News 21. 12. 2009

Seligsprechung der Päpste Johannes Paul II. und Pius XII. rückt näher

Papst Benedikt XVI. hat seinen beiden Vorgängern Pius XII. (1939-58) und Johannes Paul II. (1978-2005) den heroischen Tugendgrad zuerkannt, teilte der Vatikan am Samstag mit. Damit ist das Seligsprechungsverfahren für beide Päpste einen entscheidenden Schritt weitergegangen. Papst Johannes Paul II. soll voraussichtlich im nächsten Jahr selig gesprochen werden.

Nach der Anerkennung des "heroischen Tugendgrades" durch Papst Benedikt ist jetzt nur noch die Anerkennung eines Wunders für die Seligsprechung notwendig. Benedikt hatte den "Santo subito"-Ruf vieler Katholiken nach dem Tod von Johannes Paul II. rasch aufgegriffen. In diesem Fall wurde der Prozess der Heiligsprechung bereits im Mai 2005 eingeleitet - einen Monat nach dem Tod des polnischen Papstes. Normalerweise beginnt die einschlägige Prüfung des Lebenslaufs eines Kandidaten erst fünf Jahre nach seinem Tod, es gab jedoch keine Widerstände gegen das von Benedikt gebilligte Schnellverfahren. Monsignore Slawomir Oder, der den Prozess zugunsten von Johannes Paul leitet, nannte die Entscheidung vom Samstag denn auch einen Moment "großer Freude und Zufriedenheit".

Seligsprechung Johannes Pauls im kommenden Jahr?

Was für beide Benedikt-Vorgänger jetzt noch folgen muss, ist die kirchliche Anerkennung eines von ihnen bewirkten Wunders. Medien in Italien spekulieren, Johannes Paul könnte noch 2010 seliggesprochen werden - etwa um den 16. Oktober herum, dem Jahrestag seiner Wahl zum Papst 1978. "Johannes Paul gilt auch außerhalb der Kirche und des Christentums als außergewöhnliche Figur", erklärte der Erzbischof Angelo Amato von der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen - dämpfte jedoch gleichzeitig Erwartungen auf eine schnelle Seligsprechung.

Wundersame Parkinson-Heilung?

Bei dem für die Seligsprechung notwendigen Wunder geht es um den Fall einer französischen Nonne, die nach eigenem Bekunden spontan von ihrer Parkinson-Erkrankung geheilt wurde, nachdem sie Johannes Paul II. kurz nach dessen Tod um Hilfe angefleht hatte. Ob dies wirklich ein Wunder war, muss nun von einem Gremium aus Ärzten, Kardinälen, Bischöfen und anderen Experten bestätigt werden. Auch der polnische Pontifex litt im Alter zunehmend an der Krankheit.

Jüdische Kritik an "heroischem Tugendgrad" für Pius XII.

Mit Verwunderung und Kritik haben Vertreter des Judentums auf die Zuerkennung des "heroischen Tugendgrades" für Pius XII. reagiert. Falls die Entscheidung des Papstes ein definitives Urteil über die historische Leistung des Pacelli-Papstes darstelle, "bleibt unsere Bewertung kritisch", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des römischen Oberrabbiners Riccardo Di Segni, des Präsidenten der jüdischen Gemeinden Italiens, Renzo Gattegna, und des Präsidenten der jüdischen Gemeinde Roms, Riccardo Pacifici. Es wäre besser gewesen, die vollständige Öffnung der Vatikan-Archive abzuwarten. Freilich wolle man sich "in keiner Weise in eine interne Angelegenheit der Kirche einmischen", so die Erklärung: "Aber wir können auch nicht vergessen, dass am 16. Oktober 1943 unter dem Schweigen von Pius XII. ein Zug mit 1.021 Römern jüdischen Glaubens von der Stazione Tiburtina nach Auschwitz abfuhr".

Zentralrat der Juden: "Umkehrung der historischen Fakten"

Kritik an der zu erwartenden Seligsprechung Pius XII. übte am Samstag auch der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. Er sei "traurig und wütend", so Kramer, über die Anerkennung des heroischen Tugendgrades. Es sei "absolut verfrüht, diesen Schritt zu machen", sagte Kramer. Er sprach von einer "deutlichen Umkehrung der historischen Fakten der NS-Zeit". Die katholische Kirche versuche, "eine andere Geschichte zu schreiben". Wütend mache ihn, dass Papst Benedikt XVI. keine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion zulasse.

Rabbiner Rosen: Papst zeigt "keine große Sensibilität"

Der Großrabbiner von Frankreich, Gilles Bernheim, erklärte am Sonntag in Paris, er hoffe darauf, dass der Vatikan von einer Seligsprechung Pius XII. absehe. Die Vorbereitungen dafür schadeten dem jüdisch-christlichen Dialog. Die Entscheidung von Benedikt XVI. bedeute einen "Gegensatz" zum christlich-jüdischen Dialog. Auch Rabbiner David Rosen, Berater des Jerusalemer Großrabbinats in Dialogfragen und Kontaktmann in vatikanischen Dialoggremien, äußerte sich im Gespräch mit dem "Corriere della Sera" am Sonntag zurückhaltend. Die Entscheidung des Papstes über Pius XII. zeige "keine große Sensibilität gegenüber der Besorgnis der jüdischen Gemeinschaft". Rosen äußerte die Hoffnung, dass das Verfahren für den Pacelli-Papst nicht beschleunigt wird.

Martyrium des Solidarnosc-Priesters Jerzy Popieluszko anerkannt

Insgesamt bewilligte Papst Benedikt XVI. am Samstag 21 Dekrete der Seligsprechungskongregation. Darin erkennt er unter anderem das Martyrium des 1984 vom polnischen Geheimdienst entführten und ermordeten Priesters Jerzy Popieluszko an, der der damals verbotenen Gewerkschaft Solidarnosc nahestand. Zudem bestätigte der Papst in  einem Dekret den heroischen Tugendgrad für die englische Ordensgründerin Mary Ward (1585-1645). Die Mary-Ward-Schwestern, die sich früher als "Englische Fräulein" bezeichneten, sind heute besondere im Erziehungs- und Bildungsbereich tätig.

 

 

 

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Biografie:

- Johannes Paul II.

 

Hintergrund:

- Selig- und Heiligsprechungen in der katholischen Kirche

 

Webcast:

- Orientierung, 26. 11. 2006: Johannes Paul II. – in seiner Heimat schon „heilig“ vor der Seligsprechung?

- Orientierung, 02. 04. 2006: Vor einem Jahr starb Papst Johannes Paul II.

 

 

 
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