News 22. 06. 2003

Papst bittet für Verbrechen von Kroaten um Vergebung

Papst Johannes Paul II. hat bei seinem Bosnien-Besuch öffentlich um Vergebung für die Verbrechen von katholischen Kroaten in den vergangenen Kriegen auf dem Balkan gebeten.

Beim Seligsprechungsgottesdienst für Ivan Merz in Banja Luka, wo im Jahr 1942 kroatische Ustascha-Kämpfer rund 2.700 Serben, darunter 500 Kinder, ermordet hatten, sagte der Papst am Sonntag laut „Kathpress“ vor rund 100.000 Menschen, "auch Söhne der katholischen Kirche" hätten hier im Laufe der Geschichte Schuld gegen den Menschen und seine Würde auf sich geladen.

Gegenseitiges Verzeihen

Von Banja Luka aus, das im Laufe der Geschichte von so viel Leiden und so viel Blut gezeichnet worden sei, rufe er Gott deswegen um Barmherzigkeit an. Nur in einem Klima des gegenseitigen Verzeihens und der wahren Versöhnung werde das Gedenken an die schuldlosen Opfer nicht umsonst sein, vielmehr werde es zu neuen Beziehungen der Brüderlichkeit und des Verständnisses beitragen, sagte der Papst.

„Bruder Satan“

Der Papst feierte die Messe neben dem Franziskanerkloster Petricevac, das seinerzeit Heimatkloster von Pater Miroslav Filipovic-Majstorovic war. Dieser wurde als zeitweiliger Kommandant des kroatischen Konzentrationslagers Jasenovac unter dem Namen "Bruder Satan" wegen seiner Grausamkeit bekannt. Unter anderem tötete er bei dem Massaker des Jahres 1942 eigenhändig ein serbisches Kind und rief seine Mitstreiter auf, ebenfalls zu morden. Der Vatikan versetzte ihn daraufhin in den Laienstand. Nach dem Krieg wurde der wahnsinnige Ex-Franziskaner unter Tito verurteilt und hingerichtet.

Aufruf zu Neubeginn

In seiner Predigt ging der Papst auch auf den Bürgerkrieg des vergangenen Jahrzehnts ein. Er rief die durch Krieg und Vertreibung stark dezimierte Minderheit der Katholiken in Bosnien-Herzegovina auf, sich dafür einzusetzen, dass das Leben auf allen Ebenen neu anfange. Sie sollten sich nicht entmutigen lassen und nicht erwarten, dass andere ihre Probleme lösen. "Die Zukunft dieses Landes hängt auch von Euch ab", rief der Papst den Gläubigen zu.

Gruß an Orthodoxe

Optimistisch äußerte sich der Papst über die Entwicklung der Beziehungen zwischen der serbisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche. Er übermittelte einen "brüderlichen Gruß" an den Belgrader Patriarchen Pavle I. und die Mitglieder des Heiligen Synods der serbischen Kirche. Der Weg zum wechselseitigen Verständnis der beiden Kirchen habe in jüngster Zeit neuen Schwung bekommen, erklärte der Papst.

Seligsprechung von Merz

Bei der Seligsprechungsmesse erinnerte Johannes Paul II. daran, dass der in Banja Luka geborene Ivan Merz "ein Programm des Lebens und der Tat" für eine ganze Generation junger Katholiken entworfen habe. Dieses Programm - "Opfer, Eucharistie, Apostolat" - sei auch heute gültig. Der 1896 in Banja Luka geborene Ivan Merz ging einen ganz anderen Weg als viele andere selig- und heilig gesprochene Christen seiner Epoche. Seine Familie war nur in dem Ausmaß "katholisch", wie es in einer österreichischen Offiziersfamilie um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert üblich war. Er war kein Priesteramtskandidat, gehörte keinem Orden und keiner spirituellen Gemeinschaft an.

Krieg prägend

Wie für viele Angehörige seiner Generation war auch für Merz - der mit 19 eingezogen wurde - das Kriegserlebnis prägend. Zwei Jahre verbrachte der Jugendliche in der Hölle der italienischen Front im Ersten Weltkrieg; das Erlebnis des Grauens trug zu seiner spirituellen Vertiefung bei. Nach dem Krieg setzte er seine Studien in Wien und in Paris fort, wo er seine Dissertation über "Den Einfluss der Liturgie auf französische Schriftsteller von Chateaubriand bis heute" schrieb. Bis zu seinem frühen Tod arbeitete Merz als Mittelschullehrer für Deutsch und Französisch in Zagreb. Seine sterbliche Hülle ruht in Zagreb.

Zahlreiche Bischöfe

An der Seligsprechungsfeier in Banja Luka nahmen alle bosnischen Bischöfe teil - an der Spitze Kardinal Kardinal Vinko Puljic, der aus der Diözese Banja Luka stammt. Auch aus dem Ausland waren zahlreiche Bischöfe anwesend, unter ihnen aus Österreich der Grazer Weihbischof Franz Lackner und der frühere steirische Generalvikar und jetzige Dompropst Leopold Städtler.

 

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