Deutschland: Kirche und Zwangsarbeiter

Waren in den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft Zwangsarbeiter auch in kirchlichen Einrichtungen tätig ? "Ja" – das belegen dokumentierte Fälle. Die katholische Kirche läßt weiter nachforschen.

Ein Bericht des ARD-Magazins "Monitor" hat die Diskussion in Bewegung gebracht: In einem Beitrag zum Thema "Kirche und Zwangsarbeit" waren in zahlreichen kirchlichen Einrichtungen NS-Zwangsarbeiter beschäftigt. Vor allem in der Landwirtschaft seien die Zwangsarbeiter eingesetzt worden. So etwa im Kloster Ettal in Bayern und in einer Priester-Ausbildungsstätte in Paderborn.

Vorwurf der Ausbeutung zurückgewiesen
Die katholischen Männerklöster Deutschlands haben unterdessen die Beschäftigung von NS-Zwangsarbeitern bestätigt. Den Vorwurf der Ausbeutung wiesen sie zurück. Klöster hätten sich sogar "aus humanitären Gründen bemüht, Kriegsgefangene und deren Familien" einzusetzen und so Menschen in der Not zu helfen, sagte der Generalsekretär der Vereinigung deutscher Ordensobere (VDO), Pater Wolfgang Schumacher gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur KNA. Die Kirche habe auch die Beschäftigung von Zwangsarbeitern nicht verschwiegen. Dass diese Beschäftigung nun "als Vorwurf gegen die Kirche gerichtet wird", überrasche ihn.
Schumacher wies auch darauf hin, dass eine Reihe von Klöstern und klösterlichen Betrieben von den Nazis aufgelöst oder zwangsenteignet worden sei. Sie seien dann von staatlicher Seite – auch mit Zwangsarbeitern – weitergeführt worden.

Katholiken "zu entgegenkommend" gegenüber NS-Zwangsarbeitern ?
Historiker verweisen darauf, dass sich SS und Gestapo immer wieder darüber beklagt hätten, dass sich Katholiken gegenüber den meist polnischen Zwangsarbeitern "zu entgegenkommend" verhielten. Schon sehr bald nach Ende der Nazi-Herrschaft habe sich die katholische Kirche darum bemüht, deutlich sichtbare Zeichen der Versöhnung zu setzten – so etwa mit Initiativen wie der "Aktion Sühnezeichen" oder "Pax Christi".

Soll sich katholische Kirche an Entschädigungsfonds beteiligen ?

Die aktuelle Diskussion wird nun vor allem mit einer Frage in Verbindung gebracht: Soll die katholische Kirche Deutschlands einen finanziellen Beitrag am Entschädigungsfonds für ehemalige NS-Zwangsarbeiter leisten ? Vertreter von SPD, FDP und den GRÜNEN, aber auch Sprecher basiskirchlicher Initiativen haben diese Forderung in den vergangenen Tagen deutlich unterstrichen. Auch die Evangelische Kirche habe sich dazu bereit erklärt, sich mit zehn Millionen Mark am Entschädigungsfonds zu beteiligen. Sie habe sich in einer Erklärung zu ihrer Schuld bekannt, in den Jahren der Nazi-Herrschaft in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen NS-Zwangsarbeiter beschäftigt zu haben. Die katholische Kirche verweist darauf, selbst "Staatsfeind" des NS-Regimes gewesen zu sein. Ob sie sich am Entschädigungsfonds beteiligen wird, soll – "nach genauer Prüfung" – in wenigen Wochen entschieden werden.

 

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Letztes Update dieser Seite am  11.07.2006 um 10:36