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News 12. 01. 2007 |
Der einsame Kampf eines polnischen Priesters für die WahrheitSeit über einem Jahr führt Pater Tadeusz Isakowicz-Zaleski einen einsamen Kampf. Sein Ziel: Polens katholische Kirche soll endlich aufklären, welche Priester dem Druck des früheren kommunistischen Staatssicherheitsdiensts (SB) nicht standhielten und zu Spitzeln wurden. Ein Bericht von von Maja Czarnecka/AFP.Im Oktober 2005 las Isakowicz-Zaleski in den SB-Archiven, was über ihn als Solidarnosc-Priester im Arbeitervorort Nowa Huta bei Krakau in den 80er Jahren gesammelt worden war. "Ich habe entdeckt, dass unter den Denunzianten, die Berichte über mich anfertigten, auch Priester waren. Das war ein Schock", sagt der Kirchenmann in einem AFP-Gespräch. Vom Geheimdienst misshandeltBeinahe hätte Iskowicz-Zaleski mit dem eigenen Leben für seinen Glauben und den Widerstand gegen den Kommunismus bezahlt. Zwei Mal wurde der heute 50-Jährige 1985 von SB-Agenten schwer misshandelt. Der Reisepass, den er für ein Doktorat in Rom gebraucht hätte, wurde ihm verweigert. Zuvor hatte Isakowicz-Zaleski zwei Jahre Militärdienst in einer besonders gefährlichen Minenräumeinheit leisten müssen. Kardinal nannte Isakowicz-Zaleski einen "Super-Agenten"Nach der Wende hatte der Priester vergeblich versucht, seine Kirche zur Aufklärung von mutmaßlichen Kolloborationsfällen anzuhalten. "Ich habe Verantwortliche in der Kirche alarmiert, dass die Archive wahre Zeitbomben enthalten", sagt Isakowicz-Zaleski. Und das, obwohl der SB bei Zusammenbruch des kommunistischen Systems die meisten Akten über den Klerus zerstört hatte. Doch die "zahlreichen Kommissionen" der Kirche hätten "nichts zu Stande gebracht", bedauert der Priester. Stattdessen versuchte die Kirche lange Zeit, Isakowicz-Zaleski an weiteren Nachforschungen zu hindern. "Man hat mir sogar geraten, alles zu verbrennen." Der Priester wurde als "Feind der Kirche" und "Inquisitor" beschimpft. Polens Primas Kardinal Jozef Glemp bezeichnete ihn sogar als "Super-Agenten". Später entschuldigte er sich dafür. Kardinal Stanislaw Dziwisz, Erzbischof von Krakau und Privatsekretär des früheren aus Polen stammenden Papstes Johannes Paul II., verbat Isakowicz-Zaleski zeitweise weitere Recherchen. Staatspräsident Lech Kaczynski hingegen, dessen rechtskonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Polen von den alten Seilschaften und Überresten des kommunistischen Systems befreien will, verlieh dem Priester eine der höchsten Auszeichnungen des Landes. "Die tiefste Krise"Mit Bitterkeit sieht Isakowicz-Zaleski heute, wie die jüngsten Ereignisse ihm Recht geben. Der Fall des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus, der wegen seiner früheren Mitarbeit beim Geheimdienst nach nur zwei Tagen im Amt zurücktreten musste, hat die Kirche in Polen und ihre Gläubigen erschüttert. "Heute durchlebt die polnische Kirche ihre tiefste Krise seit dem Fall des Kommunismus", sagt Isakowicz-Zaleski. "Dabei hätte sie das verhindern können." Kirchlicher WiderstandDadurch, dass nun mit großem Medienaufgebot vereinzelte Fälle von Spitzeln in Soutane ans Tageslicht kommen, drohe der hartnäckige Widerstand der Kirche gegen das kommunistische Regime in Vergessenheit zu geraten, bedauert der Priester. Ende Februar will Isakowicz-Zaleski ein Buch über die Beziehungen zwischen der Kirche und den Staatssicherheitsdienst veröffentlichen. Darin nennt er 39 Namen von ehemaligen Agenten, darunter vier Bischöfe. Doch auf die Spitzel unter den Priestern kommt er erst im siebten Kapitel zu sprechen. Ein großer Teil ist den Geistlichen gewidmet, die standhaft blieben. Die Kirche habe wirklich nichts zu befürchten, beteuert der streitbare Priester. "Nur zehn Prozent der Priester kollaborierten. Die anderen haben das kommunistische System erhobenen Hauptes verlassen", sagt Isakowicz-Zaleski. Schon vor einigen Jahren wäre es an der Zeit gewesen, in Stille und mit der Bitte um Vergebung die wenigen Fälle von Kollaboration einzugestehen - "eine Vergebung, die die Gesellschaft sicher gewährt hätte", betont er. "Als mir vor zehn Jahren ein Priester gestand, über mich Berichte geschrieben zu haben, habe ich nicht gezögert, ihm zu vergeben. Unser Glaube ist die Barmherzigkeit und die Wahrheit."
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