Bischof Krätzl: "Der Geist des Konzils läßt sich nicht aufhalten" Im Mai wird in Graz über "Charta Oecumenica" beraten Kath. Kirche und Medien: Wer trägt Schuld an "bad news"? Schweißtuch von Oviedo und Grabtuch von Turin stammen von selber Person

News vom 01. Februar 1999 - 07. Februar 1999

 

 

Kirche und Medien: Wer trägt Schuld an "bad news"?

Zu einer Kontroverse über die Frage, wer Verantwortung für die "schlechte Presse" der katholischen Kirche in Österreich in der jüngsten Zeit trägt, entwickelte sich der "Jour fixe" des Verbandes Katholischer Publizisten Österreichs am Mittwoch abend in Wien. Der Wiener Generalvikar Msgr. Helmut Schüller sagte, ihm sei klar, daß es keine Kirchenberichterstattung ohne "bad news" geben könne. Er wundere sich allerdings, daß sich auch Medien, die den Anspruch auf Seriosität und Qualität erheben, immer weniger um eine "richtige Gewichtung" der Inhalte und der handelnden Personen bemühten.

Es sei allgemein eine Tendenz zu einem "Sprechblasen-Journalismus" festzustellen. Es werde seiner Erfahrung nach oft wenig sorgfältig recherchiert, Bericht und Kommentar vermischten sich zusehends, kritisierte Schüller. Auch habe er immer häufiger den Eindruck, daß "Leitgeschichten" schon von vornherein feststünden; Aussagen von Kirchenvertretern dazu würden nur mehr in dem Ausmaß eingeholt oder wiedergegeben, in dem sie diese Linie bestätigen.

"Kurier"-Redakteur Norbert Stanzel widersprach der Einschätzung Schüllers und meinte, die Kirche habe sich bis heute zu wenig auf die Funktionsweise der Medien eingestellt - auch wenn sie in der vergangenen Jahren einiges dazugelernt habe. Reaktionen hoher Amtsträger zu wichtigen Fragen erfolgten oft zu langsam, auch mache einem die Kirche die Recherche "nicht immer leicht". Die Qualität der Kirchenberichterstattung in den profanen Medien in Österreich habe sich in den vergangenen Jahren nicht verschlechtert, sondern im Gegenteil verbessert. Heute könne es sich kein einigermaßen ernstzunehmendes Medium mehr leisten, auf einen im Bereich Kirchen und Religion versierten Redakteur zu verzichten, so Stanzel bei der Veranstaltung, die unter dem Thema stand "Only bad news are good news - Berichterstattung und Kommentierung der österreichischen Kirchenkrise".

Der Salzburger Kommunikationswissenschaftler Prof. Michael Schmolke ortete dem entgegen in den gegenwärtigen Entwicklungen in der Medienlandschaft eine wesentliche Ursache auch des Konfliktes zwischen Kirche und Medien. Die Nachrichtenforschung habe nachgewiesen, daß sowohl bei den Journalisten als auch bei den Lesern die "bad news" - Unfälle, Katastrophen, Konflikte - sowohl in der Aufmerksamkeit als auch in der Erinnerung die höchsten Werte aufweisen. Der zunehmende wirtschaftliche Konkurrenzkampf auf dem Medienmarkt treibe diese Konzentration auf den Konflikt immer mehr auf die Spitze. So seien etwa einzelne Bischöfe nicht wegen sachlicher Kompetenz, sondern als "Konfliktbringer" interessant.

Stanzel meinte dagegen, daß gerade die journalistische Konkurrenz die Qualität der Berichterstattung hebe. Auch suchten die Journalisten zurecht jene "Konflikte" aufzuzeigen, die von den Verantwortlichen in den verschiedenen Bereichen gerne verschwiegen oder übergangen werden. Zudem habe es gerade im vergangenen Jahr nicht nur "bad news" über die Kirche gegeben; die Salzburger Delegiertenversammlung zum "Dialog für Österreich" etwa sei in den Medien durchwegs positiv aufgenommen worden. Zudem liege es nicht selten am jeweiligen Leser, eine Nachricht als gut oder schlecht einzustufen.

