Nach Anerkennung: Österreichs Aleviten gespalten
Nach dem positiven Bescheid zum Antrag des „Kulturvereins der Wiener
Aleviten“ über die Anerkennung als „Islamisch Alevitische
Glaubensgemeinschaft in Österreich“ sind die österreichischen Aleviten
gespalten. Die übergeordnete „Föderation der Aleviten-Gemeinden in
Österreich“ überlegt eine weitere VfGh-Beschwerde.
Seit knapp einer Woche ist es offiziell: die
österreichischen Aleviten sind vom Kultusamt im Bildungsministerium als
religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit der Bezeichnung „Islamisch Alevitische
Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)“ anerkannt worden. Die Anerkennung
setzt damit zugleich einen vorläufigen Endpunkt unter ein langwieriges
Verfahren, das sowohl auf rechtlicher Seite mit der Befassung des
Verfassungsgerichtshofes (VfGH)) als auch unter den Aleviten, die in sich
gespalten sind, für Aufsehen sorgte.
Wien vs. Föderation
Dem Anerkennungsverfahren ging zum einen ein interner
Streit unter den Aleviten voraus, zum anderen die Aufsehen erregende
Aufhebung eines ablehnenden Bescheids des Kultusministeriums durch den
Verfassungsgerichtshof. Über einen längeren Zeitraum lagen bereits zwei
Anträge auf Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft im Ministerium vor: ein
Antrag des „Kulturvereins der Aleviten in Wien“, die als
„Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft“ anerkannt werden wollten; ein
weiterer Antrag lag von Seiten der „Förderation der Aleviten-Gemeinden in
Österreich“ (AABF) vor, der ausdrücklich nicht das Wort „islamisch“
enthielt. Die nunmehrige Anerkennung fußt auf dem Antrag des „Kulturvereins
der Aleviten in Wien“, der intern aber eigentlich der Föderation unterstellt
ist.
Interner Streit: Zurückhaltende Reaktionen
Mit Zurückhaltung reagierte also die AABF auf die
Anerkennung des „Kulturvereins der Aleviten in Wien“ als
Bekenntnisgemeinschaft. Der Aleviten-Kulturverein vertrete „weder alle
Aleviten in Österreich, noch alle im Bundesland Wien“, denn
vertretungsberechtigt sei ausschließlich die Föderation. Außerdem
proklamiere die Eintragung als „Islamisch Alevitische
Glaubensgemeinschaft in Österreich“ das Alevitentum als „eine weitere
islamische Konfession“, womit jedoch die „Eigenständigkeit der alevitischen
Glaubenslehre verleugnet“ werde, hieß es in einer Presserklärung der
Föderation.
Die Entscheidung des Kultusamtes über den von der AABF
eingebrachten Antrag um Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft
steht weiterhin aus, wird aber, wie Pressesprecher Deniz Karabulut in der Wochenzeitung „Die Furche“
am kommenden Donnerstag bestätigt, wahrscheinlich
negativ ausfallen. Dementsprechend wertet die AABF die Anerkennung ihres
Wiener Tochtervereins auf ihrer Website auch als „erfreulich, aber
problematisch“. Die Föderation, so heißt dort es weiter, werde über „die
weitere Vorgehensweise, darunter womöglich auch über die Einreichung einer
VfGH-Beschwerde, mit seinen zuständigen Gremien ausführlich beraten. Die
endgültige Entscheidung der AABF wird höchstwahrscheinlich Anfang Jänner
2011 im Wege einer Pressekonferenz veröffentlicht werden.“
Islamisch oder nicht?
Hinter der Doppelstruktur der Aleviten in Österreich
steht ein langer Streit um das religiös-theologische Verhältnis zum Islam
und entsprechend zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ).
Dem Kulturverein ging es mit seinem Antrag auf Anerkennung um die bewusste
Abgrenzung von der IGGiÖ, in der sich die Aleviten nicht vertreten sehen.
Eine Tatsache übrigens, die auf Gegenseitigkeit beruht, da die Aleviten mit
ihrer stärker laizistischen Grundeinstellung zum Islam und ihren zum Teil
eigenen kulturellen Traditionen von der IGGiÖ nicht als Muslime gesehen
werden, wie IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh mehrfach betont hatte.
Kathpress, religion.orf.at
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