News 08. 10. 2008

Kardinal Bertone: Kluges Vorgehen von Pius XII. rettete viele Juden

Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone hat Papst Pius XII. (1939-58) gegen den Vorwurf des "Schweigens" zum Holocaust verteidigt. Der Pacelli-Papst "hat nicht geschwiegen, und er war nicht antisemitisch: er war klug", schrieb der Kardinal in einem Beitrag der Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" (Mittwochausgabe).

Mit seinem besonnenen Verhalten habe der Papst zahlreiche Juden und Flüchtlinge retten können. Eine öffentliche Intervention hätte hingegen "das Leben Tausender Juden in Gefahr gebracht, die auf seine Anordnung in 155 Klöstern und Konventen nicht nur in Rom versteckt waren". Insgesamt habe Pius XII. "ungewöhnliche Schritte unternommen, um das Leben von Juden zu schützen", betonte Bertone.

Bertone erinnert an Vorgehen der niederländischen Bischöfe

Welchen Schaden eine öffentliche Kritik an den Nationalsozialisten und der Behandlung der Juden auslösen konnte, habe der Hirtenbrief der niederländischen Bischöfe von 1942 gezeigt, erinnert Bertone. Die Nazis hätten daraufhin die antisemitischen Maßnahmen verschärft. Aufgrund der bischöflichen Anklage seien aus Holland prozentual mehr Juden als aus anderen Ländern deportiert worden - rund 110.000 oder 79 Prozent der jüdischen Bevölkerung, erinnerte Bertone.

Bertone: Pius XII. hat nicht nur geschwiegen

Im übrigen habe Pius XII. keinesfalls nur geschwiegen. Seine Weihnachtsbotschaft von 1942 habe bei Hitler zu einem Wutausbruch ausgelöst. In den vatikanischen Archiven gebe es dafür Belege, so Bertone in dem Beitrag der Vatikan-Zeitung. Forschungen von unabhängigen Historikern würden bestätigen, dass der Pacelli-Papst wirksame Schritte zum Schutz von Juden gesetzt habe. Kritiker werfen Pius XII. vor, nicht vernehmlich gegen die Vernichtung der Juden durch Nazideutschland protestiert zu haben. Den ersten Diskussionsanstoß dazu gab Rolf Hochhuths Theaterstück "Der Stellvertreter" 1963.

Ein umstrittener Papst

Am Donnerstag jährt sich zum 50. Mal der Todestag des Pacelli-Papstes. Zu diesem Anlass feiert Benedikt XVI. im Petersdom eine Gedenkmesse. Pius XII. gehört zu den umstrittensten Päpsten.

Nuntius in Deutschland, Kardinalstaatssekretär und Papst

Eugenio Pacelli wurde am 2. März 1876 in Rom geboren und 1899 zum Priester geweiht. 1917 erfolgte seine Ernennung zum Apostolischen Nuntius in München, wo er das Kriegsende und die Räterepublik erlebte. 1920 wurde er erster päpstlicher Nuntius für ganz Deutschland; in dieser Funktion handelte er Konkordate mit den deutschen Ländern Bayern (1924) und Preußen (1929) aus. 1929 wurde er nach Rom zurückberufen und von Pius XI. zum Kardinalstaatssekretär ernannt. Am Zustandekommen des deutschen Konkordats mit dem Hitler-Regime von 1933 wie auch an der 1937 veröffentlichten Enzyklika "Mit brennender Sorge" (einer scharfen Abrechnung mit dem Nationalsozialismus) war er maßgeblich beteiligt. Nach dem Tod von Pius XI. (Achille Ratti) wurde Pacelli am 2. März 1939 zum Papst gewählt.

 

 

Hintergrund:

- Der Papst und der Holocaust - Vor 50 Jahren starb Pius XII.

 

Webcast:

- Orientierung, 05.10.2008: Papst Pius XII.: Schwieriges Pontifikat in den Jahren des Holocaust

 

 

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