News 23. 05. 2008

Bischof sieht Versäumnisse der Kirche bei sexuellem Missbrauch 

Zur Halbzeit des 97. Deutschen Katholikentages in Osnabrück hat der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke am Freitag Versäumnisse der Kirche im Umgang mit sexueller Gewalt von Priestern eingeräumt.

"Das Thema wurde angesprochen, aber zu spät, da will ich nicht Nein sagen", erklärte Jaschke am Freitag auf dem Deutschen Katholikentag in Osnabrück, wo erstmals in der Geschichte des Kirchentreffens eine Podiumsdiskussion zu sexueller Gewalt in der Kirche organisiert wurde. "Wir dürfen nicht Schweigen", das fördere die Unaufrichtigkeit und mache alles nur noch schlimmer, sagte der Bischof. "Die Kirche muss sich ganz besonders schämen, wenn wir, die wir auf einem so hohen moralischen Podest stehen, in diesen Situationen schuldig werden, das ist furchtbar", erklärte Jaschke und verwies auf die von Papst Benedikt XVI. kürzlich in den USA ausgesprochene Entschuldigung zu Missbrauchsfällen in der Kirche. "Aber viele haben recht wenn sie sagen, die Entschuldigung reicht nicht, es muss auch etwas geschehen", sagte Jaschke. "Wir müssen alles versuchen, damit Missbrauch aus unseren Reihen nicht möglich ist." Die Täter müssten bestraft und pädophile Priester aus dem Dienst entfernt werden.

Missbrauchs-Opfer kritisiert Kirche

Vertreter kirchlicher Laienorganisationen kritisierten, die Kirche habe mit den 2002 verfassten Leitlinien zum Umgang mit Missbrauch viel zu spät auf die Problematik reagiert. "Wir standen unter Druck durch die Situation in Amerika und dann hieß es, wir müssen uns endlich möglichst einheitlich auf Bundesebene in der ganzen katholischen Kirche Deutschlands dazu verhalten", schilderte Jaschke die damalige Situation. Die Laienvertreter warfen der Kirche außerdem vor, bei den seit 2002 geschaffenen Ansprechstellen in den Bistümern zu wenig Experten von außerhalb der Kirche einzubinden. "Diese Leitlinien sind Papier, es passiert nichts", meinte Missbrauchsopfer Norbert Denef, der jahrelang von einem Priester missbraucht worden war.  

Theologin Schüssler-Fiorenza: Kirche diskriminiert Frauen 

Die Harvard-Professorin Elisabeth Schüssler-Fiorenza hat der katholischen Kirche eine anhaltende Diskriminierung von Frauen vorgeworfen. "Frauen sind Bürgerinnen zweiter Klasse in der Kirche", sagte die katholische Theologin am Freitag beim Katholikentag in Osnabrück. "In den USA wandern daher viele Frauen aus in andere Kirchen." Schüssler-Fiorenza gehört zu den Begründerinnen der feministischen Theologie. Bei einer Podiumsdiskussion über Frauen in der Kirche bescheinigte sie der Kirche einen Verrat an den eigenen Ursprüngen vor 2000 Jahren: "Die Kirche hat begonnen als Nachfolge-Gemeinschaft von Gleichgestellten."

Theologe Bucher:  "Das Grundproblem ist das Patriarchat"

Der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters verwies darauf, dass inzwischen viele Führungspositionen in der kirchlichen Verwaltung von Frauen besetzt seien. Eine Priesterweihe für Frauen sei aber aus theologischen Gründen nicht möglich. "Das Grundproblem ist das Patriarchat", sagte der österreichische Pastoraltheologe Rainer Bucher von der Universität Graz unter dem Beifall der rund 600 Zuhörer. "Es ist aber sichtbar, dass zumindest der sensible Teil der Kirchenleitung ein schlechtes Gewissen hat und dafür sorgt, dass Frauen in Führungspositionen gelangen." Vor allem an der Basis sei die katholische Kirche eine Frauenkirche: Dreiviertel aller Ehrenamtlichen im karitativen Bereich der Kirche seien Frauen.

Barroso für Dialog mit China

Nachdem am Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel, Familienministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) und SPD-Chef Kurt Beck auf dem Katholikentag zu Besuch waren, kam am Freitag der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle nach Osnabrück. Auch Auftritte von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Gregor Gysi, wurden erwartet. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief beim Katholikentag dazu auf, den Dialog mit China in Menschenrechtsfragen auszubauen. Es gebe bereits erste Erfolge, die Gespräche müssten jedoch fortgesetzt werden. China sei die bevölkerungsreichste Nation der Erde und auf dem Weg, die größte Wirtschaftsmacht der Welt zu werden. "Aber wir müssen in der Frage der Menschenrechte entschlossen bleiben", sagte Barroso. Er forderte kulturelle Autonomie für Tibet.

Abschluss des Katholikentags am Sonntag

Der Katholikentag sollte am Freitagabend mit einem großen ökumenischen Gottesdienst fortgesetzt werden, den Hamburgs Erzbischof Werner Thissen und Hannovers Landesbischöfin Margot Käßmann zelebrieren wollten. Das fünftägige Kirchentreffen, zu dem insgesamt rund 60 000 Teilnehmer erwartet werden, geht am Sonntag mit einem großen Gottesdienst unter freiem Himmel zu Ende, zu dem Zehntausende Gläubige erwartet werden.

 

Weitere News zum Thema:

- 23. 05. 2008: Der Katholikentag am Freitag

- 21. 05. 2008: Deutscher Katholikentag in Osnabrück eröffnet

- 19. 05. 2008: 97. deutscher Katholikentag in Osnabrück

 

 

Link:

97. Deutscher Katholikentag

 
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