News 29. 06. 2012

Keine eigene Kultusgemeinde für „liberale Juden“

Der Verein Or Chadasch, der die Vertretung „liberaler Juden“ für sich beansprucht, wird keine eigene Kultusgemeinde. Ein enstprechender Antrag des Vereins wurde vom Kultusamt abgelehnt, berichtete die „Wiener Zeitung“ am Freitag.

„Es kann keine Religionsgesellschaft gezwungen werden, Personen, die Richtungen, Strömungen, Traditionen oder Ähnlichem anhängen, die sie mit ihrer Lehre als nicht vereinbar betrachtet, im Rahmen ihrer Religionsgesellschaft aufzunehmen“ heißt es in einem Schreiben des Unterrichtsministeriums an die „Wiener Zeitung“.  

Ergebnislose Verhandlungen

Die als Verein organisierte jüdische Gemeinde Or Chadasch (hebräisch: Neues Licht) hatte den Antrag auf Gründung einer eigenen Kultusgemeinde im März beim zuständigen Kultusamt im Unterrichtsministerium eingebracht. Dem Antrag waren mehrere Monate ergebnisloser Verhandlungen mit der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien vorangegangen.

Neues Israelitengesetz

Der Zeitpunkt des Antrags auf eine eigene Kultusgemeinde hing aber nicht nur von den Verhandlungen mit der IKG Wien ab. Or Chadasch hoffte auf eine Bearbeitung des Antrags noch vor dem Inkrafttreten des neuen Israelitengesetzes, da man sich unter dem alten Gesetz bessere Chancen als unter dem neuen ausrechnete. Wie „Kathpress“ auf Rückfrage im Kultusamt erfuhr, sei der Bescheid aber bereits vor mehreren Wochen und damit vor Inkrafttreten des novellierten Israelitengesetzes ausgestellt worden. Die Abweisung erfolgte demnach auf Basis der alten Rechtslage.

Gesetzesnovelle im April

Im April hatte das Parlament die Novellierung des über 120 Jahre alten Israelitengesetzes beschlossen. Im Zuge der Novellierung wurde die Israelitische Religionsgesellschaft als Dachverband der einzelnen österreichischen Kultusgemeinden anerkannt und in ihrer Autonomie bestätigt. Dieser Dachverband soll künftig die inneren Angelegenheiten - also auch die Anerkennung neuer Kultusgemeinden - selbständig ordnen und verwalten. Kritik an der Novelle kam vor allem von Seiten liberaler Juden, die dadurch eine Unterordnung unter den mehrheitlich „orthodoxen“ Flügel im österreichischen Judentum befürchteten.

Suche nach gemeinsamer Lösung

Nach der jetzigen Abweisung zeigte sich Or Chadasch-Präsident Theodor Much zwar enttäuscht, er bestätigte gegenüber der „Wiener Zeitung“ jedoch, weiterhin gemeinsam mit der IIKG nach einer Lösung zu suchen - eventuell in Form einer „Assoziierung“. Bis Ende des Jahres wolle man zu Ergebnissen kommen, so Much. Positive Signale kommen auch von Seiten der IKG, die betont, sie habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Verein den während der vergangenen 20 Jahre mühsam erreichten „modus vivendi“ nicht zerstören wolle.

 

(APA/KAP/religion.orf.at)

 

 

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