News 11. 02. 2010

Deutscher Bischof: Kritik an "Instrumentalisierung der Missbrauchsfälle"

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke setzt sich gegen eine Instrumentalisierung des Missbrauchsskandals bei den deutschen Jesuiten zur Wehr. Missbrauch sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, sagt der Bischof.

Grundsätzliche Vorwürfe gegenüber der ganzen Kirche entbehrten jeder Grundlage, betonte der Bischof am Donnerstag laut Kathpress. Dabei verwies der frühere Benediktiner-Abt auf jüngste Aussagen von Papst Benedikt XVI. Dieser habe keine Zweifel daran gelassen, wie schändlich solche sexuellen Vergehen an Minderjährigen durch Kleriker seien. Wer nur etwas Erfahrung mit Beichtpastoral und Einzelseelsorge habe, wisse, dass Missbrauch ein gesamtgesellschaftliches Problem sei.

Gegen Zölibatsdiskussion

Ausdrücklich wandte sich der Bischof gegen die Verquickung der Problematik mit der Zölibatsdiskussion. Wer dies tue, müsse sich fragen lassen, "ob er nicht noch ganz andere Interessen und Wünsche verfolgt als das Ziel der Gerechtigkeit und Hilfe für die Opfer".

Schweigevereinbarung aufgehoben

In Berlin äußerte sich unterdessen am Donnerstag der sexuellen Missbrauchs beschuldigte Priester Peter Wistuba erstmals öffentlich zu den Vorwürfen. Nachdem das Erzbischöfliche Ordinariat Berlin diese veröffentlicht habe, sei dessen Schweigevereinbarung mit ihm aufgehoben, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme Wistubas. Darin widersprach er teilweise der Darstellung des Falls durch das Ordinariat. Das Statement wurde am Mittwochabend bei einer Gemeindeversammlung in der Pfarre Heilig Kreuz verlesen, in der Wistuba bis vergangenen Sommer Seelsorger war.

"Keine Aktivitäten mit Jugendlichen"

Nach Angaben der Erzdiözese wurden dem Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, Anfang Juli 2009 die "Beschuldigungen und Verdächtigungen" vorgetragen, die sich auf das Jahr 2001 bezögen. Sterzinsky habe dem Pfarrer daraufhin umgehend alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Jugendlichen untersagt. Zudem habe der Kardinal eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt. Ende Juli habe er die Verzichtserklärung des Geistlichen auf die Pfarre angenommen.

Vorfälle anzeigen

Die Erzdiözese forderte das Opfer nach eigenen Angaben auf, die Vorfälle anzuzeigen. Wenn es weitere Opfer gebe, sollten sie sich melden. Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz wurde zudem eine Untersuchung in Rom eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sei.

Sexuelles Klima

Wistuba erklärte, er habe nicht auf Grund seiner Selbsteinschätzung um die Beurlaubung gebeten, sondern sei der Aufforderung der Erzdiözese gefolgt. Weiter heißt es: "Außer, dass sich eine anonyme Person 2001 belästigt fühlte von einem sexuellen Klima, das ich verbreitet haben soll, sind mir bis heute keine Fakten genannt worden."

Ausnahmesituation

Zu den Vorwürfen sei er in einem Vernehmungsgespräch der Erzdiözese über mehrere Stunden befragt worden. Nach diesem Gespräch sei er "in einer Ausnahmesituation gewesen" und habe das Vernehmungsprotokoll unterschrieben. Eine Kopie davon sei ihm nicht ausgehändigt worden.

"Ungeheure Peinlichkeit"

Wistuba bezeichnete es als "ungeheure Peinlichkeit", im Zusammenhang mit den Vorgängen am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich genannt zu werden. Das Jesuiten-Gymnasium hatte vor zwei Wochen zahlreiche Übergriffe an Schülern in den 1970er und 1980er Jahren bekanntgemacht und damit eine breite Debatte über Missbrauch in der katholischen Kirche ausgelöst.

Fehler im Umgang

Der Ansprechpartner bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche, Dompropst Stefan Dybowski, kündigte bei der Veranstaltung gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg an, er wolle Wistubas Angaben überprüfen. Zudem räumte er Fehler im Umgang mit ihm ein.

 

Link:

- Private Internetseite für Betroffene mit Petition

 

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