Glaubensinhalte und Spiritualität
Gottesbilder
In wohl kaum einer anderen Religion ist es so
schwierig, ein Gottesbild zu definieren. Da im Hinduismus auch heute
verschiedene Glaubensrichtungen und Denksysteme gleichberechtigt
nebeneinander existieren, kann auch die Frage nach dem Gottesbild
nicht eindeutig beantwortet werden. Oft wird der Hinduismus als
Polytheismus (Vielgötterglaube) bezeichnet, weil eine große Zahl
an Göttinnen und Göttern verehrt wird. Aber die Vielzahl an
Göttern wird auch als "die vielen Gesichter eines Gottes"
gedeutet.
"Es gibt nur eine Wahrheit- die Weisen benennen sie
unterschiedlich" (Rigveda)
Der Versuch, den Hinduismus in feste, einheitliche Kategorien
einzuteilen entzweit selbst Wissenschafter. Unterschiedliche Formen
lassen sich nebeneinander feststellen.
Verschiedene, historisch nacheinander entstandene Glaubensrichtungen
und Denksysteme existieren gleichberechtigt nebeneinander. Es gibt
keine allgemein anerkannten Dogmen, es wird auch kein bestimmter
Glauben vorgeschrieben. Die wichtigsten Ansätze sind:
Viele Götter
Der Hinduismus wird als polytheistische Religion ( Vielgötterei)
gesehen, da eine Vielzahl von unterschiedlichen Göttern und
Göttinnen verehrt wird. Diese Richtung dominiert v.a. in der Zeit
der Veden.
Ein Gott
Viele Hindus sehen in der Vielzahl der Götter und Göttinnen
lediglich unterschiedliche Gesichter des Einen Gottes – brahman.
Er ist das Eine und Alles, er enthält die ganze Welt und
transzendiert sie (Monotheismus).
Für einen Grossteil der Hindus heute verkörpern Shiva oder
Vishnu den Einen Gott. (Shivaismus bzw. Vishnuismus)
Ein unpersönliches höchstes Prinzip
Alle Götter und alle Erscheinungen dieser Welt sind lediglich
Ausdruck eines höchsten Prinzips, das unpersönlich ist und bleibt
( brahman ).
Gott ist dreifach –Dreifaltigkeit
Brahman manifestiert sich als Dreiheit: jeder Gott ist Aspekt des
Einen.
Brahma – der Erschaffer der Welt
Vishnu – der Erhalter und Bewahrer der Welt
Shiva – der Vollender und Zerstörer der Welt.
Die Dreifaltigkeit wird aber auch als historischer Versuch der
Brahmanenpriester gesehen, die unübersichtliche Vielfalt der
hinduistischen Götterwelt in den Griff zu ordnen.
Für einen Grossteil der Hindus ist entweder Shiva oder Vishnu der
einzige, allumfassende Gott. Die Strömung, die Brahma als den Einen
Gott verehrte, ist heute so gut wie nicht mehr anzutreffen..
Ein Gott und viele Götter zugleich
Manche bezeichnen des Hinduismus als "Henotheismus": Es
gibt zwar viele Götter, verehrt wird jedoch jeweils nur einer als
höchster Gott, wobei die anderen diesem untergeordnet werden. Dabei
kann sich im Laufe der Zeit der Name des obersten Gottes ändern. So
sind etwa die Hochgötter der Zeit der Veden ( Indra, Varuna, Agni )
später zu blossen Hilfsgöttern herabgesunken, während andere, in
den Veden unbedeutende Götter wie Shiva und Vishnu zu Hochgöttern
aufstiegen.
Die Göttin
Viele sehen in der weiblichen Dimension des Göttlichen die
Quelle allen Lebens und verehren an erster Stelle Gott als Göttin (
devi) – dies wird besonders in den ländlichen Gegenden Indiens
deutlich. Die Inder bezeichnen ihr Land nicht als Vaterland sondern
als Mutterland (bharata mata ). Bereits in der vorarischen
Industalkultur spielte der Kult um weibliche Gottheiten eine
wichtige Rolle. Ab dem 6.Jh. n.Chr. gewinnt die Verehrung der devi
eine wichtige Rolle. Der Kult um zahlreiche lokale Göttinnen wird
durch die Vorstellung aufgewertet, dass sie alle Erscheinungsformen
der Einen Göttin sind. Die devi wird als die aktive Kraft ( shakti)
gesehen ,die sich in Gestalt des Universums manifestiert. Sie ist
die Wurzel des Daseins. Gott selbst – wie etwa Shiva - ist nur
reiner Geist. Er wird erst manifest, nachdem er durch die Berührung
mit der dynamischen weiblichen Lebenskraft ( shakti) aufgeladen
wird. Ohne Wirken der Göttin können die Götter nicht ins Sein
treten und bleiben leblos.
Die Göttin hat sowohl mütterlich- gütige als auch grimmig-
zornvolle Aspekte. Die wichtigsten Gestalten der Göttin sind: Durga
–die weibliche Kriegerin - sie erscheint auch oft als Kali,
"die Dunkle", "die Schreckliche". Lakshmi –
die Göttin des Glückes und des Reichtums ( in jedem Haushalt und
Geschäft präsent). Sarasvati – die Göttin des Lernens, der
Poesie und Musik.
Durga , Lakshmi, Sarasvati werden auch als Gemahlinnen von Shiva,
Vishnu und Brahma dargestellt.
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