News 18. 09. 2006

Vatikan will umstrittene Papst-Rede in islamischen Staaten erklären

Angesichts der Empörung über Äußerungen von Papst Benedikt XVI. hat der Vatikan eine diplomatische Initiative in der islamischen Welt angekündigt. Bisher sei die programmatische Rede des Papstes in Regensburg über das Verhältnis von Religion und Gewalt auf das "Fragment eines Zitats" reduziert worden, wird im Vatikan beklagt.

Der vatikanische Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone, will die Diplomatie des Heiligen Stuhls einsetzen, um den Dialog mit dem Islam offen zu halten. Um die Polemik nach der Ansprache des Papstes in der Regensburger Universität einzudämmen, plant der Vatikan die Nuntien in den islamischen Ländern aufzurufen, die Worte des Papstes auch auf Grund der am Samstag veröffentlichten Mitteilung Bertones zu klären, sagte der Staatssekretär im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Montag. Die Vatikan-Botschafter in den islamischen Ländern seien angewiesen worden, den Text der Papst-Rede bekannt zu machen und die "bisher nicht beachteten Elemente hervorzuheben",  erklärte Bertone.

Rede wurde auf ein "Fragment eines Zitats" reduziert

Bisher sei der Vatikan das Opfer einer "schweren Manipulation" des Textes geworden. Dieser sei so abgeändert worden,  dass er nicht mehr den Absichten des Papstes entsprochen habe. Das Zitat des Kaisers aus dem 14. Jahrhundert wäre "nur ein Auszug einer langen Rede" gewesen, betonte Bertone. Eine große und programmatische Rede des Papstes sei "zum Fragment eines Zitats reduziert worden", klagte der 71-jährige  Bertone, der am Freitag offiziell sein Amt als vatikanischer Staatssekretär übernommen hat.

Dialog im Sinne des Papstes

Er hoffe, "dass der Dialog mit dem Islam in Sinne der Absichten des Papstes und der Kirche wieder aufgenommen wird", sagte Bertone weiter. Der vatikanische Staatssekretär gab zu, dass er sein Amt in einer turbulenten Phase übernommen habe. "Ich bin sofort in einen Sturm geraten (...). Ich vertraue in zwei Ressourcen: Die spirituelle Kraft von Papst Benedikt XVI. und das Gebet, mit dem die ganze Kirche ihn unterstützt", sagte der Staatssekretär.

Türkei-Reise wird nicht abgesagt

Trotz der internationalen Spannungen hofft Bertone, dass die im November geplante Reise des Papstes in die Türkei stattfinden wird. "Morgen ist das erste Treffen der türkischen Bischofskonferenz geplant, die über das Programm diskutiert. Bis jetzt gibt es keine Gründe, die Reise abzusagen", meinte Bertone.

Vatikanischer Außenminister will Dialog mit Islam fördern

Der neue vatikanische "Außenminister", Bischof Dominique Mamberti, will sich für eine Neuaufnahme des Dialogs mit dem Islam einsetzen. Der Bischof bemängelte in einem Interview mit dem italienischen Radiosender "Radio 24" am Montag eine "übereilte Interpretation der Rede des Heiligen Vaters". Mamberti zeigte sich überzeugt, dass die Stellungnahme von Papst Benedikt XVI., der sich beim Angelus-Gebet am Sonntag wegen der Missverständnisse über seine Rede in der Regensburger Universität entschuldigt hatte, die Gemüter besänftigen werde. "Ich werde den Dialog mit dem Islam fördern. Dies ist eine meiner Prioritäten. Diplomatie ist gerade dies: Dem anderen die eigenen Überzeugungen erklären und den anderen begreifen", so Mamberti.

 

 

 

 

 

Link:

- Wortlaut der Vorlesung von Benedikt XVI. an der Universität Regensburg

 

Video-on-Demand:

- Die umstrittene Passage der Papst-Vorlesung an der Universität Regensburg

 

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