auf Grund der derzeitigen Situation unserer Kirche aus Gewissensgründen nicht in der Lage sehe, eine andere Aufgabe in der Diözese zu übernehmen.

Der Dialog ist tot

Als Hintergrund will ich nur das Folgende benennen: zum einen das brutale und theologisch nicht zu rechtfertigende Abwürgen des `Dialog für Österreich`, an dessen Vorbereitung ich bekanntlich an maßgeblicher Stelle beteiligt war. Erschwerend kommt hinzu, dass man von bischöflicher Seite her öffentlich so tut, als sei dieser `Dialog` bester Gesundheit, obwohl jeder weiß, dass er im Grunde tot ist. Und heute wäre es gar nicht mehr möglich, eine qualifizierte Versammlung wie in Salzburg zusammen zu bekommen, weil sich die allermeisten Leute dafür nicht mehr hergeben.

"Unter solchen Prämissen bin ich nicht Priester geworden"

Zum anderen: die Situation, die durch `Ad tuendam fidem`(`Zur Verteidigung des Glaubens`, päpstliches Schreiben aus dem Jahr 1998) eingetreten ist. Unter solchen Prämissen bin ich nicht Priester geworden. Es gibt eine Reihe von lehrmäßigen Festlegungen, die nicht zur Glaubenssubstanz gehören und die man heute auf Punkt und Beistrich glauben und vertreten muss, um in der Kirche ein Amt auszuüben. Das kann ich in vielen Fällen nicht. Und übrigens: ein ganz großer Teil des Klerus auch nicht. Warum die Einzelnen dieses `System` zumindest indirekt mittrage, diese Frage muss jeder selbst vor seinem Gewissen beantworten.

"Weg der Kirche nimmt sektenhafte Züge an"

Ich sehe das Folgende: die Kirche in unserem Land ist nach außen hin, im Hinblick auf Öffentlichkeit und Gesellschaft, auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Nach innen hin ist sie auf einem Weg, der in vielem mehr und mehr sektenhafte Züge annimmt. Ich kann und will diesen Kurs nicht mittragen."

 

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Letztes Update dieser Seite am  11.07.2006 um 09:42