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News 05. 12. 2008 |
Patriarch Alexi II. gestorbenDas Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Alexi II., ist tot. Der Moskauer Patriarch starb am Freitag im Alter von 79 Jahren in seinem Amtssitz in Moskau an einem Herzleiden.Alexi II. führte die Kirche in Russland aus dem Kommunismus in die Demokratie und gilt als Kirchenoberhaupt, das der russischen Orthodoxie neues Leben einhauchte. Alexi II. habe "eine wirkliche Renaissance der russischen Orthodoxie in Gang gesetzt", sagte der Wiener russisch-orthodoxe Bischof Hilarion (Alfejew). Wien-Besuch geplantVom 20. bis zum 23. Dezember wollte Alexi II. Wien einen Besuch abstatten. Im Rahmen des Österreich-Besuchs kurz vor den katholischen Weihnachten sollte die offizielle Weihe der neu renovierten russisch-orthodoxen Nikolauskathedrale in Wien-Landstraße stattfinden. Geplant war unter anderem auch ein Treffen des Patriarchen mit Bundespräsident Heinz Fischer. Nachfolger muss innerhalb von sechs Monaten gewählt werdenNach orthodoxem Brauch soll das Begräbnis des verstorbenen Patriarchen bald, möglicherweise schon am Sonntag, erfolgen. Der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats wird am Samstag zusammentreten, um die notwendigen Maßnahmen zu bestimmen. Bei dem Treffen wird auch der "locum tenens" gewählt, der bis zur Wahl des neuen Patriarchen interimistisch die Geschicke der russisch-orthodoxen Kirche leiten wird. Das Landeskonzil zur Wahl des neuen Patriarchen muss spätestens sechs Monate nach dem Tod des bisherigen Amtsinhabers einberufen werden. In Estland geborenAleksij Michailowitsch Ridiger - Sproß einer baltischen Adelfamilie - wurde am 23. Februar 1929 in der estnischen Hauptstadt Tallinn (Rewal) geboren. Nach seiner Ausbildung am Priesterseminar in St. Petersburg empfing er 1950 die Priesterweihe. Von 1961 bis 1986 war er Metropolit von Tallinn und Estland. Anschließend wurde er Metropolit von St. Petersburg und Nowgorod. Kritik an Staat-Kirche-Beziehungen im Jahr 1987Als Metropolit galt Alexi zunächst als politisch unauffällig. Im Geheimbericht über die orthodoxe Kirche, den Wasilij Furow vom Rat für die religiösen Angelegenheiten 1975 für das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei erstellte, ordnete er Alexi in die Reihe jener Oberhirten ein, die "keine besondere Aktivität zur Ausweitung der Orthodoxie an den Tag legen". Der Metropolit änderte jedoch seine Haltung. Er war der erste hohe orthodoxe Amtsträger, der im September 1987 öffentlich Kritik an den Staat-Kirche-Beziehungen übte und gleiche Rechte für gläubige wie nichtgläubige Bürger forderte. Seit 1990 PatriarchAm 7. Juni 1990 wurde Alexi zum Nachfolger des verstorbenen Patriarchen Pimen und damit zum 15. Patriarchen von Moskau gewählt. Seine Wahl verlief äußerst knapp, erstmals hatte das Landeskonzil in geheimer Abstimmung unter mehreren Kandidaten zu wählen. In der Epiphanie-Kathedrale in Moskau wurde er am 10. Juni 1990 in sein Amt als Patriarch eingeführt. Sein Amtsantritt fiel mit dem Höhepunkt von "Perestrojka" und "Glasnost" und dem beginnenden Zerfall der Sowjetunion zusammen. Im postsowjetischen Russland fiel dem Patriarchen eine Schlüsselstellung zu. Beim sogenannten Oktoberputsch 1993 trat er zunächst als "strikt neutraler Vermittler" auf, um sich nach der Ausschaltung des alten Parlaments "ganz fest" hinter den Präsidenten Boris Jelzin zu stellen. Wieraufbau nach kommunistischer UnterdrückungIm Mittelpunkt der Amtszeit des Patriarchen stand der Wiederaufbau und die Erneuerung der russischen Kirche nach sieben Jahrzehnten kommunistischer Unterdrückung. Innerkirchlich suchte Alexi dabei eine Balance zwischen reformorientierten Kräften und Strömungen, die stark konservativ, antiökumenisch und teilweise