Verstorbener US-Kardinal Bevilacqua in Missbrauchsprozess belastet

In einem Prozess wegen sexuellen Missbrauchs in der US-Erzdiözese Philadelphia ist der jüngst verstorbene Kardinal Anthony Bevilacqua belastet worden. Der angeklagte frühere Personalverantwortliche William Lynn gab an, Bevilacqua habe eine von Lynn angefertigte Liste mit den Namen von 35 der Pädophilie verdächtigen Priestern vernichten lassen, wie US-Medien am Wochenende berichteten.

Die Verteidiger Lynns führten demnach als Beleg eine handschriftliche Notiz des damaligen erzbischöflichen Sekretärs James E. Molloy an, der Vorgesetzter Lynns war. Auch Molloy ist bereits tot. Nach den Angaben der Verteidigung hatte Lynn, nachdem er 1992 Sekretär für den Diözesanklerus wurde, Personalakten auf Missbrauchsvorwürfe durchforstet. Eine Aufstellung mit den Namen von belasteten und noch aktiven Geistlichen habe er seinem Vorgesetzten Molloy übergeben. Dieser habe nach Rücksprache mit dem damaligen Erzbischof Bevilacqua die Anordnung erhalten, die vier Ausfertigungen der Liste zu vernichten. Molloy habe aber eine Kopie in einem Safe verwahrt und eine Aktennotiz dazu angelegt. Diese Liste sei 2006 wieder aufgefunden worden.

Bis zu 28 Jahre Haft

Die Anwälte Lynns erklärten laut den Berichten, aus dem Memorandum Molloys gehe klar hervor, dass Lynn zum Sündenbock gemacht werden solle. Bevilacqua, von 1988 bis 2003 Erzbischof von Philadelphia, habe bei zehn Befragungen zwischen 2003 und 2004 beteuert, die Ermittlungen zum Kindesmissbrauch in seiner Diözese nicht zu behindern. Der Kardinal starb am 31. Januar im Alter von 88 Jahren. Lynn ist den Angaben zufolge das erste Leitungsmitglied einer US-Diözese, das wegen des Umgangs mit dem Missbrauchsskandal gerichtlich belangt wird. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 28 Jahre Haft. Die erste Zeugenbefragung durch ein Geschworenengericht ist für den 26. März angesetzt.

(KAP)