News 09. 11. 2009

Evangelische Kirchen für großzügigeres Bleiberecht

Am Samstagabend hat die evangelische Generalsynode in Salzburg ihre Tagung beendet. Verabschiedet hat die Generalsynode ein Grundsatzpapier zum missionarischen Auftrag der Kirche. In Resolutionen fordern die rund 60 Synodenmitglieder, ein eigenes Ressort für Integration, ein großzügigeres humanitäres Bleiberecht, protestieren gegen "das Vorhaben, den Druck auf Asylsuchende durch verstärkte Verhängung der Schubhaft weiter zu erhöhen" und gegen den Entzug der Mittel für die Flüchtlingsberatung bei Caritas, Diakonie und Volkshilfe. Ausdrücklich ruft die Synode die Bundesregierung auf, ihre Verpflichtungen in der Entwicklungszusammenarbeit einzuhalten und begrüßt die Absicht, homosexuelle Partnerschaften eintragen zu lassen.

In einer am Samstag verabschiedeten Resolution an die Regierung wird diese aufgefordert, "Schutzsuchenden in vollem Umfang Zugang zu einem rechtsstaatlichen Verfahren zur Schutzgewährung mit ausreichender Berufungsmöglichkeit zu gewähren". Weiters tritt die Generalsynode dafür ein, die Agenden Asyl, Migration und Integration in einem eigenen Ressort der Bundesregierung zusammenzuziehen. Ferner soll jede Person nach fünf Jahren legalem Aufenthalt in einem Mitgliedsland der europäischen Union ein Recht auf einen langfristigen Aufenthaltstitel mit dem Recht zur uneingeschränkten Arbeitsaufnahme erhalten.

"Keine unabhängige Beratung und Betreuung mehr"

"Mit großer Sorge" reagiert die Synode auf die jüngsten Entscheidungen des Innenministeriums, "Caritas Volkshilfe und Diakonie neben der Sozialbetreuung von Schubhäftlingen nun auch Österreich weit die Mittel für das Kernstück ihrer menschenrechtlichen Arbeit, die Flüchtlingsberatung, zu entziehen." Die Generalsynode zeigt sich "äußerst besorgt, dass in den menschenrechtlich sensiblen Bereichen der Rechtsberatung von Asylwerbenden und der Schubhaftbetreuung keine unabhängige Beratung und Betreuung mehr gegeben ist". Ausdrücklich fordert die Synode die Bundesregierung auf, "jene humanitäre Organisationen, die sich seit Ende des 2. Weltkrieges mit großem Engagement für die Rechte und die Würde von Schutz suchenden Menschen eingesetzt haben, wieder mit jenen finanziellen Mitteln auszustatten, die sie für die Fortsetzung ihres humanitären Auftrags benötigen".

"Europäische Kirchen antworten auf Migration"

Einstimmig angenommen hat die Generalsynode der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Salzburg eine Resolution, mit der sich die Kirchen A.B. und H.B. an das Schwerpunktthema für das Jahr 2010 "Europäische Kirchen antworten auf Migration" der Konferenz europäischer Kirchen (KEK) und der Kirchlichen Kommission für Migration in Europa (CCME) anschließen. An Zielen nennt das Papier unter anderem, "die Arbeit der Kirchen für und mit MigrantInnen, Flüchtlingen und Angehörigen ethnischer Minderheiten zu stärken und zu erweitern". Die Kirchen wollen auch für eine Politik eintreten, die MigrantInnen, Flüchtlinge und ethnische Minderheiten nicht benachteiligt und ausgrenzt, "sondern sie einschließt und ihre Integration durch gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben fördert".

Verpflichtungen zur Entwicklungszusammenarbeit einhalten

Ausdrücklich fordert die Generalsynode die Regierung auf, die übernommene Verpflichtung einzuhalten, bis 2010 0,51 Prozent und bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Mittel der Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Wie die Leiterin der Frauenarbeit, Pfarrerin Barbara Heyse-Schaefer, laut "Evangelischem Pressedienst" in der Synodendebatte erläuterte, hat sich Österreich bereits 1972 bei der UNO-Vollversammlung zusammen mit anderen Staaten dazu bereit erklärt, das Budget der Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des BNE anzuheben, und sich seitdem mindestens zwanzig Mal auf die Steigerung der Mittel verpflichtet. Im Mai 2005 habe der einschlägige EU-Ministerrat beschlossen, bis 2010 mindesten 0,51 Prozent des BNE zu erreichen und bis 2015 mindestens 0,7 Prozent. Derzeit allerdings würde das gesamte Kapitel der Entwicklungszusammenarbeit von der österreichischen Bundesregierung unter einen "Budgetvorbehalt" gestellt und die beiden Ziele als "schwierig" bezeichnet.

