News 23. 04. 2012

Russland: Massengebet „zum Schutz  der Kirche“

Am Samstag versammelten sich über 50 000 Menschen in Moskau zum gemeinsamen Gebet zu dem die russisch-orthodoxe Kirche aufgerufen hatte. Nach einer Reihe von Vorfällen, die die Kirche als „antiklerikale Akte des Vandalismus“ bezeichnet, folgten zigtausende dem Aufruf an speziellen Gottesdiensten „zum Schutz der Kirche“ teilzunehmen.

Patriarch Kirill rief zu einem Gebet und einer Kreuzprozession auf, die unter dem Titel „Schützen wir den Glauben, entweihte Heiligtümer und den guten Namen der Kirche!“ stand. Im ganzen Land gab es am Wochenende derartige Veranstaltungen, allein in Moskau versammelten sich rund um die Erlöser-Kirche zwischen 50 000 und 65 000 Menschen. Den Anlass lieferten „immer häufiger werdende Angriffe gegen die Kirche“, wie Patriarch Kirill es laut dem Internetportal aktuell.ru  in seiner Ansprache formulierte.

Beschädigte Ikonen als Mahnmal

Patriarch Kyrill trug später während der Prozession acht beschädigte Ikonen aus der Stadt Weliki Ustjug umher. Insgesamt wurden über 60 beschädigte Ikonen aus ganz Russland zur Veranstaltung nach Moskau gebracht. Einige der Heiligenbilder waren bereits vor längerer Zeit beschädigt worden, so etwa eine Heiligendarstellung vor über 80 Jahren durch Schüsse, andere erst kürzlich durch Vandalismus. Laut RIA verkündete der Patriarch, dass die Ikonen nicht wiederhergestellt werden sollten. Stattdessen sollten sie zur Erinnerung an „die Schlacht, die sich jeder Christ mit sich selbst und seinen Sünden“ liefert, im beschädigten Zustand belassen werden.

"Heilige Mutter, gesegnete Jungfrau, vertreibe Putin"

In den letzten Monaten war es wiederholt zu Protestaktionen gegen die russisch-orthodoxe Kirche gekommen, sowie zu Vandalismus an Ikonen und anderen religiösen Gegenständen. Diese vor allem von der Jugend getragene Protestwelle ist nicht zuletzt eine politische, da sie ihren Ausgang im Vorfeld der Präsidentenwahl im März nahm. Damals hatte die weibliche Punkband „Pussy Riots“  eine „Punk-Andacht“ in der Erlöser Kirche abgehalten. Die Frauen-Punkband wollte mit der schrillen Aktion auf dem Altar der Kathedrale vor der Präsidentenwahl auf eine enge Verbindung zwischen Politik und Kirche in Russland aufmerksam machen. In dem "Punk-Gebet" hatten die mit Strickmützen maskierten Frauen unter anderem gerufen: "Heilige Mutter, gesegnete Jungfrau, vertreibe Putin".

Kluft zwischen Gesellschaft und Kirche

Nach wenigen Minuten wurde die Aktion von Sicherheitskräften beendet. Die Inhaftierung der Bandmitglieder wurde von Oppositionspolitikern und Bürgerrechtlern scharf kritisiert. Die Frauen würden mit Mördern und Vergewaltigern auf eine Stufe gestellt. Kritische Künstler werden nach Ansicht von Bürgerrechtlern immer wieder politisch verfolgt. Wegen "Aufwiegelung zu religiösem Hass" wurden etwa 2010 zwei Ausstellungsmacher zu hohen Geldstrafen verurteilt. Der Vorfall zeige, dass die Kluft zwischen Gesellschaft und Kirche wachse, sagt Xenia Lutschenko vom orthodoxen Internetblog "PravMir".

Biker-Konvoi unterstützt Kirche

Von dieser Kluft war während der Massenveranstaltungen am Samstag wenig zu sehen. Wie die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtet, gab es bereits vor dem Gebetstreffen mit dem Patriarchen einen Autokorso mit rund 400 Autos und zahlreichen Motorrädern, bei dem die Teilnehmen ihre Unterstützung für die Kirche demonstrieren wollten. Das russische Volk scheint gespalten zwischen Kritikern und Unterstützern der Kirche und ihrer Politik.  Dabei war die russisch-orthodoxe Kirche in letzter Zeit vor allem aus nicht politischen Gründen in die Kritik geraten, etwa wegen des angeblich luxuriösen Lebens und den ungeklärten finanziellen Verhältnissen des Patriarchen Kirill.

 

(KAP/religion.ORF.at/Astrid Mattes)

 

 

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