Nach Ansicht Schmolkes kommt im Verhältnis von Kirche und Medien erschwerend hinzu, daß ein Bischof oder Priester die christlichen Prinzipien "gelegen oder ungelegen" verkünden müsse. Der schnelle Wertewandel in den vergangenen Jahrzehnten habe manche kirchliche Verantwortungsträger allerdings verunsichert; die Folge seien Differenzen untereinander in der Frage, wie "zeitkompatibel" die christliche Botschaft interpretiert bzw. dargestellt werden soll.

Generalvikar Schüller widersprach der Forderung nach einer zentralistischen und straff durchorganisierten Medienpolitik der Kirche. Sie sei nicht möglich, weil die Kirche nicht zentralistisch, sondern föderalistisch organisiert sei. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz eines Landes sei nicht der "Chef" der übrigen Bischöfe. Es sei - so Schüller - auch durchaus legitim und notwendig, den innerkirchlichen Disput öffentlich auszutragen. Dabei müsse allerdings zwischen einer sachlichen Kontroverse und einem ins Persönliche gehenden Konflikt unterschieden werden; letztere seien dem Bild der Kirche in der Öffentlichkeit wenig zuträglich. Er gestehe aber auch ein, daß zu manchen wichtigen Themen eine vorausblickende Meinungsbildung innerhalb der Bischofskonferenz wünschenswert wäre, bevor man damit in die Medien geht. Auch sei eine "schnelle" Reaktion auf aktuelle Themen in den Medien nicht in jedem Fall besser; sie könne ein Thema erst richtig anheizen, hier gelte es von Fall zu Fall abzuwägen, hob der Wiener Generalvikar hervor. Ähnliches gelte für Reaktionen von Bischöfen auf die Aussagen anderer Bischöfe. Werde nicht reagiert, komme der Vorwurf, die Bischöfe seien konfliktscheu und wollten ihre Differenzen zudecken; werde reagiert, dann rege sich Kritik, daß streitende Bischöfe ein unwürdiges Bild abgäben. Im übrigen - so Schüller - gebe es in der Kirche seit ihren Anfängen die Auseinandersetzungen darüber, wie weit sie sich auf die Gesellschaft und deren Veränderungen einlassen kann, ohne ihre Identität zu verraten. Die "Kirchenkrise" sei so gesehen "eine ewige". Im Österreich der Gegenwart habe es ohnehin sehr lange gedauert, bis die Kirche aus ihrem "behaglichen gesellschaftlichen Nest" fiel.

 

Neue Ordenshochschule in der Diözese St.Pölten im Aufbau

In der Diözese St. Pölten ist eine neue theologische Ausbildungsstätte im Aufbau begriffen. Sie ist mit dem Kloster der "Servi Jesu et Mariae" in Blindenmarkt (Niederösterreich) verbunden und fällt in die Zuständigkeit der vatikanischen Kommission "Ecclesia Dei". Aufgabe der Kommission ist die Integration von "Traditionalisten", die den schismatischen Weg des verstorbenen Erzbischofs Lefebvre nicht mitgehen möchten, aber auch die Sorge für jene Katholiken, die den "vorkonziliaren" Meßritus von 1962 beibehalten wollen.

Die Kommission "Ecclesia Dei" hatte im Juli 1994 der Gemeinschaft "Servi Jesu et Mariae" die kirchliche Anerkennung als "Kongregation päpstlichen Rechts" erteilt. Im selben Jahr erhielt die Gemeinschaft die Erlaubnis, in der Diözese St. Pölten tätig zu werden. Die "Servi Jesu et Mariae" erwarben daraufhin das Schloß Auhof in Blindenmarkt bei Amstetten. Generaloberer der Gemeinschaft ist der Deutsche P. Andreas Hönisch. Ursprünglich Jesuit, widmete er sich später der in Deutschland wegen ihrer "konservativen" Ausrichtung umstrittenen "Katholischen Pfadinderschaft Europas" (KPE) und verließ die Gesellschaft Jesu, um die "Servi" zu gründen. Als Hauptaufgabengebiet der "Servi Jesu et Mariae" wird im "Annuario Pontificio" die Jugendseelsorge, insbesondere im Pfadfinderbereich, genannt. Die "Servi" halten die Meßfeier im Ritus von 1962 in lateinischer Sprache.

