News 23. 05. 2008

Der Katholikentag am Freitag

Nach Auftritten zahlreicher Spitzenpolitiker am Donnerstag wird sich der 97. Deutsche Katholikentag in Osnabrück heute, Freitag, vor allem mit innerkirchlichen Themen beschäftigen. Die Zukunft der Ökumene wird ebenso zur Sprache kommen wie der Umgang mit sexueller Gewalt in der Kirche. Eröffnet wurde der Katholikentag am Mittwochabend mit einem Aufruf des Papstes zum politischen Engagement von Katholiken.

In einem vom Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Périsset, verlesenen Grußwort rief Papst Benedikt XVI. die Katholiken dazu auf, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen: "Überlasst die Gestaltung der Zukunft nicht nur anderen."

Christen und Juden wollen keinen Streit um Karfreitagsfürbitte

Am Donnerstagabend betonten der frühere Augsburger Landesrabbiner Henry Brandt und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, in Osnabrück am Donnerstagabend das geschwisterliche Verhältnis von Juden und Christen. Am Ende einer gemeinschaftlichen Feierstunde umarmten sich die beiden Geistlichen demonstrativ und setzten so ein Zeichen der Versöhnung – vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die katholische Karfreitagsfürbitte. Brandt zuvor den von Papst Benedikt XVI. eingeführten außerordentlichen Ritus der Karfreitagsfürbitte scharf kritisiert. "Die Formulierung ist nicht akzeptabel", sagte er unter großem Beifall. Er sprach die Befürchtung aus, die neu formulierte Fürbitte sei eine "Wende von der Wende". Nach fast zwei Jahrtausenden der Judenverfolgung hätten die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. eine neue Epoche der Geschwisterlichkeit zwischen Juden und Katholiken begründet. Viele Juden hätten Angst, dass diese Phase wieder vorbei sei. Zollitsch entgegnete darauf: "Es wird keine Wende von der Wende geben. Dieser Weg geht nach vorn, und dafür stehe ich." Auch hier applaudierten die Teilnehmer der Feier.

Umstrittene Fürbitte

Papst Benedikt hatte im neu eingeführten außerordentlichen Ritus der Karfreitagsfürbitte in lateinischer Sprache eine Formulierung gewählt, in der darum gebeten wird, dass auch "die Juden Jesus Christus als die Retter aller Menschen erkennen". Das Beharren des Papstes auf dieser Formulierung hatte im Frühjahr weltweit Kritik hervorgerufen, weil es als Aufruf zur Missionierung der Juden durch die Christen verstanden worden war.

Thema "Ökumene"

Am Freitag werden beim Katholikentag  vor allem innerkirchliche Themen im Mittelpunkt stehen. So wird etwa Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke mit einem Opfer von sexueller Gewalt in der Kirche diskutieren. Zur Bedeutung der Ökumene werden Aussagen unter anderem vom Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller erwartet. Müller ist Vorsitzender der Ökumenekommission in der Deutschen Bischofskonferenz. Hannovers Landesbischöfin Margot Käßmann wird das Thema aus protestantischer Sicht beleuchten, vor allem im Hinblick auf den 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München.

Zahlreiche Politiker beim Katholikentag

Aus der Politik werden am Freitag unter anderem der Präsident der EU-Kommission in Brüssel, José Manuel Barroso, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle in Osnabrück erwartet. Barroso wird an einer Veranstaltung zur Zukunft der europäischen Friedenspolitik teilnehmen. Bereits am Donnerstag hatten Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Vorsitzender Kurt Beck sowie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) den Katholikentag besucht und an einem Festgottesdienst zu Fronleichnam teilgenommen. Merkel bekannte sich in Osnabrück zu ihrem christlichen Glauben: "Wir haben einen Gott, wir haben Jesus, der uns gezeigt hat, wie wir leben können, das gibt auch mir Kraft." Beck machte sich in Osnabrück erneut für einen Mindestlohn stark.

Exorzismus ist nur ein "Randphänomen"

Nur eine Nebenrolle spielte auf dem Katholikentag das Thema Exorzismus. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Stefan Vesper, bezeichnete Exorzismus als "Randphänomen in der Kirche". "Da stehen auch Bischöfen die Haare zu Berge", so Vesper wörtlich. Vor wenigen Tagen hatte das Erzbistum Paderborn drei Fälle von bischöflich genehmigtem Exorzismus aus jüngerer Zeit bestätigt. In den meisten anderen Bistümern in Deutschland gibt es keine vergleichbaren Fälle, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa. Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema betonte der Referent für Weltanschauungsfragen im Bistum Limburg, Lutz Lemhöfer, dass der Exorzismus in Polen oder Italien relativ häufig praktiziert werde, in Deutschland dagegen nur selten. Ein Grund dafür sei der Fall der Studentin Anneliese Michel, die 1976 im Bistum Würzburg nach zahlreichen Exorzismus-Sitzungen an Unterernährung gestorben war.

 

 

 

 

Weitere News zum Thema:

- 21. 05. 2008: Deutscher Katholikentag in Osnabrück eröffnet

- 19. 05. 2008: 97. deutscher Katholikentag in Osnabrück

 

 

Link:

97. Deutscher Katholikentag

 
zum Seitenanfang Seitenanfang