"Mea Culpa": Reaktionen auf Vergebungbitte des Papstes Bücher zur Vergebungsbitte 6 Pixel Hintergrund 75 75 214.jpg (4854 Byte)Das Schuldbekenntnis in Auszügen Vergebungsbitten früherer Päpste

 

"Mea Culpa": Reaktionen

Das historische Schuldbekenntnis von Papst Johannes Paul II. am vergangenen Sonntag hat auch in Österreich viel Beachtung gefunden. Als "einmaligen Schritt" und als "Ermutigung, mit Schuld anders umzugehen als wir das gewohnt sind", hat Kardinal Christoph Schönborn die Vergebungsbitte bezeichnet.

Der Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg sprach von einem begrüßenswerten Schritt. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, bezeichnete die Worte des Papstes in einem Gespräch mit dem ORF-Religionsmagazin "Orientierung" als "mutigen Schritt", wenngleich nachträgliche Entschuldigungen "den Opfern wenig nützen". Der evangelische Bischof Herwig Sturm meinte, er könne sich auch "ein gemeinsames Reue-Wort" der katholischen und der evangelischen Kirche in Österreich gut vorstellen.

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Vergebungsbitten früherer Päpste

Die große Vergebungsbitte von Papst Johannes Paul II. ist, entgegen anders lautenden Meldungen, nicht das erste "Mea Culpa" eines Oberhauptes der katholischen Kirche. Papst Hadrian VI. räumte 1522 eine Mitschuld Roms und der Päpste am "Ausbruch der Reformation" ein. Papst Paul VI. und der orthodoxe Patriarch Athenagoras fanden 1965 einen Weg der Versöhnung: Ein gegenseitiger Bann aus dem Jahr 1054 wurde zurückgezogen.

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Bücher zur Vergebungsbitte

"Erinnern und Versöhnen. Die Kirche und die Verfehlungen in ihrer Vergangenheit" – so lautet der Titel eines Dokuments, das kürzlich im Vatikan vorgestellt worden ist. Das Grundsatzpapier der Internationalen Theologischen Kommission ist im Auftrag des Papstes erstellt worden. Für die deutschsprachige Ausgabe des erarbeiteten Textes zeichnet der Münchner Dogmatiker Gerhard Ludwig Müller. Die Dokumentation ist im Johannes-Verlag erschienen. Ein weiterer Buchtip: "Wenn der Papst um Vergebung bittet". Darin beschäftigt sich der Vatikan-Spezialist Luigi Accattoli mit Vergebungsbitten von Johannes Paul II. in den vergangenen Jahren. Das Buch ist im Innsbrucker Verlag Tyrolia erschienen.

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Das Schuldbekenntnis in Auszügen

"Liebe Brüder und Schwestern,
lasst uns vertrauensvoll zu Gott unserem Vater rufen, der barmherzig und
langmütig ist, reich an Erbarmen, Liebe und Treue. Er möge die Reue seines
Volkes annehmen, das in Demut seine Schuld bekennt, und ihm seine
Barmherzigkeit schenken.

I. Allgemeines Schuldbekenntnis

Kardinal Bernardin Gantin:

Lass unser Bekenntnis und unsere Reue vom Heiligen Geist beseelt sein. Unser
Schmerz sei ehrlich und tief. Und wenn wir in Demut die Schuld der
Vergangenheit betrachten und unser Gedächtnis ehrlich reinigen, dann führe
uns auf den Weg echter Umkehr.

Papst Johannes Paul II.:

Herr unser Gott, du heiligst deine Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit
immerfort im Blut deines Sohnes. Zu allen Zeiten weißt du in ihrem Schoß um
Glieder, die durch ihre Heiligkeit strahlen, aber auch um andere, die dir
ungehorsam sind und dem Glaubensbekenntnis und dem heiligen Evangelium
widersprechen. Du bleibst treu, auch wenn wir untreu werden. Vergib uns
unsere Schuld und lass uns unter den Menschen wahrhaftige Zeugen für dich
sein. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)

II. Bekenntnis der Schuld im Dienst der Wahrheit

Kardinal Joseph Ratzinger:

Lass jeden von uns zur Einsicht gelangen, dass auch Menschen der Kirche im
Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz
der Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem
Evangelium nicht entsprechen. Hilf uns, Jesus Christus nachzuahmen, der mild
ist und von Herzen demütig.

Papst Johannes Paul II.:

Herr, du bist der Gott aller Menschen. In manchen Zeiten der Geschichte
haben die Christen Methoden der Intoleranz zugelassen. Indem sie dem großen
Gebet der Liebe nicht folgen, haben sie das Antlitz der Kirche, deiner Braut,
entstellt. Erbarme dich deiner sündigen Kinder und nimm unseren Vorsatz an,
der Wahrheit in der Milde der Liebe zu dienen und sich dabei bewusst zu
bleiben, dass sich die Wahrheit nur mit der Kraft der Wahrheit selbst
durchsetzt. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)

III. Bekenntnis der Sünden gegen die Einheit des Leibes Christi

Kardinal Roger Etchegaray:

Lass das Eingeständnis der Sünden, die die Einheit des Leibes Christi
verwundet und die geschwisterliche Liebe verletzt haben, den Weg ebnen für
die Versöhnung und die Gemeinschaft aller Christen.

Papst Johannes Paul II.:

Barmherziger Vater, am Abend vor seinem Leiden hat dein Sohn darum
gebetet, dass die Gläubigen in ihm eins seien: Doch sie haben seinem Willen
nicht entsprochen. Gegensätze und Spaltungen haben sie geschaffen. Sie
haben einander verurteilt und bekämpft. Wir rufen inständig dein Erbarmen an
und bitten dich um ein reumütiges Herz, damit alle Christen sich in dir und
untereinander aussöhnen. In einem Leib und einem Geist vereint, sollen sie die
Freude über die volle Gemeinschaft wieder erleben dürfen. Darum bitten wir
durch Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht angezündet.)

