News 23. 05. 2012

Italiens Kirche nennt erstmals Zahlen über sexuellen Missbrauch

Die Italienische Bischofskonferenz hat im Zeitraum von 2000 bis 2011 insgesamt 135 Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Priester registriert. Diese Zahl nannte ihr Generalsekretär, Bischof Mariano Crociata, laut Kathpress am Dienstagabend in Rom bei der Vorstellung der bischöflichen Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch.

In 77 Fällen kam es nach seinen Angaben es zu einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht. Dabei seien 22 Priester in erster und 17 weitere in zweiter Instanz verurteilt worden. Fünf Verfahren endeten laut Crociata mit einem Freispruch. In 21 Fällen hätten die Angeklagten freiwillig in ein Strafmaß eingewilligt; diese Möglichkeit gibt es nach italienischem Recht bei weniger schweren Delikten. 12 Verfahren seien eingestellt worden. Es war das erste Mal, dass die Italienische Bischofskonferenz genaue Zahlen für Missbrauchsfälle veröffentlichte.

Neue Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen

Zuvor hatte die Bischofskonferenz am gleichen Tag neue Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen vorgelegt. Darin unterstreichen die Bischöfe die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden „im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit“, verzichten aber auf eine interne Anzeigepflicht für sexuellen Missbrauch. Ein Bischof sei keine staatliche Amtsperson und nicht gesetzlich verpflichtet, Informationen an staatliche Justizbehörden weiterzuleiten, heißt es zur Begründung in dem 24-seitigen Dokument. Priester, die Minderjährige sexuell missbraucht haben, sollen nach den Worten von CEI-Generalsekretär Bischof Mariano Crociata allerdings unverzüglich aus der Seelsorge entfernt werden. Ein solcher Geistlicher werde nicht wieder in die ordentliche Seelsorge zurückkehren und in keiner Weise mehr Kontakt mit Minderjährigen bekommen.

Kurz vor Ablauf der Frist

Die Veröffentlichung der Leitlinien erfolgte wenige Tage vor Ablauf der einjährigen Frist, die die vatikanische Glaubenskongregation den Bischofskonferenzen der Weltkirche im vergangen Mai zur Erarbeitung eines solchen Regelwerks gesetzt hatte. Die italienischen Bischöfe sind seit Montag in Rom zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammengekommen.

Österreichische Regelung präziser und schärfer

Die italienischen Vorgaben sind in der Frage der Anzeigepflicht denen der Österreichischen Bischofskonferenz ähnlich, wobei die österreichische Regelung präziser und schärfer formuliert ist. Wörtlich heißt es in der österreichischen Regelung: „Gegebenenfalls wird der Sachverhalt zur Anzeige gebracht, nachdem das Opfer vorab darüber informiert wurde. Dafür sind in Absprache mit dem Diözesanbischof bzw. Ordensoberen die diözesane Kommission oder ein von ihr beauftragter Rechtsvertreter zuständig. Wichtig für eine korrekte Vorgangsweise ist die Bündelung aller fallbezogenen Informationen, die über die diözesane Ombudsstelle an die diözesane Kommission geleitet werden. Ebenso sollen in akuten Fällen der Krisenstab und der Diözesanbischof informiert werden.“

(KAP)

 

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