News 10. 05. 2012

Küng: Katholische Kirche erinnert an totalitäre Systeme 

Der deutsche Theologe Hans Küng sieht in der katholischen Kirche immer mehr Parallelen zu Diktaturen. Der römischen Kurie sei es gelungen, die Bischöfe weltweit durch eine enge Beaufsichtigung und mit Hilfe von Denunzianten zu einem fügsamen Apparat zu formen, so der 84-jährige. Dieser Apparat erinnere „in seiner Machtstruktur an Leitungskader in totalitären und diktatorischen Systemen, wo auch niemand eine abweichende Meinung zu äußern wagt“.

Der „mittelalterlich gepolte“ Papst Benedikt XVI. blockiere Reformen und riskiere dadurch sehenden Auges den Zusammenbruch von Seelsorge und Gemeinden, schrieb Küng Professor am Donnerstag in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. Heftige Kritik übte er auch am Katholikentag, zu dem vom kommenden Mittwoch an in Mannheim fast 30 000 Dauerteilnehmer sowie zehntausende Tagesgäste erwartet werden.

„Kirchenvolk beruhigt statt ernstgenommen“

„Das Kirchenvolk soll beruhigt statt ernstgenommen, die Reformverweigerung in Mannheim mit Aufbruchsgerede überspielt werden“, so Küng. Deshalb habe er eine Einladung zu dem großen Laienforum abgelehnt, das unter den Motto „Einen neuen Aufbruch wagen“ steht. Wenn die Katholiken tatsächlich Veränderungen in der Kirche erreichen wollten, müssten sie den Mut haben, sich auch gegen die Amtskirche zu stellen, meinte Küng.

„Kirchengesetze über Wohl der Gemeinden“

„Bischöfen ist dann kein Gehorsam geschuldet, wenn diese selbst wesentlichen Forderungen des Evangeliums ungehorsam geworden sind, wenn sie die Kirchengesetze über das Wohl der Gemeinden und Seelsorger stellen“, schrieb Küng. Der Vatikan hatte dem Theologen wegen seiner anhaltenden Papstkritik bereits 1979 die Lehrerlaubnis als katholischer Professor entziehen lassen.

 

(APA/DPA)

Mehr Dazu