News 21. 12. 2010

Nach Anerkennung: Österreichs Aleviten gespalten

Nach dem positiven Bescheid zum Antrag des „Kulturvereins der Wiener Aleviten“ über die Anerkennung als „Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ sind die österreichischen Aleviten gespalten. Die übergeordnete „Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich“ überlegt eine weitere VfGh-Beschwerde.

Seit knapp einer Woche ist es offiziell: die österreichischen Aleviten sind vom Kultusamt im Bildungsministerium als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit der Bezeichnung „Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)“ anerkannt worden. Die Anerkennung setzt damit zugleich einen vorläufigen Endpunkt unter ein langwieriges Verfahren, das sowohl auf rechtlicher Seite mit der Befassung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH)) als auch unter den Aleviten, die in sich gespalten sind, für Aufsehen sorgte.

Wien vs. Föderation

Dem Anerkennungsverfahren ging zum einen ein interner Streit unter den Aleviten voraus, zum anderen die Aufsehen erregende Aufhebung eines ablehnenden Bescheids des Kultusministeriums durch den Verfassungsgerichtshof. Über einen längeren Zeitraum lagen bereits zwei Anträge auf Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft im Ministerium vor: ein Antrag des „Kulturvereins der Aleviten in Wien“, die als „Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft“ anerkannt werden wollten; ein weiterer Antrag lag von Seiten der „Förderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich“ (AABF) vor, der ausdrücklich nicht das Wort „islamisch“ enthielt. Die nunmehrige Anerkennung fußt auf dem Antrag des „Kulturvereins der Aleviten in Wien“, der intern aber eigentlich der Föderation unterstellt ist.

Interner Streit: Zurückhaltende Reaktionen

Mit Zurückhaltung reagierte also die AABF auf die Anerkennung des „Kulturvereins der Aleviten in Wien“ als Bekenntnisgemeinschaft. Der Aleviten-Kulturverein vertrete „weder alle Aleviten in Österreich, noch alle im Bundesland Wien“, denn vertretungsberechtigt sei ausschließlich die Föderation. Außerdem proklamiere die Eintragung als „Islamisch Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ das Alevitentum als „eine weitere islamische Konfession“, womit jedoch die „Eigenständigkeit der alevitischen Glaubenslehre verleugnet“ werde, hieß es in einer Presserklärung der Föderation.

Die Entscheidung des Kultusamtes über den von der AABF eingebrachten Antrag um Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft steht weiterhin aus, wird aber, wie Pressesprecher Deniz Karabulut in der Wochenzeitung „Die Furche“ am kommenden Donnerstag bestätigt, wahrscheinlich negativ ausfallen. Dementsprechend wertet die AABF die Anerkennung ihres Wiener Tochtervereins auf ihrer Website auch als „erfreulich, aber problematisch“. Die Föderation, so heißt dort es weiter, werde über „die weitere Vorgehensweise, darunter womöglich auch über die Einreichung einer VfGH-Beschwerde, mit seinen zuständigen Gremien ausführlich beraten. Die endgültige Entscheidung der AABF wird höchstwahrscheinlich Anfang Jänner 2011 im Wege einer Pressekonferenz veröffentlicht werden.“

Islamisch oder nicht?

Hinter der Doppelstruktur der Aleviten in Österreich steht ein langer Streit um das religiös-theologische Verhältnis zum Islam und entsprechend zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Dem Kulturverein ging es mit seinem Antrag auf Anerkennung um die bewusste Abgrenzung von der IGGiÖ, in der sich die Aleviten nicht vertreten sehen. Eine Tatsache übrigens, die auf Gegenseitigkeit beruht, da die Aleviten mit ihrer stärker laizistischen Grundeinstellung zum Islam und ihren zum Teil eigenen kulturellen Traditionen von der IGGiÖ nicht als Muslime gesehen werden, wie IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh mehrfach betont hatte.

 

Kathpress, religion.orf.at

 
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