News 02. 12. 2009

Demos gegen Minarett-Verbot: "Wir sind alle Muslime!"

Mehrere Tausend Personen sind am Dienstagabend in den Westschweizer Städten Lausanne, Genf, Freiburg und Biel gegen den Volksentscheid über ein Minarett-Verbot auf die Straße gegangen.

In Lausanne versammelten sich zwischen 4.500 und 5.000 Personen. Sie formierten sich zu einem Demonstrationszug, der sich von der Kathedrale zur Lausanner Moschee bewegte. Die Teilnehmenden skandierten Sprüche wie "Keine Diskriminierung" oder "Wir sind alles Muslime". Der Demonstrationszug war bunt gemischt. Auch hätten viele Jugendliche teilgenommen, bemerkte eine SDA-Journalistin. Die Demonstration war vom "Mouvement de lutte contre le racisme" (MLCR) organisiert worden. Unterstützt wurde dieses von Linksparteien sowie von Mitgliedern der jüdischen, reformierten, katholischen und muslimischen Gemeinden.

Demonstration mit Minaretten in Genf

In Genf kamen auf dem Platz vor der Kathedrale St. Pierre mehr als 2.000 Personen zusammen. Eingerahmt wurden die Kundgebungsteilnehmer von zwei aus Holz und Papier gebastelten Minaretten. Unter den Versammelten befanden sich auch viele Politiker, darunter Regierungspräsident David Hiler und der Genfer Stadtpräsident (Bürgermeister) Rémy Pagani. Die Organisatoren verzichteten auf einen Marsch zur Genfer Moschee. Stattdessen riefen sie die Teilnehmenden zu einer Schweigeminute auf. Weniger gut besucht waren ähnliche Veranstaltungen in Freiburg (Fribourg) und Biel (Bienne). In Freiburg folgten 250 Personen dem Aufruf zu einer Demonstration, in Biel waren es rund 150.

Ministerin: Schweiz hat Ängste unterschätzt

Die Schweizer Regierung hat laut Außenministerin Micheline Calmy die Ängste der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Abstimmung über ein Minarettverbot unterschätzt. Das überraschende Abstimmungsergebnis mit der hohen Zustimmung für ein Verbot hänge mit der Angst vor dem Unbekannten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusammen, so Calmy im Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit". "Das Ja zur Minarett-Initiative ist aber nicht gegen die muslimische Gemeinschaft in der Schweiz gerichtet, sondern eher ein Alarmsignal an die Adresse des Bundesrats (der Regierung)", sagte die Ministerin.

Inakzeptables Verhalten der SVP

Scharf griff Calmy-Rey die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) an, die die Abstimmung mit initiiert hatte. Die öffentliche Diskussion sei "durch falsche Behauptungen getrübt" worden. "Die Initiative wurde von einer politischen Partei instrumentalisiert, welche in der Regierungsverantwortung steht. Dies ist inakzeptabel", sagte die Außenministerin, die der Sozialdemokratischen Partei (SP) angehört.

Es können weiter Moscheen gebaut werden

Zwar sei nun der Bau neuer Minarette untersagt, nicht aber die Einrichtung neuer Moscheen, betonte die Ministerin. Die muslimische Gemeinschaft sei in der Schweiz gut integriert und werde die 200 Moscheen des Landes wie bisher besuchen können. "Auf einem anderen Blatt steht, was passiert, falls der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte feststellen sollte, dass die Bestimmung die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt."

 

 

 

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Hintergrund:

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ORF TVthek:

Berichte des ORF-Fernsehens zum Schweizer Minarett-Verbot

 

 

 

 

 
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