auch nationalistisch orientiert sind. Die Neuordnung des Verhältnisses zu Staat und Gesellschaft gestaltete sich für den Patriarchen angesichts der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in den neunziger Jahren zunächst schwierig. In den letzten Jahren haben sich diese Beziehungen aber konsolidiert und deutlich verbessert. Vereinigung mit russischer AuslandskircheZu den großen Verdiensten Alexis zählen Kirchenexperten die Vereinigung mit der zu Sowjetzeiten abgespaltenen Auslandskirche im Vorjahr. Noch am Wochenende hatte der Patriarch in München und damit erstmals im Ausland einen gemeinsamen Gottesdienst mit der russischen Auslandskirche gefeiert. Schwieriges Verhältnis zu RomDer Dialog Moskaus mit der katholischen Kirche gestaltete sich nach 1989 schwierig. Grund dafür war insbesondere das Wiederaufleben der unierten griechisch-katholischen Kirche insbesondere in der Ukraine. Auch wirft Moskau der katholischen Kirche vor, in Russland zu missionieren und Gläubige abzuwerben ("Proselytismus"). Ein für Juni 1997 geplantes Treffen Alexis mit Johannes Paul II. in Österreich scheiterte an diesen Konflikten. Auch ein Zusammentreffen des Moskauer Patriarchen mit Papst Benedikt XVI. kam nicht zustande. In letzter Zeit kam es zu einer Annährung zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und dem Vatikan. So äußerte sich Alexi II. etwa im vergangenen Oktober in einem Brief an Papst Benedikt glücklich über "die Perspektive der Entwicklung guter Beziehungen und positiver Zusammenarbeit zwischen russisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche". Die Basis der Zusammenarbeit bestehe in den "gemeinsamen Wurzeln" und in den "übereinstimmenden Positionen zu vielen Fragen der Welt von heute", so der Patriarch. Alexi für katholisch-orthodoxes Engagement gegen "Homo-Ehen", Euthanasie und AbtreibungenBesonders in gesellschaftspolitischen Fragen trat Alexi für eine Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche ein. So meinte er etwa 2007 in einem Interview mit der Pariser Zeitung "Le Figaro", die katholische und die orthodoxe Kirche sollten gemeinsame "die christlichen Werte gegen einen aggressiven Materialismus" verteidigen. Die beiden Kirchen müssten gemeinsam verhindern, "dass die Werte der Europäischen Union neu definiert werden". Katholiken und Orthodoxe sollten geeint gegen die Legalisierung homosexueller Partnerschaften, Euthanasie und Abtreibungen eintreten. Zuvor hatte das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche die "Zerstörung moralischer Normen" in Europa beklagt und die Verbote von Schwulen-Kundgebungen in Russland verteidigt. Homosexualität sei "eine Krankheit", die die Persönlichkeit der Menschen verändere, so Alexi im Oktober 2007 in einer Ansprache vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg. Kritik am "westlichen" LebensstilKritik äußerte Alexi II. wiederholt an der Politik und der gesellschaftlichen Entwicklung und Lebensweise des "Westens". So verurteilte er nicht nur entschieden den Irak-Krieg, sondern warf den Christen im Westen vor, Orthodoxe und Muslime zu zwingen, "sich fremden gesellschaftlichen und politischen Strukturen zu unterwerfen". Kritisch stand der verstorbene Patriarch auch Darwins Evolutionstheorie gegenüber. "Wer glauben will, dass er vom Affen abstammt, soll das ruhig tun. Aber er darf diese Ansichten niemand anderem aufzwingen", so Alexi II., der sich dafür aussprach, neben der Evolutionstheorie an russischen Schulen auch die biblische Schöpfungsgeschichte zu lehren.
- 06. 12. 2008: Interimsnachfolgerfür Patriarch Alexi bestimmt - 05. 12. 2008: Reaktionen auf den Tod von Patriarch Alexi
TV-Hinweis:
Biografie: - Alexi II. -Ein Patriarch des Wandels und des Ausgleichs
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