News 27. 07. 2012

Glaubenshüter Müller will Verzicht auf Polemik und Ideologie

Der neue Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, hat alle in der katholischen Kirche eingeladen, „auf Polemik und Ideologie zu verzichten.“ Stattdessen solle man sich in die Lehre der Kirche vertiefen, sagte der Erzbischof in seinem ersten großen Interview mit der Vatikanzeitung „L'Osservatore Romano“.

Es gehöre zu den Herausforderungen der Glaubenskongregation, „dass Gruppen von rechts und von links – wie man so sagt – unsere Zeit und unsere Aufmerksamkeit sehr in Anspruch nehmen“, so Müller. Da bestehe die Gefahr, die Hauptaufgabe etwas aus dem Blick zu verlieren, „das Evangelium zu verkünden und die kirchliche Lehre positiv darzulegen.“ Das Interview, das am Freitag auch in der deutschen Wochenausgabe des „Osservatore“ erschien, sei gewissermaßen die Regierungserklärung des ehemaligen Regensburger Bischofs in seinem neuen römischen Amt, hielt „Radio Vatikan“ fest. Müller war am 2. Juli berufen worden.

„Keine Verhandlungen über Wort Gottes“

Zur schwierigen Frage einer Wiederannäherung der erzkonservativen Piusbrüder an Rom erklärte Müller, über das Wort Gottes gebe es keine Verhandlungen: „Ich kann mich nicht auf die Tradition der Kirche berufen, und sie dann nur auszugsweise akzeptieren.“ Der Vatikan verlangt von der Bruderschaft, die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils anzuerkennen. Keine Verhandlungsbereitschaft signalisiert Müller aber auch gegenüber dem anderen Ende des katholischen Spektrums: Zu einer Öffnung des Weihesakraments für Frauen gab er zu bedenken, es gehe beim Priestersein nicht darum, sich selbst zu positionieren: „Das Priesteramt darf man nicht für eine Art weltliche Machtposition halten und meinen, Emanzipation ereigne sich dann, wenn jeder diese einnehmen könne.“ Die Kongregation solle vor allem den Glauben fördern und verständlich machen. Als zweites müsse der Glauben „auch gegen Irrtümer und Verkürzungen verteidigt werden“, fügte Müller an.

Differenzierte Beurteilung der Befreiungstheologie

Differenziert äußerte sich der Nach-Nachfolger von Joseph Ratzinger im Amt des Glaubenshüters zur Befreiungstheologie. Man müsse unterscheiden zwischen einer falschen und einer richtigen Theologie der Befreiung, sagte er. Jede gute Theologie habe mit Freiheit zu tun, „marxistische Selbsterlösungslehren“ dürften aber grundsätzlich nicht mit dem von Gott geschenkten Heil vermischt werden. Leiden, soziale Not und die Missachtung von Menschenrechten müssten „ohne Paternalismus von oben herab“ angegangen werden.

(dpa)

 

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