News 11. 03. 2009

Diskussion um Pflichtzölibat

Nachdem sich der Ungenacher Pfarrer Josef Friedl kürzlich öffentlich zu seiner Partnerin bekannt hat, hat dies der Diskussion um den Pflichtzölibat neuerlich Aufschwung verliehen. In Österreich gibt es rund 700 „Priester ohne Amt“.

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner schätzt in der Tageszeitung "Die Presse" die mit einer Partnerin lebenden Priester in Österreich auf zwölf bis 22 Prozent. Er verwies auf seine Studie aus dem Jahr 2000, wonach zwölf Prozent der Kleriker als "in einer Liaison" lebend identifiziert wurden. Elf Prozent erklärten, schon nahe daran gewesen zu sein, den Zölibat aufzugeben. Jeder Dritte bekannte sich zu der mehrdeutigen Aussage: "Ich habe einen eigenständigen Weg gefunden, den ich verantworten kann." Und fast die Hälfte stimmte dem Satz zu: "Es ging mir wie vielen Verheirateten, die ich kenne - es war ein Auf und Ab." Lediglich 16 Prozent der Priester sagten, das ehelose Leben sei ihnen leichtgefallen.

Priester ohne Amt

In Österreich gibt es rund 700 "Priester ohne Amt", also Pfarrer, die wegen eines Verstoßes gegen den Zölibat aus dem Amt entlassen worden sind. Einer von ihnen ist Herbert Bartl, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Priester ohne Amt“. Der geweihte Priester ist seit Jahren verheiratet und liest trotzdem regelmäßig die Messe in einem Altenheim in Wien. "Ich bin nicht für den Papst oder irgendwelche Bischöfe Priester geworden, sondern für die Gemeinde", meinte Bartl im APA-Gespräch.

Bartl liest regelmäßig die Messe

Prinzipiell ist ein Priester, der wegen des Verstoßes gegen den Zölibat aus dem Amt entlassen worden ist, verpflichtet, die Sterbesakramente zu spenden, erklärt Bartl. "Sonst darf er theoretisch gar nichts, wenn man es streng nimmt." Trotzdem liest Bartl "regelmäßig" die Messe in einem Altenheim in Wien. Der eigentliche Seelsorger sei aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes dazu nicht mehr in der Lage. "Die Menschen dort wissen, dass ich verheiratet bin", erzählt Bartl. Er trage sogar seinen Ehering während der Messe. Stören würde das niemanden, auch nicht die konservativen Katholiken unter ihnen.

Von Kirchenführung geduldet

Nicht sehr erfreut über die Tätigkeiten der Priester ohne Amt dürfte die Kirchenführung sein. "Mit den Bischöfen gibt es kaum Gespräche", so Bartl. Ab und zu komme es zwar zu Treffen, "aber das ist ein Austausch von Höflichkeiten". Auch Kardinal Christoph Schönborn habe Kenntnis von den Aktivitäten, etwas dagegen gesagt habe er allerdings noch nie, meinte Bartl - eine Art "stille Duldung" seitens des Kardinals.

Zölibat ist „Disziplinsache“

Den Zölibat hält Bartl nicht für eine theologische oder eine Glaubensfrage, es handle sich um eine "reine Disziplinsache". Bartl vermutet, dass der Vatikan mit einer Aufhebung des Zölibats auch ein Glaubwürdigkeitsproblem befürchtet. Für Friedls Bekenntnis zu seiner Lebensgefährtin ist Bartl "dankbar". Es sei mutig, sich öffentlich zu bekennen. In der Organisation "Priester ohne Amt" sei Friedl jedenfalls "herzlich willkommen", meinte Bartl.

 

 

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