News 18. 09. 2006

Österreichische Bischöfe verteidigen umstrittene Papst-Rede

Keinen Grund für eine Entschuldigung des Papstes wegen dessen umstrittenen Aussagen über den Islam sehen Österreichs katholische Bischöfe. Die Proteste in zahlreichen islamischen Staaten seien "völlig unangemessen", erklärte etwa der Salzburger Weihbischof Andreas Laun. Kardinal Schönborn betonte, dass die Warnung des Papstes vor einer religiösen Legitimation von Gewalt auch für Christen gelte.

Die jüngsten Papst-Aussagen über Gewalt und Religion haben auch den Christen gegolten, unterstrich der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, am Samstagabend im Gespräch mit "Kathpress". Der Kardinal erinnerte daran, dass das Christentum 200 Jahre lang durch ein "Sperrfeuer der vernichtenden Kritik" gegangen ist. Kirche und christlicher Glaube seien aus dieser intensiven Kritik aber "geläutert und gestärkt" hervorgegangen. In einer pluralistischen Welt müsse sich jede Religion dieser Kritik stellen. Was Aufklärung und Religionskritik gegen das Christentum vorgebracht hätten, sei "bedenkenswert" gewesen und "auch bedacht worden", sagte Schönborn. Manches von dieser Kritik sei als "berechtigt" aufgegriffen worden und habe zu einer "Läuterung" geführt, anderes sei als einseitig, übertrieben und falsch zu Recht abgelehnt worden.

Papst forderte zu Respekt auf

Die katholische Kirche habe unter Johannes Paul II. für viele Momente in der Geschichte, in denen sie den eigenen Glauben mit Gewalt durchsetzen wollte, um Entschuldigung gebeten, erinnerte Kardinal Schönborn. Und Papst Benedikt XVI. habe in München ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gegenseitiger Respekt vor dem, was dem anderen "heilig" ist, unbedingt notwendig sei. Wenn der Papst daher in Regensburg den Missbrauch der Religion für Gewalt kritisiert habe, dann habe er - so Schönborn - "davon sicher nicht ausgenommen, dass auch Christen ihre Religion in dieser Weise missbraucht haben". Die Warnung des Papstes vor dem Einsatz von Gewalt unter religiösem Vorwand gelte für Christen genau so wie Bekenner anderer Religionen, wenn sie versuchen, "mit gewaltsamen Mitteln ihre Überzeugung durchzusetzen

Kapellari: "Er braucht sich nicht zu entschuldigen"

Papst Benedikt VI. "braucht sich nicht zu entschuldigen, denn er hat im Diskurs einer Rede ja nur zitiert", betonte der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari in einem Interview in der Sonntag-Ausgabe der "Kleinen Zeitung". Man müsse "die Rahmenbedingungen sehen" und dürfe das umstrittene Zitat "nicht isoliert betrachten", so Kapellari. Dieser Rahmen habe darin bestanden, dass der Papst während seines Heimatbesuchs in zwei großen Predigten Kritik an der westlichen Gesellschaft geübt habe. "Und zwar hat er den Respekt vor religiösen Überzeugungen eingefordert - damit war klar auch der Islam gemeint. Und zudem hat er die Katholiken ermahnt, bei der Beheimatung muslimischer Mitbürger behilflich zu sein. Dies alles ist bekannt - auch in türkischen Ministerien", so Kapellari.

Katholische Kirche hat sich entschuldigt

Der Grazer Diözesanbischof erinnerte auch daran, dass der jetzige Papst bereits vor Jahren im Petersdom in Namen Papst Johannes Pauls II. eine große Entschuldigungsbitte für die katholische Kirche ausgesprochen habe. Diese Entschuldigungsbitte habe Übeltaten zum Inhalt, die Menschen unter Berufung auf Christus begangen hatten. Die Kirche habe damit klargestellt, dass es im Neuen Testament "keine einzige Stelle gibt, mit der man Gewalt im Namen Gottes rechtfertigen könnte". Kapellari wörtlich: "Keine andere Religionsgemeinschaft außer den Katholiken hat sie jemals für ihre Fehltaten entschuldigt."

Kirche kommt dem Islam sehr entgegen

Auf die Frage, wofür sich der Islam entschuldigen solle, antwortete Bischof Kapellari, dies müsse er selbst bestimmen. "Nur würde ich mir im aktuellen Zusammenhang wünschen, dass es wieder Religionsgespräche zwischen den Vertretern der drei monotheistischen Religionen gibt und dass geistliche Verantwortungsträger im Islam für Menschen, die den Gesamtzusammenhang des Zitats nicht kennen, diesen herstellen", so Kapellari über die Aufregung um die Papst-Aussagen. Diese Kontext laute: "Der Papst ist islam-freundlich. Und: Er war nie ein Mensch, der Gräben aufgerissen hat." Zudem komme die katholische Kirche in Mitteleuropa den Muslimen "doch sehr weit entgegen", so der Grazer Diözesanbischof. Weiters gebe es auch im Islam "Ansätze einer Theologe, die ähnlich der christlichen Reaktion auf die Herausforderung durch die Aufklärung reagieren wollen".

Bischof Schwarz: "Religion und Gewalt sind unvereinbar"

Im Rahmen der Amtseinführung des neuen Klagenfurter Dompfarrers, Jakob Ibounig, hat der Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz am Sonntag in Klagenfurt Bezug auf die umstrittenen Äußerungen von Papst Benedikt XVI. zum Islam genommen. Auch auf die Gefahr hin missverstanden oder missinterpretiert zu werden, müsse gesagt werden dürfen, dass "Religion und Gewalt, in welcher Form auch immer, unvereinbar sind", sagt Schwarz. Jede Inanspruchnahme von Gewalt zur Durchsetzung einer religiösen Botschaft sei "inakzeptabel" und provoziere neue Aggression. Auch im Christentum habe es in der langen Geschichte diesbezügliches Fehlverhalten gegeben. Dies sei jedoch vor allem von Papst Johannes Paul II. im Jubiläumsjahr 2000 mit der Bitte um Vergebung deutlich benannt worden.

Laun: Völlig unangemessene Reaktion

Als "unangemessen" bezeichnet auch der Salzburger Weihbischof Andreas Laun die Reaktionen der islamischen Welt auf die Papst-Rede. Laun im Interview mit der Tageszeitung "Österreich": "Wir wollen einen Dialog mit dem Islam führen, dabei muss unser Gesprächspartner noch lernen, ruhig und sachlich zu reagieren und genau hinzuhören. Aber wenn von Seiten der Muslime nur Vorwürfe und Empfindlichkeiten kommen, dann erstirbt jeder Dialog." Die Reaktion in der islamischen Welt nennt Laun "völlig unangemessen. In Kenntnis der Geschichte sind die Behauptungen der Muslime merkwürdig."

 

 

 

Link:

- Wortlaut der Vorlesung von Benedikt XVI. an der Universität Regensburg

 

Video-on-Demand:

- Die umstrittene Passage der Papst-Vorlesung an der Universität Regensburg

 

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