News 25. 04. 2012

Neues „Gotteslob“ mit vom Papst gefordertem Messtext ab 2013 

Die deutschsprachigen Katholiken werden sich bei einem zentralen liturgischen Text an eine neue Übersetzung gewöhnen müssen: Die vom Priester gesprochenen Wandlungsworte über den Wein sollen künftig entsprechend dem griechischen Bibeltext lauten: „Das ist mein Blut, das für Euch und für viele vergossen wird.“ Damit wäre die seit der Liturgiereform von 1970 übliche Formel „für Euch und für alle“ überholt.

Denn in dem am Dienstag in Bonn und Wien veröffentlichten Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Robert Zollitsch, betonte der Papst, dass die seit der Liturgiereform von 1970 gängige Formulierung „für Euch und für alle“ eine interpretierende Übersetzung sei, die nicht im neuen „Gotteslob“ stehen solle.

Neues Gebetbuch ab Advent 2013

Das neue „Gotteslob“ soll in den katholischen Gottesdiensten ab Advent 2013 als neues Gebets- und Gesangbuch verwendet werden. Es wird das bisherige „Gotteslob“, das seit 1975 in Verwendung ist, ablösen. Die Österreichische Bischofskonferenz hatte nach ihrer Vollversammlung in Tainach/Tinje mitgeteilt, dass die seit 2001 laufenden Arbeiten am neuen „Gotteslob“ in die Phase der Endredaktion getreten seien.

Aufforderung zur Änderung schon 2006

In dem Schreiben, das an Erzbischof Zollitsch erging, teilte Benedikt XVI. mit, dass er auch allen Bischöfen des deutschen Sprachraums außerhalb Deutschlands den Brief zusenden lassen werde. Bereits 2006 hatte der damalige Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation, Kardinal Francis Arinze, auf Wunsch von Benedikt XVI. die Aufforderung zur Erarbeitung originalgetreuer Übersetzungen an mehrere nationale Bischofskonferenzen übermittelt. Seit 2004 arbeitet eine Kommission unter der Präsidentschaft Kardinal Joachim Meisners an einer Überarbeitung des Deutschen Messbuchs. Eigentlich hätte sie schon vor drei Jahren mit der Arbeit fertig sein sollen. Es galt, einen Text auf der Grundlage der 2002 veröffentlichten 3. Auflage des Römischen Messbuchs vorzulegen.

Englische Version „for many“ bereits seit 2011

Die Änderung „für viele“ wurde von traditionsorientierten Theologen seit langem gefordert. Befürworter der Übersetzung „für alle“ halten dagegen, dass diese den Heilswillen Gottes für alle Menschen besser zum Ausdruck bringe. In den englischsprachigen Ländern hatte es nach der Liturgiereform ebenfalls „for all“ geheißen. Im Advent 2011 wurde allerdings das neue englische Messbuch eingeführt. Seither heißt es dort „for many“.

„Spaltung zuvorkommen“

Im griechischen Text des Markus- und des Matthäusevangeliums steht im Bericht über das letzte Abendmahl Jesu das Wort „pollon“ (viele). Die weltweit als Urtext für die katholische Liturgie verbindliche lateinische Version lautet entsprechend „pro multis“ („für viele“). Wörtlich heißt es diesbezüglich im Papstschreiben an Zollitsch: „Es droht anscheinend die Gefahr, dass bei der bald zu erwartenden Veröffentlichung der neuen Ausgabe des 'Gotteslobs' einige Teile des deutschen Sprachraums bei der Übersetzung 'für alle' bleiben wollen, auch wenn die Deutsche Bischofskonferenz sich einig wäre, 'für viele' zu schreiben, wie es vom Heiligen Stuhl gewünscht wird. Ich habe Ihnen versprochen, mich schriftlich zu dieser schwerwiegenden Frage zu äußern, um einer solchen Spaltung im innersten Raum unseres Betens zuvorzukommen.“

