News 19. 05. 2006

Caritas und Diakonie rufen zu Sachlichkeit auf

Mit Kritik in Richtung der politischen Akteure reagierten am Freitag die kirchlichen Organisationen Caritas und Diakonie auf die Präsentation der "Integrations-Studie" des Innenministeriums. Sowohl Caritas-Präsident Franz Küberl als auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka warnten vor einer Instrumentalisierung des Themas für den Wahlkampf und mahnten eine sachliche Diskussion an.

"AusländerInnen dürfen nicht zu Sündenböcken gemacht werden, nur um die Einheimischen zufrieden zu stellen und Wählerstimmen zu gewinnen", warnte Küberl in einer Aussendung. Statt das Integrationsthema für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, sollten politische Weichenstellungen für ein harmonisches Miteinander von Zuwanderern und Einheimischen vorgenommen werden, forderte Küberl. "Die Vogel-Strauß-Politik muss endlich aufhören", so der Caritas-Präsident wörtlich.

Forderung nach Integrations-Staatssekretariat

Integration werde in Österreich vor allem durch die "sicherheitspolizeiliche Brille" gesehen, kritisierte Küberl: "Weder Bund noch Länder machen eine Integrationspolitik, die diesen Namen auch verdient. Das ist ein großer Fehler". Integration könne nur im Zusammenspiel von Gemeinden, Ländern und Bund, aber auch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie der Religionsgemeinschaften funktionieren, betonte Küberl. Er verlangte erneut ein Integrations-Staatssekretariat im Bundeskanzleramt. Dies wäre "ein erster, wichtiger Schritt".

Chalupka: Versachlichung statt Wahlkampf

Diakonie-Direktor Michael Chalupka haben die Wortmeldungen der letzen Tage vor allem gezeigt, dass "Wahlkampf der sachlichen Diskussion um Integration nicht gut" tut. Zur Versachlichung der Debatte schlägt Chalupka vor, den Vorschlägen von Mathias Rohes zu folgen. In der von ihm verfassten Integrationsstudie verlangt der Islamexperte ein "adäquates Ausbildungssystem einschließlich anschlussfähiger religiöser Ausbildung, realistische Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und sozialen Teilhabe einschließlich einer Präsenz in Öffentlichkeit und Medien, welche die Binnenpluralität angemessen widerspiegeln".

Chalupka für Maßnahmen im Bildungsbereich

Statt einer "massiven Verschärfung der Integrationsbedingungen für sozial Schwache wie im aktuellen Staatsbürgerrecht", seien vor allem "Maßnahmen im Bildungsbereich" notwendig, betont man seitens der Diakonie. Chalupka befürchtet, die Integrationsdebatte könne "wieder in den üblichen Kulturkampf zu kippen, der die Entwicklung einer ethnisch segmentierten sozialen Unterschicht mit geringen Aufstiegschancen befördert".

Bischof Krätzl: Integration ist "Bring- und Holschuld"

Vor Einseitigkeit in der Debatte über die Integration von Muslimen in Österreich hat der in der Österreichischen Bischofskonferenz für den Dialog mit den Weltreligionen zuständige Wiener Weihbischof Helmut Krätzl gewarnt. Integration bedeute, sich den geltenden Rechtsordnungen zu unterstellen, keinesfalls aber, seine Kultur und Religion aufzugeben. Integration sei eine "Bring- und Holschuld" und könne nur verlangt werden, wenn den Zuwanderern auch entsprechende Möglichkeiten gegeben werden, erklärt Krätzl laut Aussendung der Erzdiözese Wien im Gespräch mit dem "Neuen Volksblatt" vom Donnerstag.

Warnung vor Verallgemeinerungen"

Zur Integration gehöre gegenseitiger Respekt. Dazu gehöre auch der Respekt "vor der christlichen Geschichte und christlichen Symbolen". Es gehe auch um eine "Chance zum Kennenlernen". Dazu zähle für die Zuwanderer das Erlernen der Sprache. Im Gegenzug müsse es aber auch die Bereitschaft zur Aufnahme in die Gesellschaft geben. Die am Donnerstag noch nicht publizierte Integrationsstudie des Innenministeriums wollte Krätzl nicht kommentieren. Er warnte aber vor "zu frühzeitigen Verallgemeinerungen".

Spiegelfeld: Integration nicht schlecht reden

Der Rektor des Afro-Asiatischen-Instituts (AAI) in Wien und Leiter der Katholischen Hochschulgemeinde Wien, Konstantin Spiegelfeld, betonte am Donnerstag, in der Debatte um die Integration von Zuwanderern dürfe "das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verloren werden: das friedliche Miteinander von unterschiedlichen Menschen". In Wien sei dieses Miteinander "immer gelungen, wenn auch oft mit Zeitverzögerung". Daher dürfe man die "zahlreichen Beispiele gelingender Integration nicht schlecht reden", so Spiegelfeld. Wo jedoch "polemisiert und falsch pauschaliert" werde, bestehe auch in Österreich die Gefahr, dass "die Debatte in eine falsche Richtung läuft" und die Ängste der Menschen nicht abgebaut, sondern verstärkt werden.

 

 

 

 

Weitere News zum Thema:

- 19. 05. 2006: Integrationsstudie: "Friedfertiges Nebeneinander" in Österreich

- 18. 05. 2006: Landau: Integration ist Prozess auf Gegenseitigkeit

- 17. 05. 2006: Evangelische Akademie warnt vor „Ausländerwahlkampf“

- 16. 05. 2006: Al-Rawi: 95 Prozent der Muslime sind integrationswillig

- 15. 05. 2006: "Christlich-muslimische Plattform": "Studie gehört rasch auf den Tisch"

 

Link:

- Studie "Perspektiven und Herausforderungen in der Integration muslimischer MitbürgerInnen in Österreich"

 

Hintergrund:

- Bis zu 400.000 Muslime in Österreich 

- 52 Millionen Muslime leben in Gesamteuropa

 

Grafik:

- Muslime in Österreich

 

 

 

:

 
zum Seitenanfang Seitenanfang