Lob für Eintragung homosexueller Partnerschaften

Begrüßt werden seitens der evangelischen Kirche die Pläne für eine Eintragung homosexueller Partnerschaften. Die Generalsynode tritt dafür ein, "dass diese Eintragung auf den örtlichen Standesämtern stattfinden kann."

Mission gehört zu "Grundvollzügen des Lebens jeder Kirche"

Ein wichtiges Thema der am Samstagabend beendeten Tagung der Generalsynode, dem höchsten gesetzgebenden Organ der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich, war die Bedeutung des missionarischen Auftrags der Kirche. "Jetzt braucht es die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus, die die Fragen und Ängste, Sehnsüchte und Freuden der Menschen aufnimmt und in der wir mit den Menschen über ihr Leben reden", heißt es in einem am Freitag verabschiedeten Grundsatzpapier. Mission gehöre als "Teilhabe an der Sendung Gottes" zu den "Grundvollzügen des Lebens jeder Kirche", betonen die Mitglieder der Synode in dem bei einem Studientag der Generalsynode erarbeiten Papier. Da Mission die Liebe Gottes bezeuge, geschehe sie "durch ein glaubwürdiges Leben, Sprechen und Handeln von Einzelnen, Gruppen, Gemeinden, übergemeindlichen Diensten und der Gesamtkirche.

Weitersagen "was wir lieben"

Mission, so wird in der Resolution definiert, bedeute, weiterzugeben und weiterzusagen "was wir lieben und woran unser Herz hängt". Das geschehe in erster Linie durch Aufbau und Pflege von Beziehungen. Dazu müssten die einzelnen Christen befähigt werden. Gefordert wird aber auch "mehr Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler, regionaler und gesamtkirchlicher Ebene, um deutlich zu machen, wofür die Evangelischen Kirchen stehen und um für möglichst viele Menschen als Kirchen des Evangeliums erkennbar zu sein".

Gegen "Anpassungszwang" und "Bekehrungsdruck"

Unterschieden wird in dem Papier der Generalsynode zwischen Mission und Entwicklung. Während Entwicklungszusammenarbeit das Evangelium als "Tatzeugnis" verkündige, konzentriere sich das missionarische Wirken im weltweiten Kontext auf das "Wortzeugnis". Ausdrücklich grenzt sich die evangelische Generalsynode von einem von "Anpassungszwang, Bekehrungsdruck und der Missachtung der Kultur anderer Menschen" gekennzeichneten Missionsverständnis ab.

Gemeinsam für das "hohe Gut der Religionsfreiheit"

Der missionarische Auftrag der Kirche in Bezug auf die Mitglieder anderer Kirchen bedeutet, so die Resolution, "den Verzicht auf konfessionalistische Enge und Konkurrenz". In Bezug auf Angehörige anderer Religionen heißt der missionarische Auftrag, "dass in der Haltung des Respekts gegenseitige Herabwürdigungen unterbleiben, der Geist guter Nachbarschaft und diakonische Hilfestellung gepflegt werden, und dass wir uns gemeinsam einsetzen für das hohe Gut der Religionsfreiheit".

Besondere Beziehungen zum Judentum

Besonders hervorgehoben werden in dem Grundsatzpapier der Generalsynode die Beziehungen zum Judentum: "In Hinblick auf das Judentum erkennen wir dankbar an, dass Gott den Bund mit seinem Volk Israel aufrecht hält bis an das Ende der Zeiten. Dieser ungekündigte Bund bestimmt unser besonderes Verhältnis zum Judentum im Bewusstsein, dass nicht wir die Wurzel tragen, sondern die Wurzel uns trägt."Im Blick auf den Islam wird angekündigt, Evangelische werden sich um bessere Kenntnis dieser Religion bemühen und Verzerrungen und Vorurteilen entgegen treten: "So können evangelische Gemeinden Orte der Begegnung, des Gespräches oder auch gemeinsamen öffentlichen Feierns sein."

 

 

Link:

- Evangelische Kirche in Österreich

 

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