News 20. 11. 2009

Ökumene: Anglikanischer Primas Rowan Williams ist optimistisch

Zuversichtlich äußerte sich der anglikanische Ehrenprimas, Erzbischof Rowan Williams, am Donnerstagabend bei einer Tagung an der Päpstlichen Universität Gregoriana über die Entwicklung des Verhältnisses von anglikanischer und katholischer Kirche. "Das ökumenische Glas ist halbvoll", so Williams. Die Verantwortung für eine "Stagnation" auf dem Weg zur Einheit schrieb der Erzbischof freilich der katholischen Kirche zu. Sie müsse darlegen, warum rechtliche und institutionelle Trennungsgründe größeres Gewicht haben sollten als die erreichte Übereinkunft in zentralen Glaubensfragen. Auf die jüngste päpstliche Konstitution "Anglicanorum coetibus" für übertrittswillige Anglikaner ging Williams laut "Kathpress" bei der Tagung nicht ein.

Für Samstag  ist ein Treffen zwischen Williams und Papst Benedikt XVI. geplant. Der Erzbischof von Canterbury betonte bei der Tagung, die aus Anlass  des 100. Jahrestags der Geburt des niederländischen Kardinals und  Ökumene-Pioniers Johannes Willebrands (1909-2006) stattfand, die Fortschritte im ökumenischen Bereich. Durch das gewandelte Selbstbild der katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) seien diese Fortschritte möglich geworden. Den Präsidenten des Päpstlichen  Rates für die Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, der an der Seite des Primas auf dem Podium saß, nannte Williams einen echten Freund.

Priesterinnen-Weihe: Williams erinnert an Gleichheit aller Getauften

Williams verteidigte zugleich die in verschiedenen anglikanischen Teilkirchen mögliche Zulassung von Frauen zur Priester- und auch zur Bischofsweihe. Ein Verzicht auf diese Praxis, die aus katholischer Sicht ein Haupthindernis für die gegenseitige Anerkennung ist, würde dem Verständnis anglikanischer Christen von der Gleichheit aller Getauften zuwiderlaufen. Man müsse aber auch die grundlegende Gemeinsamkeit beider Kirchen sehen, die auf der gemeinsamen Taufe beruhe, betonte der Erzbischof von Canterbury. Es gebe keine Divergenzen, was die theologische  Sicht auf das Handeln Gottes für die Erlösung des Menschen und das Sakramentenverständnis betreffe.

Die Autoritätsfrage ist das größte Problem

Als ein Hauptproblem des Dialogs zwischen Anglikanern und Katholiken bezeichnete Williams die Frage kirchlicher Autorität. Die Frage sei, mit welchem Anspruch eine kirchliche Institution die Grenzen der  Rechtgläubigkeit festlegen könne. Damit sei auch der Primatsanspruch  des Papstes verbunden. Als dritten Diskussionspunkt bezeichnete  Williams das Verhältnis zwischen den Teilkirchen und der universalen Kirche.

Kasper: "Anglicanorum coetibus" ist kein Ökumene-Hindernis

Das neue Modell für den kollektiven Übertritt anglikanischer Gemeinschaften zur katholischen Kirche bedeutet nach den Worten von Kurienkardinal Kasper keinen neuen Weg der Ökumene. Kasper bekräftigte bei der Gregoriana-Tagung eine klare Trennung zwischen kollektivem Konfessionswechsel und dem Streben nach Kircheneinheit. Fragen um den Übertritt von Anglikanern auf Grundlage der jüngsten vatikanischen Konstitution "Anglicanorum coetibus" müssten mit der größten Transparenz, Sensibilität und gegenseitigen Achtung behandelt werden, um Spannungen mit den anglikanischen Gesprächspartnern zu vermeiden, so der Kurienkardinal. Kasper verwahrte sich entschieden gegen jede Form einer Abwerbung von Gläubigen der anderen Konfession ("Proselytismus"). Das Prinzip einer Konsens-Ökumene gelte für die katholische Kirche auch in Zukunft, so der Kardinal. Echte Zuneigung für die ökumenischen Partner müsse den "legitimen Unterschieden und dem Charisma der anderen Kirchen" Raum bieten. Ökumene sei weder ein Programm, um den Herrschaftsbereich der Kirche auszudehnen, noch ein diplomatischer Kompromiss auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners, so Kasper.

  

 

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