News 11. 05. 2007

Papst sprach erstmals einen gebürtigen Brasilianer heilig

Bei einem großen Gottesdienst auf dem Gelände des Innenstadtflughafens "Campo de Marte" in Sao Paulo hat Papst Benedikt XVI. am Freitag den 1822 verstorbenen Franziskaner Frei Antonio de Sant'Ana Galvao heilig gesprochen. Es war eine doppelte "Premiere": Der Franziskaner ist der erste in Brasilien geborene Heilige und es war die erste Heiligsprechung, die der Papst im Ausland durchgeführt hat.

Bei der Messe in Sao Paulo kritisierte der Papst den "Hedonismus unserer Zeit". Die Menschen sollten sich "weigern, sich als Lustobjekte betrachten zu lassen", sagte der Kirchenführer vor Hunderttausenden Gläubigen am Freitagmorgen (Ortszeit). Zugleich richtete der Papst scharfe Kritik an die Massenmedien, die sich über das Keuschheitsgebot der katholischen Kirche lustig machen würden. "Es ist notwendig, Nein zu diesen Kommunikationsmitteln zu sagen, die die Heiligkeit der Ehe und die Jungfräulichkeit vor der Ehe ins Lächerliche ziehen", sagte der Papst. 

Ein neuer Heiliger

Im Rahmen des Gottesdienstes sprach Benedikt den Franziskanerpater Frei Antonio de Sant'Ana Galvao (1739-1822) heilig. In seiner Predigt würdigte der Papst den neuen Heiligen als "Mann des Friedens und der Nächstenliebe". Benedikt XVI. bezeichnete Frei Galvao als Vorbild für heutige Christen. Als beispielhaft bezeichnete Benedikt XVI. auch die Marienverehrung des Franziskaners. Diese biete eine sichere Gewähr für den "mütterlichen Schutz" gegen die Übel der modernen Zeit.

Die Heiligen seien die wahren Reformer, sagte Benedikt XVI.: "Nur von den Heiligen, nur von Gott her kommt die wirkliche Revolution, die grundlegende Änderung der Welt". Ohne Versöhnung mit Gott, dem Nächsten und sich selbst könne es keinen Frieden geben.

Frei Antonio de Sant'Ana Galvao

Frei Antonio ist der erste brasilianische Heilige, der im Land geboren wurde. Gerade die Armen und die Sklaven verehrten den Ordensmann schon zu Lebzeiten, weil er sich für ihre Belange einsetzte, den Herrschenden aber stets die Stirn bot. 1780 verteidigte Frei Antonio einen Soldaten, den die Behörden aus nichtigem Anlass hinrichten lassen wollten. Der Franziskaner wurde aus der Stadt verbannt, der Soldat getötet. Doch das Volk, darunter auch bewaffnete Großgrundbesitzer und ihre Sklaven, belagerten das Haus des Gouverneurs, bis dieser die Verbannung zurücknahm. Frei Antonio, ein eleganter, hoch gewachsener Mann, war indessen auch Poet und Literat. Zu seiner Aufnahme in Brasiliens erste Dichterakademie deklamierte er 1770 vier Stunden lang eigene Dichtungen - in lateinischer Sprache.

Als Wundertäter verehrt

Doch verehrt wird er von den Brasilianern bis heute vor allem als Wundertäter in ausweglosen Situationen. Das Volk vertraut auf seine Fürsprache, vor allem bei komplizierten Schwangerschaften. 1998 erkannte der Vatikan nach eingehender Prüfung ein erstes Wunder an: Ein vierjähriges Mädchen, das wegen Infektionen und Herzstillstand bereits verloren schien, wurde plötzlich wieder völlig gesund. Im gleichen Jahr wurde Frei Antonio von Johannes Paul II. selig gesprochen. Ein zweites Wunder wurde 1999 anerkannt: ein Neugeborenes überlebte trotz gegenteiliger Prognosen der Ärzte.

Die "Galvao-Pillen"

In beiden Fällen wurden die wunderbaren Heilungen auch den begehrten "Pilulas de Frei Galvao" zugeschrieben. Wenn der Pater nämlich nicht sofort zu einem Schwerkranken oder einer Gebärenden eilen konnte, schrieb er ein kurzes Gebet auf zwei Papierzettel. Er schnitt sie in je drei Stückchen, rollte sie wie zu einer Pille zusammen und bat die Angehörigen, den Patienten die "Pilula" zu geben, vor allem aber mit ihnen zu beten. Bis heute rollen nun die Nonnen des Klosters des Lichts in São Paulo tausende kleine Gebetsrollen, und jeden Tag stehen ausreichend Gläubige vor den Toren des Klosters, um diese "Galvao-Pillen" genannten Wunderbringer entgegenzunehmen. Die Gläubigen versprechen sich von der Einnahme der Rollen mit kurzen Gebetstexten die Erlösung von vielen Übeln: Krankheiten, Unfruchtbarkeit, Armut.

Lateinamerikanische Bischofskonferenz

Am Freitag trifft Papst Benedikt XVI. in der Kathedrale von Sao Paulo noch die brasilianischen Bischöfen um danach per Helikopter in den Marienwallfahrtsort Aparecida weiter zu reisen. Am Samstagvormittag besucht der Papst ein Hilfsprojekt für Drogenabhängige leitet abends eine Maiandacht mit 45.000 Priestern und Ordensleuten in Aparecida. Am Sonntag eröffnet der Papst in Aparecida die Vollversammlung des lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM). Hier werden wichtige Weichenstellung für den künftigen Kurs der Kirche in Lateinamerika erwartet.

 

 

Überblick:

- Papst Benedikt XVI. in Brasilien

 

TV-Tipp:

- Orientierung, 13.05.2007:
Papst Benedikt XVI. auf „Missionsreise“
Brasilien: Pfingstkirchen im Vormarsch

 

Hintergrund:

- Aparecida - Brasiliens größter Wallfahrtsort 

- Lateinamerikas Bischöfe stellen die Weichen für die Zukunft

 

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Webcast:

- Brasilien: Dichter, Mystiker, Rebell – Bischof Pedro Casaldaliga

 

 
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