Zwangsarbeiter auf bischöflichem Gut Seggau?

Der Grazer Professor für Kichengeschichte, Maximilian Liebmann, glaubt mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen zu können, dass auf dem bischöflichen Gut Schloss Seggau ein Zwangsarbeiter beschäftigt gewesen ist.

Auf ein konkretes Ergebnis ist man in Sachen Zwangsarbeit und Kirche nun in der Steiermark gestoßen: Laut dem Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann sei im Jahr 1944 ein Ukrainer auf dem bischöflichen Gut Schloss Seggau bei Leibnitz beschäftigt gewesen, von dem "mit hoher Wahrscheinlichkeit" angenommen werden kann, dass es sich um einen Zwangsarbeiter gehandelt habe.

Zwangsarbeiter möglicherweise auch auf größeren Pfarrpfründen

Sollte der Ukrainer tatsächlich auf Schloss Seggau tätig gewesen sein, so sei es laut Liebmann auch wahrscheinlich, dass auf größeren Pfarrpfründen – also den landwirtschaftlichen Betrieben von Pfarren – während der NS-Zeit Zwangsarbeiter eingesetzt worden sind. Dies zu verifizieren sei jedoch eine "mühsame und aufwendige" Sache, bei der man auf die Mithilfe von Pfarrern, Pastoralassistenten und Zeitzeugen angewiesen sei. Dass dennoch alle in Frage kommenden Pfarren in die Erhebungen eingebunden werden, hält der Kirchengeschichtler für dringend notwendig. Die Kirche habe es nicht notwendig, den Eindruck entstehen zu lassen, sie würde "etwas vertuschen". Nach Ansicht Liebmanns müsse sich die Kirche – und er denkt dabei an alle österreichischen Diözesen - an den Entschädigungszahlungen beteiligen.

Historikerkommission eingesetzt

Die beiden österreichischen Nachrichtenmagazine "Profil" und "Format" haben kürzlich in ihren Ausgaben über eine wahrscheinliche Beschäftigung von Zwangsarbeitern in Österreich auch auf kirchlichen Territorien berichtet. Der steirische Diözesanbischof Johann Weber hat daraufhin den Grazer Ordinarius für Kirchengeschichte, Maximilian Liebmann, mit einer diesbezüglichen Untersuchung für die Diözese Graz-Seckau beauftragt. Liebmann untersucht außerdem auf Ersuchen von Kardinal Christoph Schönborn gemeinsam mit der Historikerin Erika Weinzierl die Causa "Kirche und Zwangsarbeit" für die Erzdiözese Wien.

Auch Orden wollen ihre Geschichte klären

Während sich Österreichs Bischöfe vor den Meldungen der beiden Nachrichtenmagazine noch zurückhaltend verhalten haben und sich in Sachen Kirche und Zwangsarbeit erst bei ihrer Herbstsession im November weitere Schritte überlegen wollten, haben Österreichs Orden bereits vorher entschieden, ihre Rolle während der NS-Zeit durchleuchten zu lassen. Maximilian Fürnsinn, Probst von Stift Herzogenburg und Vorsitzender der 88 österreichischen Ordensgemeinschaften hat dazu eine eigene Historikerkommission, bestehend aus Juristen, Kirchenrechtlern und Historikern eingesetzt. Gerade im Stift Herzogenburg müssen noch offene Fragen geklärt werden. Das Kloster sei im Gegensatz zu den meisten anderen Klöstern während der Zeit des NS-Regimes nicht aufgelöst gewesen. Es habe damals "Saisonarbeiter" gegeben. "Ob es sich dabei um Zwangsarbeiter gehandelt hat, konnten uns bis jetzt nicht einmal Historiker sagen", erklärte Fürnsinn.

 

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Letztes Update dieser Seite am  11.07.2006 um 10:36