News 11. 03. 2010

Diözese Innsbruck geht "entschieden" gegen Missbrauchsfälle vor

Der Generalvikar der Diözese Innsbruck, Jakob Bürgler, hat ein "entschiedenes Vorgehen" der Diözese gegen Missbrauchsfälle angekündigt. Zum einen wurde jener Priester beurlaubt und aus der Seelsorge abgezogen, der Anfang der 1980er Jahre aus dem Vorarlberger Kloster Mehrerau wegen einer Missbrauchstat nach Tirol versetzt worden war und - nach psychotherapeutischer Behandlung - dort bis jetzt als Priester tätig war.

Dem Priester werden laut Generalvikar Bürgler bis zu zehn bisher nicht bekannte Missbrauchsfälle zur Last gelegt. Wie Bürgler betonte, hatte die Diözese bis zu den Aussagen des Mehrerauer Abtes Anselm van der Linde am 9. März nur von der einen Tat des Priesters gewusst. Nach therapeutischer Begleitung und Aufarbeitung sei der Priester aus seinem bisherigen Umfeld entfernt und nach Tirol versetzt worden. Nun sei eine Situation eingetreten, die zur Beurlaubung des betreffenden Priesters führte. Es sei "ein deutlicher Klärungsbedarf gegeben", betonte der Innsbrucker Generalvikar. Bürgler: "Die Information über die kolportierten zehn Missbrauchsvorwürfe haben wir vom Kloster Mehrerau. Wir gehen davon aus, dass diese Information der Wirklichkeit entspricht. Der betreffende Priester wird sich der neuen Situation stellen müssen. Etwaige kirchenrechtliche Konsequenzen werden zusammen mit dem Abt von Mehrerau besprochen. Eine Rückkehr in die pfarrliche Seelsorge ist nicht angedacht."

Appell an Missbrauchsopfer

Laut Bürgler wurde von 1995 bis heute der Diözese Innsbruck insgesamt 33 Fälle gemeldet, "bei denen ein Klärung wichtig gewesen ist"; sie hätten nicht nur Priester betroffen, und es habe sich auch nicht bei allem um Fälle von sexuellem Missbrauch gehandelt. Drei neue Fälle wurden erst heute gemeldet, ließ Bürgler in einer Presseausendung am Mittwochabend mitteilen. Der Generalvikar bittet zudem Missbrauchsopfer, die sich noch nicht gemeldet haben, sich an die Ombudsstelle der Diözese zu wenden.

Beirat mit unabhängigen Fachleuten

Als zusätzlichen Schritt im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen kündigte der Generalvikar die "unverzügliche" Schaffung eines "Beirats" für die Ombudsstelle an, die es seit über zehn Jahren gibt. Diese Maßnahme erfolge "auf der Basis der Beschlüsse der Österreichischen Bischofskonferenz". Dem Beirat würden "unabhängige und externe Fachleute aus den juridischen und psychotherapeutischen Bereichen genauso wie Vertreter von Ordensgemeinschaften und Diözese" angehören. Es solle sichergestellt werden, dass von Seiten der Kirche "nicht nur reagierend, sondern aktiv und aus eigenem Antrieb all das in den Blick genommen" werde, "was in puncto Missbrauch und sexualisierte Gewalt in Vergangenheit und Gegenwart besprochen und geklärt werden muss".

Entschiedenes Vorgehen

"Es ist uns ein großes Anliegen, allen Anfragen und aufgezeigten Situationen aktiv, ernsthaft und ehrlich nachzugehen", hob Bürgler hervor. Er sei über die nun bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfe "tief betroffen und erschüttert". Das Mitgefühl, die Aufmerksamkeit und das Bemühen um Heilung - soweit sie möglich ist - gelte zuallererst den Missbrauchsopfern, denen lebenslanges Leid zugefügt worden sei. Gegenüber Tätern werde es ein "entschiedenes Vorgehen" geben. Der erste Schritt bei Missbrauchsvorwürfen ist laut dem Innsbrucker Generalvikar eine "vertrauliche Behandlung und Konfrontation". Anschließend folgten "bei Vorliegen aufklärungsbedürftiger Indizien die Einbindung der Justiz und die kirchenrechtlichen Konsequenzen, die bis zur Enthebung aus dem Amt führen können".

 

 

Link:

- Diözesane Ombudsstellen für Opfer sexuellen Missbrauchs in der röm.-kath. Kirche

 

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