Leiter der neuen Ausbildungsstätte in Blindenmarkt ist P. Paul Schindele. Er sprach gegenüber "Kathpress" von einem kontinuierlichen Aufbauprozeß seit der Eröffnung der Philosophisch-Theologischen Schule 1997. Das Sommersemester beginne mit dem Aschermittwoch; rund 20 Studenten würden derzeit in einer fünfjährigen Ausbildung bis zur Priesterweihe geführt. Die Ausbildungsrichtlinien der von Kardinal Pio Laghi geleiteten vatikanischen Bildungskongregation würden strikt eingehalten. Professoren kämen aus Deutschland, der Schweiz, Ungarn und Liechtenstein (dort besteht seit 1987 eine katholische Privathochschule, die "Internationale Akademie für Philosophie" (IAP), die von Prof. Josef Seifert begründet wurde). Namen wollte Schindele nicht nennen.

Die "Servi Jesu et Mariae" hatten ursprünglich in Mussenhausen in der Diözese Augsburg ihren Hauptsitz. Der Augsburger Bischof Viktor Dammertz ordnete aber 1995 an, daß die "Servi" die Diözese verlassen müssen. Von Mussenhausen aus hatten die Kandidaten der Gemeinschaft ihr Studium am nahegelegenen Seminar Wigratzbad der Petrus-Bruderschaft absolviert. Die Petrus-Bruderschaft wurde begründet, um jene Anhänger Lefebvres aufzufangen, die keinen Bruch mit Rom wollen.

 

Schweißtuch von Oviedo und Grabtuch von Turin von selber Person

Das im spanischen Oviedo aufbewahrte "Schweißtuch Christi" und das "Turiner Grabtuch" bedeckten nach Expertenangaben dieselbe Person. Wie der Vizepräsident des spanischen Zentrums zur Untersuchung des Turiner Grabtuchs, Jorge Manuel Rodriguez, in Valencia berichtete, liegt die Übereinstimmung bei der Analyse der Blutreste auf beiden Stoffen bei mehr als 90 Prozent.

Damit kann nach Überzeugung der Expertenkommission nicht mehr von einem Zufall gesprochen werden, wird Rodriguez von der Kathpress zitiert. Das Schweißtuch von Oviedo war von 30 Wissenschaftern aus Italien, Spanien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten untersucht worden. Die Existenz des Schweißtuchs könne bis zum 7. Jahrhundert zurückverfolgt werden, so Rodriguez.

 

Im Mai wird in Graz über "Charta Oecumenica" beraten

In der steirischen Landeshauptstadt wird im Mai - wie zuletzt bei der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1997 (EÖV 2)- wieder ein wichtiger ökumenischer Akzent gesetzt. Vertreter der "Konferenz Europäischer Kirchen" (CEC) und des "Rates der Europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE) wollen in Graz das Projekt einer "Charta Oecumenica" voranbringen, für die es bereits einen ersten Entwurf gibt. Bei der "Charta Oecumenica" wird es sich um ein von allen Kirchen zu unterzeichnendes europäisches Grundsatzdokument über Rechte und Pflichten der Kirchen in ihrem Verhältnis zueinander handeln. Der Beschluß zur Erstellung der "Charta Oecumenica" war 1997 in Graz bei der "EÖV 2" gefallen. In einem Interview mit der "Kärntner Kirchenzeitung" stellte der Grundsatzreferent der CEC, Rüdiger Noll, das Charta-Projekt vor. Man wolle "Richtlinien für die Beziehungen der Kirchen untereinander aufstellen", in denen es um den Umgang mit den "heißen Eisen" der "praktischen Ökumene" geht: Mehrheitskirche-Minderheitskirche; Proselytismus; Feindbildabbau; Versöhnung. Wie Noll betonte, soll auch ein zweites, in Graz 1997 empfohlenes Projekt weiterbehandelt werden: der Aufbau einer europäischen Schlichtungskommission.

Als Modell empfohlen werden soll der Dialog von Kirchen über Landesgrenzen hinweg. Würde man zum Beispiel die Kirchen Polens und Rußlands zusammenbringen, "dann würden die Orthodoxen bemerken, daß sie in Polen eine Minderheitskirche sind, die in Rußland eben die dominante Kirche ist, die ihren Status wahren will", so Noll: "Dieses Miteinander-ins-Gespräch-Bringen läßt sie dann aufmerksam werden auf die verschiedenen Konflikte, die es in den einzelnen Ländern gibt. Diesen ökumenischen, über Landesgrenzen hinweggehenden Lernprozeß halte ich für ein wichtiges Element."

