News 16. 03. 2009

"Spiegel": Vatikan stimmte Abdruck eines Ratzinger-Textes im "Aula-Verlag" zu

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hat der als rechtsextrem eingestufte österreichische "Aula-Verlag" 1998 einen Beitrag des damaligen Kardinals Joseph Ratzinger mit Zustimmung des Vatikan abgedruckt.

Wie aus einem dem "Spiegel" vorliegenden Schriftverkehr des Vatikan mit dem Verlag hervorgehe, habe der damalige Sekretär des heutigen Papstes Benedikt XVI., Josef Clemens, den Nachdruck eines erstmals bereits 1995 erschienenen Aufsatzes "im Auftrag von Herrn Kardinal Ratzinger" genehmigt. Nach Angaben des "Spiegel" gab Clemens mit Schreiben vom 30. September 1997 grünes Licht für die Publikation des Aufsatzes "Freiheit und Wahrheit" in der Monatsschrift "Die Aula". Der Text sei dann 1998 in dem Sammelband "1848 - Erbe und Auftrag" erschienen. Herausgeber des Sammelbandes ist der ehemalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete und Aula-"Schriftleiter" Otto Scrinzi. Mitherausgeber ist der laut Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes "umtriebige deutsche Rechtsextremist und Burschenschafter Jürgen Schwab".

Ratzinger kritisierte Freiheitsbegriff der Gegenwart

In dem Text Ratzingers, der zuerst 1995 in der internationalen Zeitschrift "Communio" erschien, beschäftigt sich der heutige Papst vor allem mit seiner Ansicht nach falschen Freiheitsbegriff der Gegenwart. Ratzinger schreibt nach Angaben der Zeitung "Österreich" unter anderem: "Ein Verständnis von Freiheit, das als Befreiung nur immer weitere Auflösung von Normen und die ständige Ausweitung individueller Freiheit bis hin zur völligen Befreiung von aller Ordnung ansehen mag, ist falsch."

Erzdiözese Wien: Verlag hatte "kein Einvernehmen mit dem Kardinal gesucht"

Der Sprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, hatte im Februar erklärt, die Herausgeber der "Aula" hätten "offensichtlich kein Einvernehmen mit dem Kardinal gesucht". Im Übrigen, so Leitenberger, seien in dem Text "keinerlei Formulierungen enthalten, die in irgendeiner Weise 'rechtem' Gedankengut nahestehen".

Rechtsextremer Verlag

Der "Aula-Verlag" in Graz wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuft. So lassen sich im Internet-Angebot des Verlags zahlreiche Werke des britischen Holocaust-Leugners David Irving finden, darunter seine nach Verlagsangaben "sensationelle Biographie" von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Viele Publikationen des Verlages feiern deutsche Verbände im Zweiten Weltkrieg, darunter auch die 1946 zur verbrecherischen Organisation erklärte Waffen-SS. "Selten ist der Waffen-SS solche Reverenz erwiesen worden", heißt es etwa über "Gegner wie Stahl". Unter der Rubrik "Kriegsverbrechen" findet sich ein Buch mit dem Titel "Verbrechen an der Wehrmacht". Im Aula-Verlag erscheint zudem die umstrittene Monatszeitschrift "Die Aula".

 

 

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