News 12.  12. 2008

Vatikan veröffentlichte Bioethik-Dokument "Dignitas Personae"

Der Vatikan wendet sich in einem neuen Bioethik-Dokument gegen jede Form künstlicher Befruchtung, lehnt menschliches Klonen als einen schweren ethischen Verstoß ab und hebt das "Lebensrecht jedes einzelnen Embryos" hervor.  

Der Embryo hat von Anfang an die Würde einer Person. Dies ist die Hauptaussage des neuen Bioethik-Dokuments der vatikanischen Glaubenskongregation, das unter dem Titel "Dignitas Personae" (Die Würde der Person) am Freitag im Vatikan veröffentlicht worden ist. Die Wissenschaft müsse daher die Würde des menschlichen Lebens in all seinen Phasen achten.

Kirche hofft auf Fortschritte

Die Glaubenskongregation beklagte, dass viele Forscher heute die voranschreitende Entwicklung biomedizinischer Technologie in eine "hauptsächlich genetische Perspektive stellen", heißt es in dem 40-seitigen Schreiben. Das Dokument warnte vor den Manipulationen am menschlichen Leben, die im heutigen philosophischen und wissenschaftlichen Umfeld möglich gemacht würden. Die Freiheit der Wissenschaft und des einzelnen Forschers dürfe nicht an den fundamentalen Werten des Menschen rütteln, die auf seiner Menschenwürde basierten. Die Kirche "schaut mit Hoffnung auf die wissenschaftliche Forschung und wünscht, dass sich viele Christen dem Fortschritt in der Biomedizin widmen", hieß es im Text. Daher sollen die Erkenntnisse der Wissenschaft auch den armen und durch Krankheiten stark betroffenen Ländern dieser Erde zur Verfügung gestellt werden.

In-vitro-Befruchtung: Nichts kann die "Produktion" eines Kindes rechtfertigen

Zur In-vitro-Befruchtung heißt es in dem neuen Dokument: "Es fällt auf, dass die allgemeine Ethik und die Gesundheitsbehörden in keinem anderen Medizin-Bereich eine Technik mit einer so hohen Rate an negativen, tödlichen Ausgängen zuließen." Ausdrücklich unterstreicht die Glaubenskongregation, dass die Kirche den Wunsch von Ehepaaren nach einem Kind für berechtigt hält und Verständnis für das Leiden von Menschen hat, die mit Problemen der Unfruchtbarkeit konfrontiert sind: "Dieser Wunsch kann jedoch nicht höher stehen als die Würde jedes menschlichen Lebens; der Wunsch nach einem Kind kann nicht seine 'Produktion' rechtfertigen". Daher tritt die Kirche dafür ein, Verfahren zur Adoption von Waisenkindern zu fördern und gesetzlich zu erleichteren. Die Erfahrung habe gezeigt, so das Vatikan-Dokument, "dass alle Techniken der In-vitro-Befruchtung faktisch so angewendet werden, als ob der menschliche Embryo bloß eine Anhäufung von Zellen wäre, die man gebraucht, selektiert und ausscheidet". So würden im Reagenzglas produzierte Embryonen, die Defekte aufweisen, direkt "ausgeschieden".

Präimplantationsdiagnostik - Ausdruck "eugenischer Mentalität"

Die sogenannte Präimplantationsdiagnostik - die genetische Untersuchung der in vitro erzeugten Embryonen vor ihrer Übertragung in den Mutterschoß - wird in dem Vatikan-Dokument als höchst verwerflicher Ausdruck "eugenischer Mentalität" und einer niederträchtigen Denkart bezeichnet, da sie die selektive Abtreibung in Kauf nehme, "um die Geburt von Kindern zu verhindern, die von Missbildungen und Krankheiten betroffen sind."

Klonen - eine Art biologischer Sklaverei

Entschieden spricht sich das Vatikan-Dokument gegen das Klonen aus. Ein geklonter Mensch wäre "faktisch einer Art biologischen Sklaverei unterworfen", kritisiert die Glaubenskongregation: "Dass eine Person sich das Recht anmaßt, willkürlich die genetischen Merkmale einer anderen Person zu bestimmen, ist ein schwerer Verstoß gegen deren Würde und gegen die grundlegende Gleichheit aller Menschen". Als ethisch noch schwerwiegender wird in der Bioethik-Instruktion das sogenannte "therapeutische" Klonen beurteilt: "Die Herstellung von Embryonen mit der Absicht, sie zu zerstören, auch wenn man dadurch Kranken helfen möchte, ist mit der Menschenwürde vollkommen unvereinbar". Der menschliche Embryo werde dabei zu einem bloßen Mittel, das gebraucht und vernichtet wird.

Ist ein Embryo eine Person?

Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Rino Fisichella, sage bei der Präsentation, der menschliche Embryo besitze "von Anfang an die Würde, die der Person eigen ist". Dennoch wolle man Embryonen nicht ausdrücklich als Person bezeichnen, um nicht in eine "sehr komplexe philosophische Debatte" einzutreten. Fisichella hob hervor, die Definition der Person habe auch Folgen im juristischen Bereich. Diese Frage nach dem Rechtssubjekt werde aber international unterschiedlich beantwortet. Im Blick auf die Lehraussage des aktuellen Dokuments habe man auf eine Diskussion darüber verzichten wollen. "Aber implizit wird betont, dass der Embryo eine Würde besitzt, die charakteristisch für die Person ist", so der Theologe. Nach Aussage des vatikanischen Bioethik-Dokuments kann in der Entwicklung des Menschen vor und nach der Geburt "weder eine Änderung seines Wesens noch eine Gradualität des moralischen Wertes behauptet werden".

Vom Papst bestätigt

Das Dokument "Dignitas Personae" wurde von dem Präfekten der Glaubenskongregation, William Kardinal Levada, herausgegeben. Papst Benedikt XVI. hatte die Instruktion nach Vatikan-Angaben bereits im Juni gutgeheißen und ihre Veröffentlichung angeordnet. Sie sei ein "Ja zur Forschung, die die Menschenwürde respektiert", erklärte der Sekretär der Glaubenskongregation, Titularerzbischof Luis F. Ladaria.

Bezug auf "Donum vitae"

Das Dokument "Dignitas Personae" ist in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil werden einige "anthropologische, theologische und ethische Aspekte von grundlegenden Bedeutung in Erinnerung gerufen", etwa die Personenwürde des Menschen von der Zeugung an. Im zweiten Teil geht es um neue Probleme im Kontext der Fortpflanzung des Menschen, insbesondere mit Bezug auf die Methoden der In-vitro-Fertilisation. In Teil drei werden die Forschung an embryonalen Stammzellen, das Klonen von Menschen sowie die Manipulation des menschlichen Erbgutes behandelt. Die neue Stellungnahme des Vatikans zum Thema Bioethik bezieht sich auf das Dokument "Donum vitae" aus dem Jahre 1987, das damals unter anderem die Problematik der künstlichen Befruchtung behandelt hatte.

 

 

Reaktionen:

- Ein "Markstein" - Bischöfe loben Vatikan-Dokument

 

Im Wortlaut:

- "Dignitas Personae"

 

 

 

 
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