Noll berichte, daß es in Rußland konkrete Vorarbeiten zum Aufbau eines Ökumenischen Rates der Kirchen gebe, wobei die "Konferenz Europäischer Kirchen" helfend wirke. Im Blick auf den Proselytismus-Vorwurf von orthodoxer Seite meinte Noll, es müßten "Grauzonen" bereinigt werden: "Was gehört zum genuinen Missionsauftrag einer Kirche, und was ist ein reiner Abwerbungsversuch von einer anderen Kirche?"

Scharfe Kritik übte der CEC-Grundsatzreferent an den Nachbetern der These Samuel Huntingtons von einem bevorstehenden "Clash of civilizations". Huntington glaube an eine Entladung der Spannungen zwischen einer Kultur des westlichen Christentums mit dem Islam zuerst im Mittelmeerraum, und er rechne unverständlicherweise das orthodoxe Christentum zur Kultur des Islams. Das Bild sei grundsätzlich "viel zu einfach gemalt", so Noll. Die Gefahr liege in einem Beharren auf geschichtlichen Zwangsläufigkeiten ohne Versuch, den Dialog aufrechtzuerhalten: "Denn wenn man die These so aufstellt, wie Huntington es tut, dann muß sie zu einem Konflikt führen, weil sie Schranken und Barrieren aufbaut."

Gegenüber der "Kärntner Kirchenzeitung" äußerte Noll Kritik am 1998 verabschiedeten neuen österreichischen Gesetz über religiöse Bekenntnisgemeinschaften. So sei es etwa "kurios", daß zwei altorientalische Kirchen - die armenisch-apostolische und die syrisch-orthodoxe - zu den gesetzlich anerkannten Kirchen zählen, während die zur selben Kirchenfamilie zählende - und zahlenmäßig größere - koptisch-orthodoxe Kirche nur den Status einer Bekenntnisgemeinschaft hat.

Kritik übte Noll auch am Gesetz zur Einrichtung einer Bundesstelle für Sektenfragen. Es gebe "nirgendwo eine Definition dessen, was Sekten sind", und die Frage sei, "ob nicht die Einrichtung eines solchen Beobachtungszentrums mehr zu einer Sektenhysterie führt, als uns hilfreich ist".

 

Bischof Krätzl: "Der Geist des Konzils läßt sich nicht aufhalten"

Der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl plädiert für eine Intensivierung des innerkirchlichen Dialogs. Trotz aller "Enttäuschungen" der letzten Jahre werde die Erneuerung der katholischen Kirche im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils weitergehen. "Der Geist des Konzils läßt sich nicht aufhalten. Wo man sich ihm widersetzt, wird sich manches so ad absurdum führen, daß es dann - wenn auch verspätet - wie von selbst zu großen Änderungen kommen wird", erklärte Krätzl laut Kathpress am Donnerstagabend bei einem Festakt der Zeitschrift "Diakonia".

Anlaß für den Festakt war der Wechsel in der Chefredaktion der internationalen, katholischen Zeitschrift: Die Wiener Theologin Veronika Prüller-Jagenteufel folgt auf Helmut Erharter, der die Zeitschrift 30 Jahre geführt und geprägt hat.

Der Dialog sei auf der Salzburger Delegiertenversammlung wieder "in einer ganz neuen Form erlebbar" gewesen, betonte Krätzl. Jetzt sei der Dialog aber wieder "in Gefahr". Es fehle oft "an der notwendigen Dialog- oder auch Streitkultur". Bedrohlich sei, wenn wohl zum Dialog aufgerufen wird, aber gleichzeitig "viele Vorgaben" gemacht werden.

Krätzl: "Der Spielraum des Dialogs ist eingeengt, wenn man unter der Basis des gemeinsamen Glaubens nicht nur die feierlich definierten Glaubenswahrheiten versteht, sondern unterschiedslos Aussagen des kirchlichen Lehramtes oder gar disziplinäre Bestimmungen".