News 17. 05. 2010

Offene Worte beim Kongress der Pfarrgemeinderäte

Offene und schonungslose Kritik und der Wunsch nach Mitbestimmung haben den Kongress der Pfarrgemeinderäte in Mariazell geprägt. Der Kärntner Diözesanbischof sprach am Samstag gegenüber "Kathpress" von einer "wertvollen Erfahrung" und verkündete den Willen der heimischen Bischöfe, den Dialog weiterzuführen.

Kardinal Christoph Schönborn hatte bei der Podiumsdiskussion am Freitagnachmittag allerdings auch eingeräumt, er habe angesichts vieler kritischer Wortmeldungen auch "sehr gelitten - aber es war ein heilsames Leiden, weil es die Realität war." Der burgenländische Bischof Paul Iby, der kurz vor Kongressauftakt den Pflichtzölibat infrage gestellt hatte, sprach offenbar vielen Delegierten des Kongresses aus der Seele. "Iby, yes we can" war als ein Spruch zu lesen.

Bischöfe wollen den Dialog über offene Fragen weiterführen

Schwarz unterstrich als zuständiger Referatsbischof, dass man im Vatikan auf das Diskussionsbedürfnis im heiklen Thema Zölibat hinweise. Die Frage, ob es nicht auch verheiratete Priester geben könne, werde immer wieder gestellt. "Wir hören als Bischöfe diese Frage und sagen in Rom auch, dass es bei uns diese Fragestellung gibt." Der Dialog in der Ortskirche über solche Themen sei nicht umsonst, da er als "Lautverstärker" in die Weltkirche hinein wirke. Zölibat, die Rolle der Frau in der Kirche, der Umgang der Kirche mit Sexualität, der Umgang mit wiederverheirateteten Geschiedenen und die Stellung der Pfarrgemeinderäte zählt Schwarz zu den "offenen Themenfelder", die sich am Kongress gezeigt hätten. Diese Themen seien nicht unbedingt neu, doch seien die Bischöfe bereit, den Dialog fortzuführen, man könne sich "vorstellen, dass es ein weiteres Treffen dieser Art geben wird".

"Mitreden und Mitgestalten"

Die in den vergangenen Monaten bekannt gewordenen Missbrauchsfälle waren laut "Kathpress" beim Kongress nicht das bestimmende Thema gewesen. Doch wurde an kritischen Worten dennoch nicht gespart, die Wortmeldungen hätten zwischen "Frustration und Aufbruch" gependelt. Dabei fielen die Statements durchaus harsch aus: "Ich bin es leid, täglich den Kopf für Sie hinhalten zu müssen", wurde ein Eisenstädter Delegierter in Richtung der Bischöfe zitiert. Er forderte "tiefgreifende Reformen und keinen Neoklerikalismus." Deutlich auch ein Vertreter der katholischen Jugend, der den Bischöfen mangelnden Kontakt zu Jugendlichen attestierte - "Wann haben Sie mit Jugendlichen zuletzt über Gott diskutiert? Haben Sie etwa Angst davor?" fragte er. "Mitreden und Mitgestalten" war in struktureller Hinsicht das größte Anliegen der Pfarrgemeinderäte. Auf Pfarrebene gab es dabei auch lobende Worte für die Zusammenarbeit mit den Pfarrern. Denn wo die Einbindung in Entscheidungsprozesse nicht gelingt, entstünden "Frust und Demotivation", so ein Redner. Schönborn sah im Anschluss an solche Wortmeldungen die Kirche in einem "unerbittlichen Veränderungsprozess": "Und es schmerzt, weil es einen Abschied von vielem bedeutet", so der Kardinal. "Wir müssen erst noch lernen, mit dieser neuen Situation umzugehen."

Schwarz: Eine Begegnung auf Augenhöhe

Als eine "echte Begegnung von glaubensstarken Zeugen auf Augenhöhe und in Herzensnähe" würdigte Bischof Alois Schwarz den Kongress der Pfarrgemeinderäte im abschließenden Festgottesdienst am Samstagmittag. "Wir haben uns gegenseitig gestützt und getragen, herausgefordert und angefragt", so Schwarz in seiner Predigt. Dabei sei immer wieder deutlich geworden, dass die Pfarren bei allem Ringen um Reformen "mehr sind als gute Dienstleistungsanbieter" - es seien Orte der Sinnsuche ebenso wie Orte des Konflikts und der gelebten Nächstenliebe. "Es gibt sie in unseren Pfarrgemeinden, die Samariter von heute, die verbinden und heilen, die Zeugen einer Liebe, die nicht rechnet, sondern gibt." Die Bischöfe seien dankbar für die Begegnungen und Diskussionen, so Schwarz.

Nuntius hofft auf gestärkte Pfarrgemeinderäte

Gemeinsam mit den rund 550 Delegierten und dem österreichischen Episkopat feierte auch der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, den Abschlussgottesdienst in Mariazell. Als Nuntius sei es seine wichtigste Aufgabe, "Brücken zu bauen, zu verbinden und das Miteinander zu stärken", so Zurbriggen. Deshalb sei er sehr dankbar darüber, mit den Pfarrgemeinderäten und Bischöfe den Festgottesdienst am Ende der Wallfahrt und des Kongresses zu feiern. Er hoffe, dass die Pfarrgemeinderäte gestärkt durch diese Tage Mut für den Dienst in den Diözesen erhalten haben, denn: "Wo Gott ist, ist Zukunft", so der Nuntius mit Bezug auf das Motto des Kongresses. Hier in Mariazell gebe es auch eine klare geistliche Botschaft an die Pfarrgemeinderäte und an alle Pilger und Gäste, die zur "Magna mater austriae" kommen: "Auf Christus schauen" und "Tut, was Er, Christus, euch sagt".

 

 

ORF-TVthek:

- Orientierung: Reformwille? – Pfarrgemeinderäte und Bischöfe über "Zukunftsstrategien"

- Orientierung: "Besorgt und dennoch motiviert" – Studie über Pfarrgemeinderäte

 

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