IV. Schuldbekenntnis im Verhältnis zu Israel

Kardinal Edward Idris Cassidy:

Lass die Christen der Leiden gedenken, die dem Volk Israel in der Geschichte
auferlegt wurden. Lass sie ihre Sünden anerkennen, die nicht wenige von
ihnen gegen das Volk des Bundes und der Seligpreisungen begangen haben,
und so ihr Herz reinigen.

Papst Johannes Paul II.:

Gott unserer Väter, du hast Abraham und seine Nachkommen auserwählt,
deinen Namen zu den Völkern zu tragen. Wir sind zutiefst betrübt über das
Verhalten aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden
ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, dass echte
Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes. Darum bitten wir durch
Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)


V. Schuldbekenntnis für die Verfehlungen gegen die Liebe, den Frieden,
die Rechte der Völker, die Achtung der Kulturen und der Religionen

Erzbischof Stefan Fumio Hamao:

Lass die Christen auf Jesus blicken, der unser Herr ist und unser Friede. Gib,
dass sie bereuen können, was sie in Worten und Taten gefehlt haben.
Manchmal haben sie sich leiten lassen von Stolz und Hass, vom Willen, andere
zu beherrschen, von der Feindschaft gegenüber den Anhängern anderer
Religionen und den gesellschaftlichen Gruppen, die schwächer waren als sie,
wie etwa den Einwanderern und Zigeunern.

Papst Johannes Paul II.:

Herr der Welt, Vater aller Menschen, durch deinen Sohn hast du uns gebeten,
auch den Feind zu lieben, denen Gutes zu tun, die uns hassen, und für die zu
beten, die uns verfolgen. Doch oft haben die Christen das Evangelium
verleugnet und der Logik der Gewalt nachgegeben. Die Rechte von Stämmen
und Völkern haben sie verletzt, deren Kulturen und religiösen Traditionen
verachtet: Erweise uns deine Geduld und dein Erbarmen! Vergib uns! Darum
bitten wir durch Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)

VI. Bekenntnis der Sünden gegen die Würde der Frau und die Einheit des
Menschengeschlechtes

Kardinal Francis Arinze:

Lasst uns für alle beten, die in ihrer menschlichen Würde verletzt und deren
Rechte unterdrückt wurden. Lasst uns beten für die Frauen, die allzu oft
erniedrigt und ausgegrenzt werden. Wir gestehen ein, dass auch Christen in
mancher Art Schuld auf sich geladen haben, um sich Menschen gefügig zu
machen.

Papst Johannes Paul II.:

Herr unser Gott, du bist unser Vater. Du hast den Menschen als Mann und
Frau erschaffen, nach deinem Bild und Gleichnis. Die Verschiedenheit der
Völker in der Einheit der Menschheitsfamilie hast du gewollt. Doch mitunter
wurde die gleiche Würde deiner Kinder nicht anerkannt. Auch die Christen
haben sich schuldig gemacht, indem sie Menschen ausgrenzten und ihnen
Zugänge verwehrten. Sie haben Diskriminierungen zugelassen auf Grund von
unterschiedlicher Rasse und Hautfarbe. Verzeih uns und gewähre uns die
Gnade, die Wunden zu heilen, die deiner Gemeinschaft auf Grund der Sünde
noch immer innewohnen, damit wir uns alle als deine Söhne und Töchter fühlen
können. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)

VII. Bekenntnis der Sünden auf dem Gebiet der Grundrechte der Person

Erzbischof Francois Xavier Nguyen Van Thuan:

Lasst uns beten für alle Menschen auf der Erde, besonders für die
Minderjährigen, die missbraucht wurden, für die Armen, Ausgegrenzten und
Letzten. Lasst uns für diejenigen beten, die am wenigsten Schutz genießen,
für die ungeborenen Kinder, die man im Mutterleib tötet, oder jene, die gar zu
Forschungszwecken von denen benützt werden, die Missbrauch getrieben
haben mit den von der Biotechnologie gebotenen Möglichkeiten. So haben sie
die Ziele der Wissenschaft entstellt.

Papst Johannes Paul II.:

Gott unser Vater, du hörst stets auf den Schrei der Armen. Wie oft haben dich
auch die Christen nicht wiedererkannt in den Hungernden, Dürstenden und
Nackten, in den Verfolgten und Gefangenen, in den gerade am Anfang ihrer
Existenz schutzlos Ausgelieferten. Für all jene, die Unrecht getan haben,
indem sie auf Reichtum und Macht setzten und mit Verachtung die "Kleinen"
straften, die dir so am Herzen liegen, bitten wir um Vergebung. Erbarme dich
unser und nimm unsere Reue an. Darum bitten wir durch Christus unseren
Herrn.

(Vor dem Kruzifix wird ein Licht entzündet.)

Schlussgebet

Papst Johannes Paul II.:

Barmherziger Vater, dein Sohn Jesus Christus, der Richter über Lebende und
Tote, hat in der Niedrigkeit seines ersten Kommens die Menschheit aus der
Sünde befreit. Wenn er wiederkommt in Herrlichkeit, wird er für alle Schuld
Rechenschaft fordern von unseren Vätern, von unseren Brüdern und
Schwestern und von uns, deinen Dienern. Vom Heiligen Geist bewegt, kehren
wir mit reumütigem Herzen zu dir zurück. Schenke uns dein Erbarmen und die
Vergebung der Sünden. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.

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Letztes Update dieser Seite am  11.07.2006 um 10:33 von Marcus Marschalek &Norbert Steidl

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