Papstbesuch 2007 / Hintergrund

Mariazell - ein Wallfahrtsort mit 850-jähriger Geschichte

Seit Jahrhunderten gilt Mariazell als eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten in Mitteleuropa. Der, in der nördlichen Obersteiermark gelegene Ort, zieht mit seiner „Magna Mater Austriae“, der Gnadenstatue von Mariazell, jährlich tausende Pilger an. Heuer feiert der Wallfahrtsort sein 850-jähriges Bestehen. Im Zentrum der Feierlichkeiten steht der 8. September - der Tag, an dem Papst Benedikt XVI. in Mariazell erwartet wird. Anders als in anderen berühmten Marienwallfahrtsorten, etwa Fatima oder Lourdes, hat in Mariazell keine Marienerscheinung stattgefunden.

Der Name des Wallfahrtsortes verweist auf die Gründungslegende: 1157 schickte Abt Otker vom Benediktinerkloster St. Lambrecht einen Mönch namens Magnus in die Gegend, damit er sich dort um die Seelsorge kümmere. Er nahm eine aus Lindenholz geschnitzte Marienstatue mit. Am Abend des 21. Dezember versperrte ihm ein Felsblock den Weg. Magnus wandte sich an die Muttergottes, worauf sich der Felsen spaltete und den Weg freigab. Am Ziel stellte der Mönch die Statue auf einen Baumstrunk und baute eine "Zelle", die als Kapelle und als Unterkunft für ihn selbst diente. Maria in der Zelle gab dem Ort seinen Namen. Die Marienstatue wurde zum berühmten Gnadenbild, das noch heute als „Magna Mater Austriae“, als große Mutter Österreichs, verehrt wird.

Bedeutung auch für Mähren

Zu den Anfängen der Geschichte des Wallfahrtsortes gehört auch die Erzählung, dass Markgraf Heinrich von Mähren und seine Gattin an Gicht gelitten hatten. Auf Weisung des Hl. Wenzel hin machten sie sich auf den Weg nach Mariazell, wo sie Heilung von ihren Leiden erfahren haben sollen. Als Dank ließ der Markgraf im Jahre 1200 rund um die Zelle eine romanische Kapelle errichten. Im Jahr 1342 stiftete Herzog Albrecht II. den Hochaltar und erhob das Dorf zum Markt.

Magna Hungarorum Domina"

Nach dem ersten Sieg der Ungarn über die Türken um 1366 ließ König Ludwig I. die Gnadenkapelle errichten und stiftete die „Magna Hungarorum Domina", ein Madonnenbild, das noch heute am Altar der Schatzkammer, vor allem von ungarischen Gläubigen verehrt wird. Ludwig veranlasste 1380 auch an Stelle des romanischen Vorgängerbaus die Errichtung einer gotischen Hallenkirche, von der noch das Portal erhalten ist. 1420 kamen die Türken das erste Mal bis nach Mariazell, wobei es zu einem Brand des Ortes und der Kirche kommt. Rund zwanzig Jahre später soll in Mariazell die erste Teufelsaustreibung stattgefunden haben. Bis heute ist die Demonstration der Szene an der Außenfassade der Wallfahrtskirche sichtbar.

Ein "Reichsheiligtum"?

In der Reformationszeit wetterte Martin Luther heftig gegen Ablasshandel, Pilgerfahrten und Heiligenverehrung, wodurch auch in Mariazell die Zahl der Wallfahrten stark abnahm. Mit der Rekatholisierung des Landes, der Gegenreformation, nahm auch die Bedeutung Mariazells wieder zu. Das spirituell-religiöse Wiedererblühen war dabei allerdings auch mit einer politisch-patriotischen Vereinnahmung des Wallfahrtortes verknüpft. "Mariazell wurde zum Reichsheiligtum erhoben", wie der Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann bei einer 2007 in Mariazell veranstalteten ökumenischen Fachtagung erklärte. Eine Entwicklung, die - wie der frühere Burgenländische evangelische Superintendent und Historiker Gustav Reingrabner bei derselben Tagung betonte, für Nichtkatholiken sehr problematisch war. Auch nach dem Ende der Monarchie sei der Wallfahrtsort weiter zur ideologischen Untermauerung bestimmter Ansprüche oder Wünsche benützt worden. Die "Bemühung Mariazells zur Identifikation von Bekenntnis, Kirche und politischem Anliegen" sei eine "von Nichtkatholiken nur schwer zu akzeptierende Wirklichkeit", so Reingrabner bei der ökumenischen Tagung.

Barocke Veränderungen 

Der barocke Erweiterungsbau entstand ab 1644 nach Plänen des St. Lambrechter Stiftsbaumeisters Domenico Sciassia. Der gotische Chor im Osten wurde 1654 abgebrochen, um Platz für die barocke Raumfolge zu schaffen. Durch das Vortreten der Sakristeibauten erhielt die Kirche einen kreuzförmigen Grundriss. Die gotische Halle ist 42 Meter lang, 20 Meter breit und 19 Meter hoch. Die Gesamtlänge der Kirche beträgt 84 Meter, die Breite 30 Meter. Der Mariazeller Hochaltar wurde von Johann Bernhard Fischer von Erlach gestaltet.

„Wallfahrt der Völker"

Wie kaum ein anderer Wallfahrtsort blieb Mariazell über die Tage der Habsburger-Monarchie und der Zeit des Eisernen Vorhangs hinweg bis heute mit den katholischen Völkern Mittel- und Osteuropas verbunden. Eine historische „Wallfahrt der Völker" erlebte Mariazell am 22. Mai 2004: Wenige Wochen nach der Erweiterung der Europäischen Union kamen an die 100.000 Pilger aus Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Österreich und feierten gemeinsam den Höhepunkt des Mitteleuropäischen Katholikentags.

Jugendwallfahrt im Vorfeld des Papstbesuches

Im Vorfeld des Besuches von Benedikt XVI. im Jubiläumsjahr 2007 stand der steirische Marienwallfahrtsort im Zentrum der Jugendwallfahrt. Mitte August pilgerten rund 3.000 junge Katholiken aus ganz Europa mit Mopeds, Fahrrädern und Inline-Skates nach Mariazell zum ersten Höhepunkt der 850-Jahr Feier. Zum Abschluss der Jugendwallfahrt sandte Benedikt per Videowand Grußworte an die jungen Pilger. Nicht nur virtuell, sondern ganz real, wird sich der Heilige Vater am 8. September zur Basilika der  Pilgerstätte begeben. Es ist nicht sein erster Besuch in Mariazell. Bereits 2004, damals noch in seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation, besuchte er die Gnadenstätte.

 

 

 

News zum Thema:

- 17. 08. 2007: Jugendwallfahrt in Mariazell beendet

- 14. 08. 2007: Jugendwallfahrt: Veranstalter sehen Erwartungen erfüllt

- 19. 03. 2007: Marienverehrung und Ökumene

 

Rückblick:

- Die "Wallfahrt der Völker" im Jahr 2004

 

 

 
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