News 01. 03. 2010

Evangelische Kirche in Deutschland: Stimmen für Schneider als Käßmann-Nachfolge mehren sich

Nach dem Rücktritt von Margot Käßmann als Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mehren sich die Stimmen, dass ihr Übergangsnachfolger Nikolaus Schneider das Amt übernimmt. "Er genießt hohes Vertrauen und ist ein Mensch mit großer Herzenswärme", sagte die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, am Samstag im oberbayerischen Tutzing.

Bis zur nächsten Tagung der Synode solle zwar keine Vorentscheidung über die Nachfolge Käßmanns getroffen werden, sagte Göring-Eckardt bei der ersten Sitzung des EKD-Rats nach dem Rücktritt der Bischöfin wegen einer Trunkenheitsfahrt. Sie persönlich würde sich jedoch sehr freuen, wenn die Zusammenarbeit mit Schneider über den Herbst hinausreiche. Im November wählt die Synode ihren neuen Vorsitzenden. Bis dahin hat Schneider den Ratsvorsitz kommissarisch übernommen. Auch der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Bayern, Johannes Friedrich, sprach sich für Schneider als künftigen Ratsvorsitzenden aus. "Er ist mein persönlicher Wunschkandidat", sagte Friedrich am Rande der Sitzung in Tutzing.

Rücktritt nach Alkoholfahrt

Käßmann war am Mittwoch als EKD-Ratsvorsitzende und Bischöfin der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover zurückgetreten: Die 51-Jährige war zuvor mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer über eine rote Ampel gefahren und dabei von der Polizei erwischt worden. Käßmann hatte ihren Rückzug damit begründet, "nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben zu können".

Schneider: Höchster Respekt vor Käßmann

Schneider würdigte in seiner Predigt am Sonntag im Rahmen der Bischofskonferenz in Tutzing Käßmanns Entscheidung. Er habe "höchsten Respekt vor Menschen, die ihre Schuld offen eingestehen, wie letzte Woche Margot Käßmann, die nicht versuchen, ihren Fehler unter den Teppich zu kehren, sich herausreden oder andere Menschen oder die Umstände für das eigene Vergehen verantwortlich machen", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Solidarität und Gerechtigkeit sind für Schneider zentrale Themen

Schneider unterstrich, dass er die Arbeit seiner Vorgänger Wolfgang Huber und Margot Käßmann zielstrebig fortsetzen wolle. "Eigene Akzente" wolle er indes im Bereich der anstehenden Reformprozesse in der EKD sowie in der Friedenspolitik setzen, so Schneider in Anspielung auf die jüngste Kontroverse Käßmanns zum Afghanistan-Einsatz der deutschen Bundeswehr. Besonders schlage sein Herz allerdings für das Thema Solidarität und Gerechtigkeit in der Gesellschaft, erklärte Schneider. Er sei der festen Überzeugung, "dass sich die humane Qualität einer Gesellschaft daran bemisst, wie sie gerade mit ihren schwächsten Gliedern umgeht - und daher werde ich mich in diesen Fragen auch deutlich zu Wort melden", kündigte er an. Politisch meldete sich Schneider zuletzt mit einer scharfen Kritik an den sozialpolitischen Äußerungen des deutschen Außenministers und Vizekanzlers Guido Westerwelle zum Thema "Hartz IV" zu Wort. Dem Protestanten Westerwelle bescheinigte Schneider, keine Ahnung von der rauen sozialen Wirklichkeit im Lande zu haben. Die "Hartz-IV"-Sätze seien laut Schneider nicht zu hoch, wie dies Westerwelle behauptet, vielmehr seien viele Löhne und Gehälter zu niedrig.

 

 

Video-on-Demand

- Ulrich Körtner zum Rücktritt von Margot Käßmann

- Orientierung: Ohne Amt und doch mit Würde? Vom Abschied einer Bischöfin

 

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