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News 25. 09. 2009 |
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Kurz und heikel - Der Papst in TschechienPapst Benedikt XVI. tritt an diesem Samstag eine ebenso kurze wie schwierige Pastoralreise in das atheistisch und von kommunistischer Vergangenheit geprägte Land im Herzen Europas an. Ein Korrespondentenbericht von Hanns-Jochen Kaffsack und Jakob Lemke, dpa.Die dritte Auslandsreise in diesem Jahr führt ihn in die europäische "Diaspora", wo es dringend den Glauben zu festigen gilt. Denn seit bald zwei Jahrhunderten ist die Kirche in Tschechien gesellschaftlich stärker isoliert. Führende Katholiken wie der Prager Erzbischof Kardinal Miloslav Vlk sehen den Besuch Benedikts damit als eine missionarische Mission an. Bis zum Montag hat der deutsche Papst in Messen und Gesprächen Gelegenheit, diese Erwartungen zu erfüllen. Ein säkularisiertes Land mitten in EuropaNach dem Besuch Afrikas und im Nahen Osten sucht Benedikt in Tschechien jetzt den Dialog in einem säkularisierten und überwiegend konfessionslosen Land. Von den 10,5 Millionen Einwohnern bekennen sich nur knapp drei Millionen zum katholischen Glauben. "40 Jahre Repression und Verfolgung unter dem Kommunismus hätten vor allem verhindert, dass sie eine lebendige Laienarbeit entwickelte, klagt der Prager Kardinal. Tschechiens Hauptstadt Prag liegt in der Mitte von Europa, das dem konservativen Papst politisch und seelsorgerisch sowieso mehr Kummer als Freude macht. Es ist also auch der ideale Ort, zu einer erneuerten geistigen Einheit der Alten Welt aufzurufen. "Ihm wird es also zweifellos darum gehen, der Kirche dort Hoffnung und Mut zu machen, die Kirche als Trägerin der Zukunft darzustellen", erklärt der Vatikan-Sprecher, Jesuitenpater Federico Lombardi. Wie immer auf seinen Reisen wirbt Benedikt XVI. dabei nicht zuletzt für das ökumenische Gespräch. Alles in allem plant er während seines nur etwa 55-stündigen Aufenthalts in Tschechien zehn Reden und Grußworte. Erinnerung an 1989Nicht etwa am Brandenburger Tor Berlins, sondern in Prag, Brno (Brünn) und Stara Boleslav (Altbunzlau) wird der 82-jährige Joseph Ratzinger also an den Systemwechsel von 1989 erinnern. 20 Jahre sind vergangen, seitdem durch Osteuropa eine riesige Welle friedlicher Revolutionen fegte, zu der Benedikts polnischer Vorgänger Johannes Paul II. als charismatischer Hoffnungsträger viel beigetragen hatte. Der verstaatlichte Kirchenbesitz ist kein Thema"Ich freue mich darauf, Euer Land zu besuchen", grüßte Benedikt unlängst während der Generalaudienz tschechische Pilger im Vatikan in ihrer Landessprache. Politik und Gesellschaft zeigten schon vor der Visite des Kirchenführers viel Interesse. Selbst Staatspräsident Vaclav Klaus, der in den 1990er Jahren noch durch kirchenfeindliche Sprüche ("so etwas ähnliches wie ein Wanderverein") auffiel, will sich Zeit nehmen, um den Papst zu begleiten. Mit ihm wird Benedikt Deutsch sprechen und Konfliktpunkte ausklammern - etwa die Forderung nach einer Rückgabe der im Kommunismus verstaatlichen Kirchengüter. Eine europäische BotschaftBei den öffentlichen Auftritten Benedikts werden Zehntausende Gläubige erwartet, viele auch aus der Slowakei und Süddeutschland. Ein Höhepunkt soll zum Schluss der Besuch der Wenzelsbasilika von Stara Boleslav werden. Es ist das barocke Heiligtum der Tschechischen Nationalwallfahrt. Doch Neugier auf den deutschen Papst reiche nicht, um seine Botschaft 20 Jahre nach Ende des Kommunismus zu verstehen, so mahnte der Prager Botschafter beim Heiligen Stuhl, Pavel Vosalik. Wie wird diese Botschaft denn in einem Land ausfallen, das ein europäisches Bindeglied ist und viel zur "Zusammenführung" nach den Jahrzehnten des Eisernen Vorhangs und des Kalten Krieges beizutragen hat? Vor allem europäisch wird sie sein, vorgebracht von einem Papst, der mit ansehen muss, wie seine Milliarden-Weltgemeinde in Afrika und Asien weiter wächst - in Europa dagegen deutlich an Boden verliert. "Es geht um diese kulturelle und moralische Dimension der europäischen Einigung", Europa müsse den Reichtum der gemeinsamen Werte bewahren und sei ein Garant der Menschenwürde, sagt Lombardi. Der Besuch will auch demonstrieren: Europas Geschichte und Kultur hängen seit bald zwei Jahrtausenden eng mit der Kirche zusammen. "Zeichen für die Zukunft"Benedikt kommt als Oberhaupt der Weltkirche und will vor allem bei einem Treffen mit jungen Leuten ein "Zeichen für die Zukunft" setzen. Dabei dürfen Streitpunkte nicht stören, der seit Jahren umstrittene Grundlagenvertrag zwischen Prag und Vatikan soll offiziell kein Thema sein. Das Gesetzeswerk scheiterte im Mai 2003 in Tschechien, da eine politische, von Klaus unterstützte Mehrheit darin eine Bevorzugung der katholischen Kirche sah und auch der Rückgabe von Kircheneigentum skeptisch gegenübersteht. Weil sich der Papst gerade an die Jugend wendet, spricht er in diesen Tagen vor allem Englisch. Was ihn damit auch von der so belasteten deutsch-tschechischen Geschichte fernhält.
Tipp: - Der Papst in Tschechien: Umfangreiche ORF-Berichterstattung
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Link: - Website zum Papst-Besuch in Tschechien
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