News 12. 07. 2012

ÖkumenischeSommerakademie widmet sich Lebensende

Mit Bekenntnissen zu Palliativmedizin und Palliativpflege und Anfragen an die aktive Sterbehilfe ist am Mittwochnachmittag im Stift Kremsmünster die diesjährige Ökumenische Sommerakademie eröffnet worden. Die Veranstaltung steht heuer unter dem Motto „Des Menschen Leben ist wie Gras. Tabu Lebensende“.

„Sterbehilfe ist entschieden abzulehnen, da der Mensch niemals der Versuchung erliegen darf, sich an Gottes Stelle zu setzen“, sagte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer in seinen Begrüßungsworten. „Dagegen muss ein ausreichendes palliatives Angebot Schwerpunkt der Gesundheitspolitik sein. In der Begleitung und Betreuung wird den schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen auf körperlicher, seelischer und sozialer Ebene begegnet.“ Finanzielle Gründe für ein Aufweichen dieses Grundsatzes lasse er nicht gelten, so Pühringer.

Tod als Teil des Lebens

Für den Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz gehört der Tod Wesen des Menschseins. „Viele Menschen weichen dem Gedanken an das Lebensende aus, wer sich aber mit diesen Tatsachen nicht versöhnt, der blendet wesentliche Teile des Lebens aus“, so Schwarz. „Die Sterblichkeit zu bedenken, ist nicht lebensverneinend.“ In die gleiche Richtung argumentierte Ambros Ebhart, Abt des Stiftes Kremsmünster. „Leben lernen bedeutet auch sterben lernen.“

Achtung vor dem Sterben

Dass der Tod eine zerstörerische Seite habe, aber auch ein integraler Bestandteil des menschlichen Lebens sei, betonte der evangelische Superintendent von Oberösterreich Gerold Lehner. Neben dem Tod, „der ein erfülltes Leben umschließt“, gebe es auch „den grausamen Tod, der das Leben beendet, noch ehe es die Möglichkeit hatte, sich zu entfalten“. Der evangelische Bischof Michael Bünker betonte die Achtung, Geborgenheit und Fürsorge des Menschen am Lebensende, die die christlichen Kirchen in ihrem ökumenischen Sozialwort festgehalten haben. Als stellvertretender Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich wolle er allen in Palliativpflege und Palliativmedizin tätigen Menschen einen großen Dank für ihren Einsatz aussprechen.

Kontroverse um Ausnahmen vom Tötungsverbot

Ethische Fragen nach dem Ende des Lebens stellte Rektor Ewald Volgger von der Katholische-Theologischen Privatuniversität Linz in den Raum. „Wer setzt wann und wo ethisch verantwortbare Grenzen in Bezug auf das Sterben?“, fragte der Theologe. Antworten auf diese Fragen versuchten der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Prof. Reinhard Merkel aus Hamburg und die Wiener Moraltheologin Prof. Sigrid Müller in ihren Vorträgen zugeben. Sie eröffneten damit die kontroverse Auseinandersetzung in der Sommerakademie, zu der rund 500 Teilnehmer gekommen waren.

Rechtliche und ethische Überlegungen

Merkel trat für eine differenzierte Sichtweise des Verbotes der direkten aktiven Sterbehilfe ein. Er plädierte dafür, dass das Verbot in Extremfällen nicht immer rechtlich haltbar sei und daher unter bestimmten Voraussetzungen aufzuheben sei. Müller trat hingegen entschieden für eine Beibehaltung der geltenden Regelungen ein. „Was passiert mit den Menschen, die mit der Tatsache umgehen müssen: Ich muss töten?“ fragte Müller und wies darauf hin, dass nicht nur eine Handlung als richtig und falsch beschrieben werden müsse, sondern dass ein konkreter Mensch dahintersteht. „Ich wehre mich dagegen, das Tabu der Tötungserlaubnis zu durchbrechen. Ich möchte aber das Sterben nicht tabuisieren“, so Müller.

Vorträge und Diskussionen noch bis Freitag

Die Ökumenische Sommerakademie dauert noch bis Freitag. In den beiden noch verbleibenden Tagen werden Mediziner, Theologen und Soziologen das Thema aus den verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Zum Abschluss werden Bischof Michael Bünker von der Evangelischen Kirche, Bischof Manfred Scheuer von der Römisch-Katholischen Kirche und der Rumänisch-Orthodoxe Metropolit Romul Joanta Serafin aus Nürnberg die Positionen ihrer Kirchen darstellen. Veranstaltet wird die Ökumenische Sommerakademie von der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz, dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, dem Evangelischen Bildungswerk Oberösterreich, der Linzer KirchenZeitung, dem Stift Kremsmünster, den Religionsabteilungen des ORF in Fernsehen und Hörfunk und dem Land Oberösterreich veranstaltet.

 

(KAP / religion.orf.at)

 

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Tipp

Unausweichlichkeit des Todes als Thema der Ökumenischen Sommerakademie

Mit der Tabuisierung des Lebensendes in der modernen westlichen Gesellschaft und der gleichzeitig immer intensiver werdenden Diskussion um Sterbehilfe und Euthanasie beschäftigt sich die Ökumenische Sommerakademie 2012 von 11. bis 13. Juli. Damit wird ein Thema aufgegriffen, das Medizin, Theologie und Philosophie betrifft.
 

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