News 19. 02. 2010

"Wir sind Kirche": Bischöfe müssen die "strukturellen Begünstigungen" von Missbrauch beseitigen

Angesichts der aktuellen Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche fordert die Basisbewegung "Wir sind Kirche" die Bischöfe dazu auf, "sich nicht länger mit der Verurteilung der zahlreichen und weltweiten 'Einzelfälle' begnügen", sondern "endlich auch die strukturellen Begünstigungen" zu beseitigen.

"Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt" würden dort besonders gut gedeihen, "wo neben einem unverantwortlichen Umgang mit Sexualität strukturelle Gegebenheiten dies begünstigen", heißt es in einer am Freitag veröffentlichten "Wir sind Kirche"-Stellungnahme. Zu diesen "strukturellen Gegebenheiten" zählen für "Wir sind Kirche" vor allem "autoritäre Strukturen, die Tabuisierung sexueller Themen, ´Schweigegebote´ und der Pflicht-Zölibat". Diese Ingredienzien ergäben ein "explosives Teufelsgemisch", betont die Basisbewegung und kritisiert das Festhalten der Kirchenleitung an den "versteinerten, aber für manche verführerischen Strukturen". Entscheidungen würden in der Kirche "nach wie vor autoritär getroffen und bedürfen keiner Begründung". Auch fehlten Verfahren, um kirchlichen Entscheidungen zu widersprechen und deren Revision zu verlangen. Nach Ansicht von "Wir sind Kirche" sind das "Voraussetzungen in denen auch Angst, Gewalt und Abhängigkeit begünstigt werden".

Der Zölibat – ein "struktureller Schutzmantel"

Der Pflichtzölibat biete zusätzlich einen "strukturellen Schutzmantel", so "Wir sind Kirche". Zugleich betont die Reformbewegung, auch eine Freistellung der Lebensform für Priester würde nicht das Ende aller Missbrauchsfälle bewirken. "Aber für Menschen, die – aus welchen Gründen immer – keine reife Sexualität entwickeln konnten oder ihre Sexualität gewaltsam unterdrücken, etwa weil sie ihre Neigungen verbergen wollen oder weil sie sich einer erwachsenen heterosexuellen Beziehung nicht gewachsen fühlen, bietet der Pflicht-Zölibat wirksamen Unterschlupf". Entgegen der Meinung von Sexualwissenschaftern mache die Kirchenleitung Homosexualität und Pädophilie generell für die Übergriffe verantwortlich. Diese kategorische Verurteilung trägt nach Ansicht von "Wir sind Kirche" zur "Verschärfung des Problems" bei. Die "Geheimhaltungspolitik" des Vatikan mit ihrem "bisherigen Verschweigen von zahlreichen Fällen" sei "eine weitere Essenz in dem verhängnisvollen Gemisch", so "Wir sind Kirche".

"Eindruck der Heuchelei"

Das nunmehr wiederholt geäußerte "Entsetzen" von Papst Benedikt XVI. über die Vorfälle vermittele den "Eindruck der Heuchelei", so "Wir sind Kirche". Sei doch davon auszugehen, "dass ihm solche Fälle seit Jahrzehnten bekannt sind und er die strukturellen Ursachen bis heute leugnet".

 

 

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