News 06. 06. 2012

„Vatileaks“: Kammerdiener des Papstes drohen bis zu sechs Jahre Haft

In der Affäre um die Weitergabe vertraulicher Dokumente aus dem Vatikan drohen dem Kammerdiener des Papstes bis zu sechs Jahre Haft. Dem vor knapp zwei Wochen festgenommenen Paolo Gabriele werde bisher schwerer Diebstahl zur Last gelegt, sagte der Richter Paolo Papanti-Pellettier, der im Kirchenstaat arbeitet, aber nicht direkt mit den Ermittlungen in dem Fall befasst ist, am Dienstag vor Journalisten.

Dafür sei im Vatikan eine Haftstrafe von ein bis sechs Jahren vorgesehen. Gabriele könne möglicherweise aber auch noch wegen anderer Delikte wie Hehlerei oder Geheimnisverrat angeklagt werden. In den vergangenen Monaten waren immer wieder interne Dokumente des Vatikans an italienische Medien weitergegeben worden, in denen es unter anderem um Korruptionsvorwürfe ging. Der Kammerdiener des Papstes steht im Verdacht, eine der undichten Stellen im Kirchenstaat zu sein.

Über Mittäter nichts bekannt

Anfang Mai hatte der italienische TV-Journalist Gianluigi Nuzzi ein Buch mit neuen Enthüllungen und Faksimile zahlreicher Dokumente herausgegeben. Über Motive des Kammerdieners oder mögliche Mittäter und Hintermänner ist bis jetzt nichts bekannt. Der Kammerdiener gehört zusammen mit den beiden Privatsekretären des Papstes und den vier Hausdamen aus der Geistlichen Gemeinschaft „Memores Domini“ zur päpstlichen Familie.

Kein Gefängnis im Vatikan

Der 46-jährige Gabriele wurde am Dienstag erstmals von einem Untersuchungsrichter vernommen, wie Vatikansprecher Federico Lombardi mitteilte. Er wurde demnach in Begleitung seiner beiden Anwälte verhört. Sollte es zu einem Prozess kommen, könne dieser im Vatikan stattfinden, sagte Papanti-Pellettier. Eine mögliche Haftstrafe könne Gabriele aber nicht im Kirchenstaat absitzen, weil es dort kein Gefängnis gebe. Der Vatikan müsse die italienische Regierung dann um die Unterbringung in einer italienischen Haftanstalt bitten.

Kein „Doppelagent“

Das Medienecho auf die laufenden Ermittlungen ist indes weiterhin groß: Zuletzt rief die von Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag dementierte These, der verhaftete Kammerdiener Paolo Gabriele sei eine Art „Doppelagent“ gewesen, internationale Reaktionen in den Medien hervor. Die These besagt, dass Gabriele bereits vor Monaten als Täter enttarnt worden sei. Die Ermittler der vatikanischen Gendarmerie hätten aber an weitere Namen gelangen wollen, und so habe der Kammerdiener gegen Zusicherung einer milden Behandlung die Sündenbockrolle übernommen und weiterhin mit Wissen von Papstvertrauten Dokumente an Journalisten weitergegeben. Ziel sei die Aushebelung der Spitze des „Netzwerks“ gewesen, so die Vermutung.

Von Wachen zur Messe begleitet

Momentan ist der Kammerdiener in einer 16 Quadratmeter großen Zelle in einem Gerichtsgebäude im Vatikan untergebracht, wie der Richter sagte. In dem Zimmer gibt es demnach ein Bad, ein Fenster, ein Bett und ein Kruzifix, aber keinen Fernseher. Am Sonntag durfte Gabriele den Angaben zufolge die Messe besuchen. Er sei von zwei Wachleuten begleitet worden, habe aber keine Handschellen getragen.

(APA/DPA/KAP)

 

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