News 14. 07. 2004

Regina Ammicht-Quinn: Kritik an Körperkult

„Jung, schön, fit und glücklich?“ Hätte die katholische Ethik-Expertin Regina Ammicht-Quinn hinter ihren Vortragstitel kein Fragezeichen gesetzt – es klänge wie eine Tatsachenfeststellung. Der „quasi-religiöse“ Körperkult war Mittwochabend Thema ihres Vortrags in der Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster.

Der Körper sei in nie gekannter Weise in den Mittelpunkt gerückt, so die Tübinger Theologin Regina Ammicht-Quinn. Die Beschäftigung mit dem Körper und die Sorge um ihn habe bereits „quasi-religiöse“ Züge angenommen. Ammicht-Quinn sprach von einem „wesentlichen Schritt im Selbstverständnis des Menschen“. Längst habe die Wissenschaft den Körper für sich entdeckt. So werde etwa ein DNA-basierter Computer entwickelt, bei dem Mikroprozessoren um DNA-Moleküle herum gebaut werden. Elektronische Erweiterungen des Körpers finden sich etwa im Herz-Schrittmacher, in Insulinpumpen und – so Ammicht-Quinn – „bald vielleicht schon in künstlichen Augen“.

Moralische Bewertung des Körpers

Der Gesundheits- und Schönheitskult wirke zwar in unterschiedlicher Weise auf Männer und Frauen, der Körper sei aber in jedem Fall zur „moralischen Frage“ geworden, so Ammicht-Quinn. Der Körper werde nicht mehr einfach als „da“, sondern als „gut“ oder „schlecht“ bewertet.

Wachstumsbranche

Gerade weil der Körper „immer dünner werden muss“, sei der „Körper als Markt“ eine Wachstumsbranche. Gewinnspannen von bis zu 90 Prozent bei Körperpflegeprodukten, würden deren „Heiligkeit“ suggerieren. – Eine „Heiligkeit“, die laut der Theologin aber nicht erlangt werden könne. Ammicht-Quinn präsentierte eine neue amerikanische Studie die besagt, dass 53 Prozent der 13-jährigen Mädchen mit ihrem Körper unzufrieden sind. Bei jungen Frauen im Alter von 17 Jahren seien sogar 78 Prozent mit ihrem Körper nicht zufrieden. Der Schönheitskult werde zudem unterstützt durch Magazine und die Werbung.

Schönheit als Währungssystem

Ammicht Quinn: „Schönheit funktioniert, indem Frauen danach streben, sie zu besitzen, während Männer danach streben, Frauen zu besitzen, die Schönheit besitzen.“ Durch die Sorge um den eigenen Körper könne nicht nur Lebensglück entstehen, sondern auch Leiden. Dies werde zum Teil durch bestimmte Schichten innerhalb der christlichen Tradition begünstigt, die etwa eine „Urangst vor der Triebstruktur des Menschen“ erzeugt hätten. Dadurch werde der Körper zum Symbol für Sündhaftigkeit und damit zum Feind.

Warnung vor "falschen Stimmen"

Der „Kampf“ gegen den Körper als „Verkörperung der Sündhaftigkeit“ könne aber nicht gewonnen werden, so die Theologin. Ammicht-Quinn: „Der Kampf gegen den Körper und um einen neuen Körper ist eine unendliche Geschichte von Reue, Buße und Neuanfang. Gleichzeitig aber auch die ferne Utopie eines besseren, endlich guten Lebens“. Die Ethik-Expertin warnte davor auf „falsche Stimmen zu hören“. Laut Ammicht-Quinn müsse der Mensch wieder aufnahmebereit werden für christliche Traditionen, die glücklichere Wege im Umgang mit Körper, Gesundheit und Schönheit aufzeigen. Denn Jugend, Schönheit und Fitness allein könne nicht glücklich machen.

 

 

 

Programm der Ökumenischen Sommerakademie Kremsmünster

 

 

 
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