Zollitsch: Papst beendete Diskussion

Der deutsche Erzbischof Zollitsch sprach am Dienstag von einem „wichtigen Impuls, die Übersetzung des Messbuches zügig voranzubringen“. Der Papst, so Zollitsch, lege detailliert und „mit argumentativer Sorgfalt“ dar, warum er die Übersetzung in dieser Weise wünsche. Sein Brief biete damit eine Klärung - und sei „der Abschluss einer Diskussion“. Bisher hatten sich die Bischöfe im deutschsprachigen Raum noch nicht durchringen können, dem Papst in dieser theologisch heiß debattierten Frage zu folgen. Nachdem nun Benedikt XVI. persönlich die Bischöfe freundlich, aber bestimmt bat, seine Linie zu vertreten, liegen die Dinge offenbar anders. Der Ständige Rat der DBK befasste sich bereits mit dem Papstbrief.

Theologen unterschiedlicher Meinung

Der Freiburger Liturgiewissenschaftler und Dogmatiker Helmut Hoping würdigte am Mittwoch die Messtextkorrektur. Hoping plädierte in einem Beitrag für „Christ in der Gegenwart“ dafür, die alte Übersetzung „für viele“ zu verwenden, weil diese Form philologisch korrekt sei. Er trete für das „Prinzip der Texttreue“ ein. Die seit der 1970 übliche Formel „für Euch und für alle“ sei eine interpretierende Übersetzung. Nach Ansicht Hopings darf zwar für alle Menschen gehofft werden, dass sie an dem von Gott gestifteten Bund Anteil hätten, „wir sind allerdings nicht berechtigt, in das von Matthäus und Markus überlieferte Kelchwort Jesu eine Allversöhnung hineinzulesen“.

In der vorherigen Ausgabe von „Christ in der Gegenwart“ hatten der Bochumer Neutestamentler Thomas Söding und der Freiburger Liturgiewissenschaftler Magnus Striet für die Beibehaltung der jetzigen Variante „für alle“ ausgesprochen. Söding hält dies im Unterschied zu Hoping auch für „die sachlich richtige Wiedergabe des biblischen Textes“.

Meisner: Aufruf zu „großer Katechese“

Kardinal Meisner begrüßte als DBK-Liturgieverantwortlicher am Mittwoch den Brief des Papstes. „Nachdem die großen Sprachfamilien der Welt diesen wichtigen Text entsprechend dem biblischen Urtext geändert haben, sollten wir als deutsche Katholiken nun nachziehen“, so der Kölner Erzbischof. Meisner rief dazu auf, „jetzt mit einer großen Katechese“ zu beginnen. Mit der Textkorrektur komme die Kirche wieder zurück zu einer sprachlichen Form, „die wir eigentlich immer hatten“. Auch die große englische Sprachfamilie übersetze ebenso wie die spanische jetzt wieder „für viele“, und die französisch sprechende habe dies immer so gehandhabt, so der Kardinal. Natürlich sei Christus für alle Menschen gestorben, aber der Papst weise darauf hin, dass „hier und jetzt“ die beim Gottesdienst Versammelten die Eucharistie feierten: „Und diese Vielen tragen eine Verantwortung für alle.“ Durch ihren Glaubenseinsatz solle „auch den anderen - allen - die Erlösungsgnade weitergereicht“ werden.

„Erbe des Konzils“ soll nicht zerstört werden

In seinem acht Seiten umfassenden Schreiben, das in einer werbenden und konzilianten Diktion verfasst ist, legte der Papst dar, dass auf keinen Fall der Eindruck entstehen solle, dass Rom die theologische Aussage dieser Worte ändern oder „das Erbe des Konzils zerstören“ wolle. Nur wenn die Bischöfe und die Pfarrer den Gläubigen dies geduldig erklärten, könne dieser falsche Eindruck vermieden werden.

 

(APA/KAP)

 

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