News 14. 05. 2010

Scheuer: Gegenwärtige Krise ist ein "Lernort zur Neuorientierung"

Mit einem Aufruf des Innsbrucker Diözesanbischofs Manfred Scheuer, die gegenwärtige kirchliche Krise zugleich als "Lernort zur Neuorientierung" zu nutzen, wurde am Freitagmorgen der zweite Tag des großen Pfarrgemeinderätekongresses in Mariazell eröffnet.

Der von vielen Menschen empfundene Schmerz über die Enthüllungen in der Kirche könne zugleich als "Geburtswehen für Neues" verstanden werden, betonte Scheuer in seiner Predigt vor den rund 550 Delegierten der österreichischen Pfarrgemeinderäte und dem österreichischen Episkopat. Zugleich warnte Scheuer jedoch vor jedem voreiligen Optimismus: "Krise bedeutet nicht automatisch Reife und Offenheit für Neues - es bedarf der Unterscheidung der Geister."

Herausforderung und Chance

Wenn man die Krise als Herausforderung und Chance begreife, dann müsse man sich vor einem Denken hüten, "dass alles für irgendetwas schon gut sein wird. Das wäre dann eine unzulässige Instrumentalisierung der Kinder", mahnte Bischof Scheuer vor dem Hintergrund der Missbrauchsfälle. Stattdessen sei "wahrzunehmen, wo die Krisen Nährboden für offene Verweigerung und Resignation sind oder wo sie ein Lockruf in das je größere Abenteuer des Lebens sind." Nicht eingestandene Ängste und unbewältigtes Leiden können hingegen zu Verhärtungen und Abstumpfungen beitragen.

Dialog und Respekt

Die anwesenden Pfarrgemeinderäte rief Bischof Scheuer ebenfalls zu einer "Unterscheidung der Geister" auf. "Mit welchen Hoffnungen, Ängsten, Sorgen sind wir hierhergekommen? Gibt es eine Hermeneutik des Verdachts, oder gibt es die Bereitschaft, wirklich aufeinander zu hören?" so sein Appell. Entscheidend für das Gelingen des Kongresses und der Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen sei eine Atmosphäre des Dialogs und des Respekts voreinander und ein hohes Maß an "innerer Freiheit". Zugleich verwies Bischof Scheuer auf die "heilsame Wirkung" des gemeinsamen Gebets, in dem sich die Bischöfe und Pfarrgemeinderäte gemeinsam vor der Gnadenstatue verneigen.

Schönborn: Christen sind in der Gesellschaft "Kraft der Alternative"

Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, betonte am Freitag bei einem Vortrag in Mariazell, in einer zunehmend säkularen Gesellschaft, die vor großen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen stehe, bildeten die Christen eine "Kraft der Alternative". Es gelte, die zunehmende Diaspora-Situation, die viele Menschen gerade auch in der Realität schrumpfender Pfarren als bedrückend erleben, nicht zum Anlass für Abschottung und Rückzug zu nehmen, sondern als Chance zu einer Neubesinnung auf die Grundaufgaben des Christentums zu nutzen, so Schönborn laut "Kathpress".

"Widerstand lernen und Alternativen leben"

Dabei lehre die zunehmende "Marginalisierung" der Christen nicht zuletzt einen "Perspektivenwechsel" - weg vom Klagen und hin zu neuem Mut und "pastoraler Kreativität". Um solche Kreativität zu entfalten, bedürfe es eines beständigen Dialogs unter den Christen - und auch mit den Bischöfen, wie er derzeit in Mariazell geführt wird. "Ich lade Sie ein, Widerstand zu lernen und Alternativen zu leben und mit uns dabei auf Augenhöhe im Gespräch zu bleiben", so Kardinal Schönborn. Das biblische Zauberwort dazu laute "Stellvertretung": Als Christ glaube und lebe man nie für sich allein, sondern immer in Gemeinschaft - daran gelte es gerade in Krisenzeiten immer wieder zu erinnern. Die Christen, speziell die Katholiken im Land, dürften sich dabei nicht resignativ verstecken, so Kardinal Schönborn weiter. Sie stellten mit rund zwei Drittel noch immer eine Mehrheit in der Bevölkerung dar. Kardinal Schönborn: "Das dürfen wir uns nicht kleinreden lassen. Wir tragen zum Leben der Gesellschaft und zum Miteinander in Österreich Entscheidendes bei."

 

 

 

TV-Hinweis:

- 16.05.2010: Orientierung: Reformwille? – Pfarrgemeinderäte und Bischöfe über "Zukunftsstrategien"

 

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- 14. 05. 2010: Kardinal Schönborn ruft Kirche zu Neuaufbruch ohne Resignation auf

 

 

 
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